Mit Robert Habeck und Annalena Baerbock an der Spitze sind die Grünen in den Umfragen in neue Sphären vorgestoßen. Auf dem Parteitag in Bielefeld werden die beiden mit überraschend deutlichen Wahlergebnissen dafür belohnt.
Mit jeweils mehr als 90 Prozent der Stimmen sind
Baerbock erhielt mit 97,1 Prozent das beste Ergebnis seit der Fusion von Bündnis 90/Die Grünen im Jahr 1993.
Sehr deutliche Unterstützung für Doppelspitze
Habeck verbesserte sein Ergebnis aus dem vergangenen Jahr von 81,3 auf 90,4 Prozent. Mit so deutlicher Unterstützung für die beiden hatte kaum jemand gerechnet.
Beide Vorsitzenden betonten vor ihrer Wahl den Anspruch der Grünen, Regierungsverantwortung zu übernehmen. "Wir müssen nicht nur Ziele formulieren, wir müssen sie auch umsetzen", sagte Baerbock.
Die Grünen hätten nun drei Aufgaben: "Wir brauchen das Team, wir brauchen Bündnisse, und wir müssen handeln."
Habeck warb für eine mutige Politik. "Wenn aber die eigene Ängstlichkeit zum Gradmesser der Politik wird, dann ist Politik fertig", sagte er. "Da müssen wir den Unterschied machen. Wir müssen uns auf die Realität konzentrieren, wir dürfen uns nicht von Ängstlichkeit leiten lassen."
Die Grünen seien keine Bürgerbewegung mehr. "Wir sind eine politische Kraft, die den Auftrag zur Gestaltung hat. Für diese Zeit sind wir gegründet worden, und jetzt lösen wir es ein."
Kretschmann: "Es wächst uns neue Rolle zu"
Seit der Wahl der Doppelspitze Habeck/Baerbock sind die Umfragewerte der Grünen auf 20 Prozent und mehr gestiegen. Bei mehreren Landtagswahlen und der Europawahl gewannen sie deutlich hinzu, die Mitgliederzahl der Partei stieg.
Die Frage einer möglichen Kanzlerkandidatur - die in den Medien schon heftig diskutiert wird - gilt der Parteispitze trotzdem noch als Tabu.
Der Politische Bundesgeschäftsführer der Grünen, Michael Kellner, hatte schon vor der Wahl der Vorsitzenden betont, dass das Ergebnis nicht als Vorentscheidung über eine Kanzlerkandidatur gewertet werden solle.
Das sei "nicht relevant für die Frage", und die Delegierten würden die Prozent-Ergebnisse nach zwei Wochen wieder vergessen, sagte er.
Baden-Württembergs Ministerpräsident
"Viele Menschen suchen Orientierung bei uns"
Die Partei habe zwei "Mega-Aufgaben", nämlich sich der Erhitzung des Erdklimas durch Treibhausgase und der Abkühlung des gesellschaftlichen Klimas durch Rechtspopulisten und Rechtsradikale entgegenzustellen.
"Jetzt wählen uns eben nicht mehr nur eingefleischte Ökos, sondern ganz viele Menschen suchen Orientierung bei uns und erwarten von uns realistische Antworten", sagte Kretschmann.
Es sei richtig, was die Parteichefs Annalena Baerbock und Robert Habeck anstrebten: "Wir müssen eine Bündnispartei werden, damit wir diese Führungsaufgabe mit übernehmen können."
Habeck und Baerbock hatten die Parteiführung Anfang 2018 kurz nach dem Scheitern der Gespräche über eine Jamaika-Koalition mit Union und FDP im Bund übernommen.
Habeck hatte in Hannover rund 81,3 Prozent der Stimmen bekommen, Baerbock mit einer Gegenkandidatin rund 64,5 Prozent.
Das bisher beste Ergebnis bei einer Vorsitzendenwahl seit der Fusion des ostdeutschen Bündnis 90 und der westdeutschen Grünen hatte die heutige Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth 2001 in Stuttgart mit 91,5 Prozent erzielt. (dpa/fte)
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