Der britische Oppositionsführer Jeremy Corbyn hat einen kühnen Plan ausgeheckt: Er will Premier Boris Johnson aus dem Amt drängen und als Kurzzeit-Premier einen harten Brexit verhindern. Ob es ihm gelingt, die dafür nötige überparteiliche Allianz zu schmieden, ist allerdings fraglich.

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Der britische Labour-Chef Jeremy Corbyn will nach Medienberichten vorübergehend als Premierminister das Ruder übernehmen und so einen Brexit ohne Abkommen verhindern. Weniger als 80 Tage vor dem EU-Austritt plant der Alt-Linke demnach, die Parteien im Parlament dazu zu bringen, Boris Johnson mit einem Misstrauensvotum aus dem Amt zu drängen.

Als neuer Premier will Corbyn den Brexit hinauszögern, Neuwahlen ausrufen und zugleich ein neues Referendum auf den Weg bringen, wie britische Medien am Donnerstag berichteten. Wann er einen Misstrauensantrag gegen Johnson einreichen will, ließ Corbyn offen.

Vorschlag stößt auf geteiltes Echo

Der Chef der britischen Sozialdemokraten gehe davon aus, auch viele seiner Kritiker auf seine Seite ziehen zu können, wenn seine Zeit als Premier klar befristet wäre. Einen Brief mit seinem Vorschlag soll Corbyn am späten Mittwochabend an die Chefs der oppositionellen Parteien und Rebellen der regierenden Konservativen geschickt haben.

"Unsere Priorität sollte es sein, im Parlament zusammenzuarbeiten, um einen stark schädigenden No-Deal-Brexit zu verhindern", zitieren die Medien aus dem Schreiben, das auf ein geteiltes Echo gestoßen sein soll.

So bezeichnete die neue Chefin der Liberaldemokraten, Jo Swinson, Corbyns Vorschlag den Berichten zufolge als "Unsinn". Corbyn sei nicht in der Lage, auch nur eine kurzzeitige Mehrheit im Unterhaus zusammenzubekommen. Die Grünen begrüßten demnach zwar das vorgeschlagene Misstrauensvotum, wollen aber ein neues Referendum noch vor Neuwahlen.

Boris Johnson will den Brexit um jeden Preis

Ein Regierungssprecher sagte dazu: "Es gibt eine klare Wahl: Jeremy Corbyn, der das Referendum außer Kraft setzen und die Wirtschaft ruinieren wird, oder Boris Johnson, der das Referendum respektieren und mehr Geld für das (staatliche Gesundheitssystem) NHS und mehr Polizei auf unseren Straßen zur Verfügung stellen wird."

Johnson will Großbritannien unter allen Umständen am 31. Oktober aus der Europäischen Union führen. Er pocht auf Änderungen am fertigen Austrittsvertrag mit der EU, will aber notfalls auch ohne Abkommen gehen.

Das Parlament hatte das Austrittsabkommen drei Mal durchfallen lassen, aber auch klar gegen einen Brexit ohne Vertrag gestimmt. Johnson hatte zuletzt nicht ausgeschlossen, zur Not dem Parlament eine Zwangspause aufzuerlegen und es so handlungsunfähig zu machen.

Backstop bleibt Zankapfel

Johnson will den vereinbarten Backstop im Abkommen streichen, was die EU ablehnt. Diese Garantieklausel soll verhindern, dass zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland wieder Grenzkontrollen eingeführt werden müssen. Das könnte den alten Konflikt zwischen katholischen Befürwortern einer Vereinigung Irlands und protestantischen Loyalisten wieder schüren.

Der Backstop sieht vor, dass Großbritannien so lange Teil einer Zollunion mit der EU bleibt, bis das Problem anderweitig gelöst ist. Für Nordirland sollen zudem teilweise Regeln des Europäischen Binnenmarkts gelten. Johnson sieht in der Klausel ein "Instrument der Einkerkerung" Großbritanniens in Zollunion und Binnenmarkt. (dpa/afp/mcf)

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