Schon seit Wochen hagelt es Vorwürfe gegen den Verkehrsminister wegen der gescheiterten Pkw-Maut. Jetzt machen die Kritiker ihre Drohung wahr und wollen eine "umfassende Aufklärung" im Parlament angehen.
Ein Untersuchungsausschuss des Bundestags soll das umstrittene Vorgehen von Verkehrsminister
Das Gremium soll die Maut-Vorbereitungen seit dem Start der vorherigen großen Koalition Ende 2013 überprüfen. Damit rückt auch der Ex-Minister und jetzige CSU-Landesgruppenchef
U-Ausschuss soll "umfassend aufklären"
Der U-Ausschuss soll das Verhalten der Regierung und besonders des Verkehrsministeriums bei der Vorbereitung sowie der Vergabe und der schließlichen Kündigung der Betreiberverträge "umfassend aufklären", wie es in dem Antrag heißt. Überprüft werden sollen die Vorgänge unter rechtlichen und haushälterischen Gesichtspunkten, dies gelte auch für "die persönlichen und politischen Verantwortlichkeiten und die Aufklärungs- und Informationspraxis" gegenüber dem Parlament. Unter die Lupe sollen zudem grundlegende Annahmen der Regierung zur Wirtschaftlichkeit, zu Einnahmen und zur Wirkungsweise der Maut.
Scheuer steht unter Druck, weil er die Verträge zur Erhebung und Kontrolle der Maut mit den Betreibern Kapsch und CTS Eventim schon 2018 geschlossen hatte, bevor endgültige Rechtssicherheit bestand. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) erklärte die Maut Mitte Juni für rechtswidrig. Direkt nach dem Urteil kündigte der Bund die Verträge. Daraus könnten Forderungen der Firmen in Millionenhöhe resultieren. Das Ministerium argumentiert dagegen, es sei in der Pflicht gewesen, die Maut schnell umzusetzen, um erwartete Einnahmen zu sichern.
Scheuer hat "massive und teure Fehlentscheidungen getroffen"
FDP-Verkehrsexperte Oliver Luksic sagte, Scheuer habe das Projekt Pkw-Maut zwar nicht alleine zu verantworten. "Er hat aber ohne Not selbst massive und teure Fehlentscheidungen getroffen." Bis heute würden dem Bundestag wichtige Dokumente vorenthalten. Dieses Vorgehen sei eines Ministers unwürdig und müsse durch den Ausschuss aufgeklärt werden.
Grünen-Experte Stephan Kühn sagte, das Gremium solle zeigen, welche Kosten auf den Bund zukommen, für die Scheuer die politische Verantwortung trage. "Das sind wir den Steuerzahlern schuldig." Der Linke-Verkehrspolitiker Jörg Cezanne sagte, Scheuer sei weder in der Lage, Schaden abzuwenden, noch willens, an Aufklärung mitzuwirken.
Scheuer sagte mit Blick auf den Untersuchungsausschuss: "Ich werde alles daran setzen, aufzuklären, was noch offen wäre aus der Sicht der Parlamentarier." Er habe dem Parlament bereits zahlreiche Unterlagen zur Verfügung gestellt. Scheuer sagte, er begreife den Untersuchungsausschuss als Chance zur Versachlichung und zur Aufklärung. "Den Vorwurf, wir würden etwas geheim halten, weise ich zurück." Das Ministerium habe umfänglich informiert.
Scheuer lehnt Rücktritt ab
Forderungen aus der Opposition nach einem Rücktritt lehnte Scheuer ab. Er führe das Amt mit Leidenschaft und viel Freude: "Ich möchte mich für die Bürger auf eine gute Verkehrspolitik konzentrieren." Das Scheitern der Pkw-Maut sei "sehr unerfreulich". Er ärgere sich am allermeisten. Es fehle Geld für die Straßeninfrastruktur und es sei ein Projekt gescheitert, dass notwendig gewesen wäre.
Rückendeckung kam von Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU). "Der Stuhl von Herrn Scheuer, der wackelt natürlich nicht", sagte er auf eine entsprechende Frage. Scheuer sei "ein guter Verkehrsminister, der sehr viel bewegt, der sehr innovativ ist". Zugleich betonte Brinkhaus, es sei das grundsätzliche Recht der Opposition, Untersuchungsausschüsse einzuberufen. Das respektiere man.
Die Einsetzung muss noch der Bundestag beschließen. Das Gremium soll laut Antrag neun Mitglieder haben - drei der Union, zwei der SPD und je ein Mitglied von AfD, Linke, FDP und Grünen. In dieser Wahlperiode gibt es schon einen U-Ausschuss zum Terroranschlag auf den Berliner Breitscheidplatz. Der Verteidigungsausschuss hat sich zudem als U-Ausschuss konstituiert, um umstrittene Beraterverträge des Ministeriums zu untersuchen. Untersuchungsausschüsse können für ihre Arbeit unter anderem Zeugen laden und Akten anfordern. (hub/dpa)
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