In den USA ist die Zahl der Drogentoten auf 52.000 gestiegen, jetzt wurde sogar der Gesundheitsnotstand ausgerufen. In Deutschland ist das Drogenproblem deutlich geringer, was wohl an der zurückhaltenden ärztlichen Verschreibung von opioiden Schmerzmitteln liegt. Ein Vergleich der Drogenprobleme in beiden Ländern.
US-Präsident
Allein 2015 starben 52.000 Amerikaner an Drogenmissbrauch, 33.000 davon hatten Opioide konsumiert, teilte die amerikanischen Gesundheitsbehörde CDC (Center for Disease Control and Prevention) mit.
Damit hat sich die Zahl der Missbrauchsopfer von Opioiden, zu denen die Abkömmlinge des Morphiums wie Heroin, aber auch Medikamente wie Fentanyl, Oxycodon oder Methadon gerechnet werden, seit 2000 in den USA vervierfacht.
Auch in Deutschland steigt die Zahl der Drogentoten seit 2012 wieder an. Doch im Vergleich zu den USA deutlich geringer. Hier starben laut aktuellem Drogen- und Suchtbericht im Jahr 2016 1.333 Menschen.
Das ist eine Steigerung zum Vorjahr von neun Prozent. 2012 waren nur 944 Rauschgifttote registriert worden.
Gefährliche Schmerzmittel
Die Ursachen für die hohen Zahlen von Rauschgiftopern in den USA sind noch nicht gut erforscht, sagt Drogenexperte Dr. Bernd Werse von der Goethe-Universität Frankfurt.
Vieles deute aber darauf hin, dass die freigiebige Verschreibung von Opioiden wie Oxycodon gegen Schmerzen eine Ursache sei.
"Das Wirkprinzip dieser Schmerzmittel ist das gleiche wie bei Heroin, weshalb sie bei dauerndem Gebrauch stark abhängig machen können", berichtet Dr. Werse.
So sei wohl die Opioid-Sucht in die amerikanische Mittelschicht vorgedrungen. "Als die Ärzte diese Mittel dann nicht mehr so häufig verschrieben, stiegen viele Patienten zu illegalen Drogen wie Heroin oder Fentanylderivaten um", berichtet der Experte.
In Deutschland gebe es solche Probleme nicht, da man mit Verschreibungen von Opioiden wesentlich zurückhaltender ist und diese vor allem bei sehr starken Schmerzen oder auch Krebs eingesetzt werden.
Drogentote: Opioide Hauptursache auch in Deutschland
Laut Drogenbericht sind zwar ebenfalls Opioide die Hauptursache für Todesfälle von Drogenabhängigen. Allerdings ist die Opioid-Szene viel kleiner als in den USA.
"Das liegt auch daran, dass bei jungen Leuten Junkie-Drogen wie Heroin oder Crack einen schlechten Ruf haben", erläutert Drogenexperte Dr. Werse.
Es habe in den 70er-Jahren eine wachsende Heroin-Szene gegeben, aber spätestens seit den 90er-Jahren seien nur noch wenige junge Nutzer hinzugekommen.
Tödlicher Cocktail aus verschiedenen Drogen
Es gibt zwar nur eher wenige Heroin-Süchtige, die haben aber ein hohes Risiko, an einer Überdosis zu sterben – besonders wenn sie noch weitere Drogen konsumieren.
Am höchsten war der Anstieg der Todesfälle bei Konsumenten, die keine Opioide, aber mehrere andere Drogen genommen hatten, darunter besonders häufig Kokain. Das ist laut Drogenbericht auch der Hauptgrund, warum die Zahl der Drogentoten in Deutschland gestiegen ist.
Cannabis ist die Droge Nummer eins
Unter den illegalen Drogen ist Cannabis, das als weiche Droge gilt, am weitesten verbreitet. Sie ist vergleichsweise ungefährlich.
"Neben der überwiegenden Anzahl unproblematischer Konsumenten gibt es aber auch eine große Gruppe von Menschen, die psychische Probleme davon bekommen oder eine Abhängigkeit entwickeln ", berichtet Dr. Werse.
Daneben gibt es regional begrenzte Phänomene wie die Verbreitung von Crystal Meth. "In den Grenzregionen zu Tschechien, in Sachsen, Thüringen und Bayern, gibt es Umfelder, in denen das synthetische Aufputschmittel verbreitet ist", so der Experte.
Insgesamt sei in Deutschland kein einheitliches Bild zur Verbreitung von illegalen Substanzen festzustellen. In München ist zum Beispiel – neben anderen Drogen – Fentanyl in der "Junkie-Szene" verbreitet, in Frankfurt ist Heroin und Crack das Problem.
"Eigentlich alle problematischen Konsumenten harter Drogen nehmen verschiedene Substanzen, in Frankfurt sind das zum Beispiel in absteigender Reihenfolge Crack, Heroin, Alkohol, Cannabis, Benzodiazepine, andere Medikamente", berichtet Dr. Werse.
Ebenso wie es regional sehr große Unterschiede gebe, so ließe sich auch keine bestimmte Gesellschaftsschicht ausmachen, wo besonders viel Rauschgift konsumiert werde, berichtet der Experte.
Rauschgifte würden genauso von Managern oder Handwerkern genommen, von Kreativen oder Angestellten. "Man kann aber sagen, dass jüngere Menschen eher illegale Drogen zu sich nehmen als ältere", so der Experte.
Knallharte Strafen in den USA
In Deutschland und den USA werden illegale Drogen sehr unterschiedlich bekämpft. "In den USA ist in einigen Bundesstaaten Cannabis mittlerweile erlaubt, in anderen hat man für den Besitz Gefängnisstrafen zu erwarten", berichtet der Experte.
In Deutschland ist Cannabis verboten, bei geringen Mengen werden die Verfahren jedoch oft eingestellt. Unterschiede gibt es je nach Bundesländern in der Intensität der Kontrollen.
Weniger Toleranz gibt es bei harten Drogen. In Deutschland muss beim Besitz von illegalen Drogen mit Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren gerechnet werden.
In den USA, die bei ihrer Drogenpolitik auf Abschreckung und Prävention setzen, sind bereits die Mindeststrafen drakonisch hoch.
Deutschland verfolgt hingegen eine vier-Säulen-Strategie: Prävention, Schadensminderung, Behandlung und Strafverfolgung.
Soll Cannabis entkriminalisiert werden?
Diskutiert wird derzeit, ob es einen legalen Verkauf von Cannabis geben soll. "Eine Mehrzahl der Experten empfiehlt mittlerweile auch, den Besitz kleiner Mengen jeglicher Drogen zu entkriminalisieren, also straffrei zu stellen", sagte Dr. Werse. Damit habe man in Portugal sehr gute Erfahrungen gemacht.
Für die CDU/CSU ist eine Freigabe von Cannabis jedoch keine Lösung. Sie hält an der bestehenden Gesetzeslage fest.
Es gäbe schon genügend Probleme mit Alkohol und Tabak, da seien keine zusätzlichen legalen Drogen notwendig, sagte Drogenbeauftragte Marlene Mortler (CSU) während des Wahlkampfes.
Tatsächlich sind in Deutschland Alkohol und Tabak die gefährlichsten Drogen. Laut Drogenbericht sterben in Deutschland jedes Jahr 74.000 Menschen an den Folgen von Alkoholmissbrauch. Tabakkonsum fordert sogar noch mehr Opfer: 110.00 bis 120.000 Todesfälle pro Jahr.
Patt in der Jamaika-Koalition
Dagegen sind die Grünen seit ihren Gründungszeiten für eine Legalisierung von Haschisch und Marihuana. Damit sind sie sich einig mit der FDP, die Haschisch freigeben möchte. Eine spannende Konstellation für die aktuell laufenden Jamaika-Sondierungsgespräche.
In der künftigen Opposition ist die Position der Linkspartei eindeutig. Sie ist ebenfalls für eine Legalisierung von Cannabis.
Nur die SPD ist noch am Schwanken. Während sich in ihrem Grundsatzprogramm nichts zur Freigabe von Drogen finden lässt, sprechen sich doch immer wieder einzelne Parteimitglieder dafür aus.
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