Nicht nur die Mieten steigen in Deutschland immer weiter. Auch Sozialwohnungen fallen zunehmend aus der Preisbindung. Nur: Wie hoch ist der Bedarf beim sozialen Wohnungsbau eigentlich – und reichen die Mittel? Das weiß auch das zuständige Ministerium nicht.
Die Ampel ist mit allerlei großen Zielen angetreten.
Und bei den Sozialwohnungen fallen nach wie vor mehr Wohnungen aus der Preisbindung als neue hinzukommen. Die Folge: Im Jahr 2023 ist ihre Zahl um 15.000 auf 1,072 Millionen zurückgegangen.
Ministerium kennt Bedarf an Sozialwohnungen nicht
Der Linken-Politiker Victor Perli hat im Rahmen der laufenden Haushaltsverhandlungen beim Geywitz-Ministerium nachgefragt, wie hoch die Bundesregierung den Bedarf an neuen Sozialwohnungen bis 2028 einschätzt. Die Antwort liegt dieser Redaktion exklusiv vor. Darin heißt es, dass das Ministerium eine "Trendwende einleiten" will und "zusätzliche Sozialwohnungen auch dringend erforderlich" seien. Wie viele Wohnungen dafür aber gebraucht werden, sei unklar. Der Bedarf könne "nur jeweils vor Ort abgeschätzt werden".
Ebenfalls unbekannt ist die Summe der preisgedämpften Wohnungen, die in den kommenden Jahren entfallen. Im vergangenen Jahr ist die Preisbindung für insgesamt 41.147 Wohnungen ausgelaufen, ähnlich hoch (40.159) war der Wert im Jahr 2022. Für die kommenden Jahre kann die Bundesregierung keine Auskunft geben. Denn: Es liegen "keine einheitlichen und belastbaren Informationen der Länder vor".
Das Ministerium stellt für den sozialen Wohnungsbau im Zeitraum 2022 bis 2028 insgesamt 21,65 Milliarden Euro zur Verfügung. Im vergangenen Jahr konnte so der Bau von 50.000 Wohnungen gefördert werden – 21 Prozent mehr als im Vorjahr. Allerdings kann die Bundesregierung keine Prognose abgeben, für wie viele neue Sozialwohnungen die Mittel reichen. Dies sei Sache der Länder und hänge auch von den Baukosten ab.
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Linke attackiert Bauministerin Geywitz
Ist das Geywitz-Ministerium beim sozialen Wohnungsbau also im Blindflug unterwegs? So jedenfalls sieht es Linken-Mann Perli. "Unter der Ampelkoalition spitzt sich die Wohnungskrise immer weiter zu. Die Mietpreise gehen durch die Decke, alle Wohnbauziele wurden haushoch verfehlt. Geradezu grotesk ist die Situation beim sozialen Wohnungsbau", sagte er dieser Redaktion. Das dafür eigens geründete Ministerium kenne weder den konkreten Bedarf, noch wisse es, wie viele Wohnungen durch die bereitgestellten Mittel entstehen werden.
Seit Jahrzehnten bereits sinkt die Zahl der Sozialwohnungen. 1990 waren es noch rund drei Millionen. Bald dürfte die Millionenschwelle unterschritten sein. "Bezahlbares Wohnen ist eine der dringendsten sozialen Fragen, denn inzwischen sind Millionen Haushalte mit geringen und mittleren Einkommen überlastet", sagt Perli. Die Linken-Forderung angesichts der Misere auf dem Wohnungsmarkt: ein gesetzlicher Mietendeckel und eine milliardenschwere öffentliche Wohungsbauoffensive.
Verwendete Quellen
- Antwort des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen
- Schriftliche Stellungnahme von Victor Perli
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