Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch hat seine Parteifreunde davor gewarnt, die Existenz der Bundestagsfraktion aufs Spiel zu setzen. "Wenn drei Abgeordnete unsere Fraktion verlassen, muss die Fraktion nach gesicherter Rechtsprechung liquidiert werden", sagte er dem Berliner "Tagesspiegel" vom Dienstag. Dann würde die Linke nur noch als Gruppe gelten, mit eingeschränkten Rechten und Ressourcen. Sören Pellmann, der ein Direktmandat für die Linke errungen hatte, forderte einen Parteikonvent zur raschen Beilegung der Konflikte.

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Die Linke stellt im Bundestag 39 Abgeordnete. Um den Status als Fraktion zu behalten, dürfte die Zahl nicht unter 37 sinken. Sollte die umstrittene Bundestagsabgeordnete Sahra Wagenknecht ihre Überlegungen zu einer Parteineugründung in die Tat umsetzen, wird damit gerechnet, dass ihr eine deutlich höhere Zahl als drei Linken-Abgeordnete folgen werden.

"Die Sorge, dass die Existenz der Bundestagsfraktion durch Austritte beendet wird, gibt es", sagte Bartsch. Trotz des Rückzugs von Ko-Fraktionschefin Amira Mohamed Ali zeigte sich Bartsch überzeugt: "Es wird keine Spaltung der Linken geben." Das würde nur Konservative und Rechte stärken, mahnte er.

Der Fraktionschef rechnet nicht damit, dass Mohamed Ali bei der Gründung einer Wagenknecht-Partei mitmachen wird. "Amira will weiter im Bundestag arbeiten. Sie gehört, wie Sahra Wagenknecht, unserer Bundestagsfraktion an." Aktuell bereite er mit Mohamed Ali die anstehende Fraktionsklausur vor. Die Linke im Bundestag will nach Angaben aus Fraktionskreisen am 30. und 31. August in Berlin zu einer Klausur zusammenkommen. Wagenknecht will bis zum Jahresende über die Gründung einer eigenen Partei entscheiden.

Mohamed Ali hatte am Sonntag angekündigt, sie werde bei der Vorstandswahl im September nicht mehr kandidieren. Ihre Aufgabe, "den Kurs der Partei, allen voran der Parteiführung, in der Öffentlichkeit zu stützen und zu vertreten", sei ihr mittlerweile "unmöglich" geworden. Sie kritisierte insbesondere den Umgang der Parteiführung mit Wagenknecht. Der Linken-Vorstand hatte die Abgeordnete im Juni in einem Beschluss aufgefordert, ihr Bundestagsmandat niederzulegen.

Der ehemalige Linken-Vorsitzende Bernd Riexinger forderte grundlegende Korrekturen. "Das bisherige Gebilde wird nicht aufrecht zu erhalten sein", sagte er den RND-Zeitungen mit Blick auf die beiden Lager in der Linkspartei. "Es muss nun eine offene Diskussion darüber geben, wie es weitergehen soll."

Zu der Anfang September anstehenden Neuwahl der Fraktionsspitze sagte Riexinger, er hoffe auf eine "Führung, die eng mit der Parteispitze kooperiert". Er fügte hinzu: "Dass das bisher nicht passiert ist, war Teil unserer Misere." Nötig sei "eine gemeinsame Politik von Partei- und Fraktionsführung".

Der Linken-Bundestagsabgeordnete Klaus Ernst bekräftigte seine Kritik an der Parteispitze. Diese habe in die Fraktion "reinregieren" wollen, sagte Ernst am Montagabend im RBB-Inforadio. Das könne sich eine Fraktionsvorsitzende nicht gefallen lassen. Es sei zu erwarten, dass sich die nächste Fraktionsspitze einseitig aus Leuten zusammensetzen werde, die dem Parteivorstand nahestehen. Dann würde sich ein Teil der Partei in der Fraktion nicht mehr vertreten fühlen.

Der Linken-Bundestagsabgeordnete Pellmann sagte dem MDR, er rufe den Parteivorstand und die Fraktion auf, "sich zusammenzuraufen und zu einem Parteikonvent zusammenzufinden noch vor der Neuwahl des Fraktionsvorstandes und vor dem Bundesparteitag, der im Herbst stattfindet".

Pellmann mahnte ein geeintes Auftreten an. "Gemeinsam heißt, dass alle in der Partei - und damit meine ich auch Sahra Wagenknecht - zusammenwirken, damit es wieder eine starke Linke gibt", betonte der Leipziger Abgeordnete. Er hatte bei der Bundestagswahl eines von drei Direktmandaten für die Linke errungen, was den Einzug in den Bundestag in Fraktionsstärke ermöglicht hatte.



  © AFP

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