Zum 1. Januar 2021 kommt nach dem Brexit auch der wirtschaftliche Bruch mit Großbritannien. Ein Partnerschaftsabkommen sollte eigentlich die neuen Wirtschaftsbeziehungen regeln. Aber derzeit sieht es nicht danach aus.
Ein Handelsabkommen mit Großbritannien ist nach Einschätzung von EU-Unterhändler Michel Barnier derzeit "unwahrscheinlich". Dies sagte Barnier am Donnerstag nach der jüngsten Brexit-Verhandlungsrunde beider Seiten in London.
Der EU-Vertreter begründete dies mit der britischen Weigerung, Klauseln für fairen Wettbewerb und ein ausgeglichenes Fischereiabkommen zu akzeptieren. Die Europäische Union werde sich dennoch weiter um eine Einigung bemühen.
Der britische Premierminister Boris Johnson hatte sich im vergangenen Monat noch optimistisch gezeigt, dass seine Regierung bereits im Juli ein Brexit-Handelsabkommen mit der EU schließen könnte.
Brexit: Bei den wichtigsten Punkten gibt es keinen Fortschritt
Barnier sprach zwar von einigen konstruktiven Gesprächen. Doch bei den beiden wichtigsten Punkten für die EU gebe es überhaupt keinen Fortschritt: nämlich den gleichen Wettbewerbsbedingungen - das sogenannte Level Playing Field - und bei der Fischerei.
Die britische Regierung weigere sich, "sich zu offenen und fairen Wettbewerbsbedingungen und einem ausgewogenen Fischereiabkommen zu verpflichten", sagte er nach einer weiteren Verhandlungsrunde in London am Donnerstag.
Auch der britische Chefunterhändler David Frost schloss ein Scheitern der Verhandlungen nicht aus. Die Standpunkte der EU seien nicht mit der Rolle Großbritanniens als unabhängiges Land vereinbar.
"Es ist leider klar, dass wir im Juli keine frühe Verständigung auf die dem Abkommen zugrundeliegenden Prinzipien erreichen werden", sagte der britische Unterhändler David Frost. Vielmehr "müssen wir uns mit der Möglichkeit auseinandersetzen", dass bis zum Auslaufen der Übergangsfrist im Dezember gar keine Einigung erreicht werde.
Großbritannien gehört nur noch bis Jahresende zum EU-Binnenmarkt
Großbritannien hat die EU zwar bereits Ende Januar verlassen, gehört aber bis Jahresende noch zum EU-Binnenmarkt und zur Zollunion. Dann droht ohne Anschlussregelung ein harter wirtschaftlicher Bruch mit Zöllen und Handelshemmnissen. Eine Frist zur Verlängerung dieses Übergangszeitraums ließ London Ende Juni ungenutzt verstreichen.
Die Verhandlungen über das Abkommen drehen sich seit Monaten im Kreis. Die EU bietet ein umfassendes Handelsabkommen, mit dem Großbritannien seine Waren ohne Zölle und Mengenbegrenzung in den Binnenmarkt exportieren könnte.
Im Gegenzug verlangt die EU gleich hohe Umwelt- und Sozialstandards, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden. Großbritannien will solche Vorgaben jedoch nicht akzeptieren. (dpa/AFP/lh)
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