Die Vorgeschichte des Anschlags von Wien gewinnt an Brisanz. Die Behörden in der Slowakei hatten den österreichischen Fahndern einen wichtigen Tipp gegeben. Die Opposition fordert Aufklärung.
Der beim Terrorangriff in Wien erschossene Attentäter war zuvor der slowakischen Polizei bei einem versuchten Munitionskauf aufgefallen. Das erklärte eine Polizeisprecherin am Mittwoch dem slowakischen TV-Nachrichtensender TA3.
Die Polizeidirektion in Bratislava schrieb auf Facebook: "Die slowakische Polizei erhielt im Sommer die Information, dass verdächtige Personen aus Österreich versuchten, in der Slowakei Munition zu kaufen. Es gelang ihnen aber nicht, den Kauf zu realisieren."
Die Information sei unverzüglich der Polizei in Österreich übermittelt worden. Weitere Angaben wolle man nicht machen, um die Ermittlungen in Österreich nicht zu gefährden.
Öfter Slowakische Waffen bei Terroranschlägen und Angriffen
Die oppositionelle SPÖ forderte vom Wiener Innenministerium daraufhin Aufklärung. "Was ist mit diesen Informationen dann passiert? Wie kann es sein, dass der Innenminister dann nicht sofort tätig wurde?", fragte der SPÖ-Fraktionschef Jörg Leichtfried.
Als Reaktion auf den Terroranschlag in Wien wird der Nationalrat an diesem Donnerstag zu einer Sondersitzung zusammentreten. Dabei wollen Bundeskanzler
In den vergangenen Jahren waren wiederholt Waffen mit slowakischen Registriernummern bei Terroranschlägen und anderen Straftaten in Europa verwendet worden. Auch die deutsche Polizei fand bei Razzien im vergangenen Jahr illegale Waffen slowakischen Ursprungs.
Bei der Terrorattacke am Montagabend waren vier Menschen getötet worden, darunter auch eine 24-jährige deutsche Kellnerin. Auch ein 39-Jähriger und eine 44 Jahre alte Frau jeweils aus Österreich wurden erschossen, wie die Polizei der österreichischen Nachrichtenagentur APA sagte.
Viertes Todesopfer ist ein 21-jähriger Mazedonier. Ein Großteil der zahlreichen Verletzten stamme aus Österreich, aber auch Staatsbürger aus Deutschland, der Slowakei, Luxemburg, Afghanistan, Bosnien und Herzegowina befänden sich darunter.
Papst Franziskus gedenkt der Opfer
Neun Minuten nach Beginn der Attacke erschossen Polizisten den 20-jährigen Angreifer. Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) teilte am Dienstagabend mit, ein "Soldat des Kalifats" habe den Anschlag verübt. Ob er einen oder mehrere Komplizen hatte, blieb zunächst nicht abschließend geklärt. 14 Menschen aus seinem Umfeld waren vorläufig festgenommen worden.
Nach Ansicht der Theologin Margot Käßmann ist der Anschlag "ein schwerer Rückschlag vor allem für liberale Muslime, weil sie wieder mit Islamisten in eins gesetzt werden". Religionen müssten "glasklar dafür eintreten, dass Fanatismus, Fundamentalismus keinen Raum finden", forderte die ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland in der "Zeit"-Beilage "Christ & Welt."
Die österreichischen Sicherheitsbehörden müssen sich Fragen stellen lassen, warum der österreichisch-nordmazedonische Doppelstaatler den Anschlag überhaupt verüben konnte.
Täter wurde zuvor zu 22 Monaten Haft verurteilt
Der 20-Jährige war im April 2019 wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung zu 22 Monaten Haft verurteilt worden, nachdem er versucht hatte, nach Syrien auszureisen und sich dort dem IS anzuschließen. Statt im Juli 2020 wurde er aber bereits Anfang Dezember 2019 vorzeitig entlassen.
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sagte im ORF: "Die Entscheidung, dass der Täter freigelassen wurde, war definitiv falsch." Wichtig sei nun die Suche nach Komplizen. "Der Terrorist ist nicht vom Himmel gefallen, es muss Menschen gegeben haben, die ihn verführt und radikalisiert haben."
Er forderte mehr Engagement der EU gegen den politischen Islam, der die Freiheit und das europäische Lebensmodell gefährde. Am Mittwoch herrschte in Österreich der zweite von insgesamt drei Tagen Staatstrauer für die Opfer des Terrorakts. © dpa
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