Quietschende Reifen, rasante Überholmanöver, Straßenblockaden - zuweilen gar auf der Autobahn: Aus vielen Ecken Deutschlands berichtet die Polizei von Hochzeitsgesellschaften, die beim traditionellen Korso völlig über die Stränge schlagen. "Sinnbefreit und lebensgefährlich", warnt die Polizei.

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Samstagnachmittag im baden-württembergischen Ludwigsburg: Rund 40 Autos einer Hochzeitsgesellschaft blockieren eine Straße in der Innenstadt. Die Fahrer liefern sich Rennen, lassen die Reifen durchdrehen, begleitet von wildem Hupen und lautem Trommeln.

Als die Polizei anrückt, rasen sie davon. Erst ein paar Straßen weiter können die Beamten sie stoppen. Von Seiten der Feiernden schlägt ihnen Aggressivität entgegen. Zu ihrem Schutz setzten die Beamten Hunde ein. So berichtet es die "Stuttgarter Zeitung".

Hochzeitsfotos auf der Autobahn

Die Hochzeitsrowdys aus Ludwigsburg sind beileibe kein Einzelfall. Immer wieder hat die Polizei mit Feiernden zu tun, die es nicht beim fröhlichen Hupen belassen. Weitere Beispiele aus den vergangenen Wochen:

  • 22. März, A3 bei Düsseldorf: Die Polizei geht von einem Notfall aus, als am Kreuz Ratingen-Ost der Verkehr ins Stocken kommt. An der vermeintlichen Unfallstelle angekommen, treffen sie jedoch auf eine Hochzeitsgesellschaft, die mit ihren Luxuskarossen - Warnblinker an - kreuz und quer die Spuren wechselt, die Reifen qualmen lässt und das Spektakel fotografiert. Die Polizisten lassen die Feiernden wissen, sie würden einen guten Anwalt kennen.
  • 28. März, Essen: Rund 25 Autos einer Hochzeitsgesellschaft fallen in der Innenstadt durch Rasen und irrsinnige Spurwechsel auf. Wie "Der Westen" berichtet, riegeln sie schließlich eine Straße ab, damit sich zwei Luxuswagen ein Rennen liefern können.
  • 30. März, Augsburg: Hochzeitsgäste liefern sich innerorts Überholmanöver, mit überhöhter Geschwindigkeit, versteht sich. Sie ignorieren rote Ampeln. Beinahe kommt es zu einem Zusammenstoß mit einem unbeteiligten Wagen. Schließlich blockieren die Feiernden alle vier Spuren eine Ausfallstraße, um auf der Fahrbahn tanzen zu können. "Die sind doch nicht mehr ganz sauber", kommentiert ein Zeuge gegenüber der "Augsburger Allgemeine".
  • 31. März, A81 bei Stuttgart: Mit vier teuren Autos blockiert eine Gruppe den Verkehr. Hochzeitsgäste lehnen sich aus dem Fenster, um den entstehenden Stau zu filmen.

Die Polizei warnt eindringlich vor solchen Aktionen. "Das ist absolut lebensgefährlich und sinnbefreit", sagt Kim Freigang, Sprecher des Polizeipräsidiums Dortmund. "Wenn es dabei zu einem Unfall kommt, werden die Verantwortlichen ihres Lebens nicht mehr froh."

"Fragwürdige Einstellung zu Regeln"

Wenn Hochzeitskorsos aus dem Ruder laufen, sitzen am Steuer häufig türkisch- oder arabischstämmige Menschen, so die Beobachtung der Polizei.

Doch ganz gleich, welcher Nationalität: auf kulturelle Bräuche könne sich in solchen Fällen niemand berufen. "Da geht es um Auswüchse, die eher mit einem Hormon-Überschuss und einer fragwürdigen Einstellung zu Regeln zu tun haben", sagt Freigang.

Wie in Düsseldorf, wo die Polizei wegen Verkehrsgefährdung und Nötigung ermittelt, greifen die Beamten auch andernorts hart durch.

In Augsburg nahm die Polizei Personalien auf und ermittelt nun. Die Diensthabenden in Essen beschlagnahmten die beiden Luxuswagen, nahmen den Fahrern die Führerscheine ab - und den Bräutigam mit zur Wache, weil er sich nicht ausweisen konnte. Er kam deshalb mit Verspätung zu seiner Hochzeitsfeier. (mcf/Mit Material der dpa)

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