Die reichen Industrieländer bieten Brasilien Unterstützung im Kampf gegen die Waldbrände an, doch Präsident Jair Bolsonaro versteht die Millionen als Affront. So mancher hält den Amazonas für Gemeingut, doch der rechte Staatschef pocht auf die Souveränität seines Landes. Und sein Regierungschef legt nach: Man solle doch lieber die Wälder in Europa mit dem Geld wieder aufforsten.

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Die brasilianische Regierung hat die von den G7-Staaten zugesagten Millionenhilfen im Kampf gegen die Waldbrände in der Amazonas-Region zurückgewiesen.

Der Kabinettschef von Präsident Jair Bolsonaro, Onyx Lorenzoni, sagte am Montag dem Nachrichtenportal "G1", die 20 Millionen Dollar sollten vielmehr dazu verwendet werden, die Wälder in Europa wieder aufzuforsten. Das Präsidentenbüro bestätigte der Nachrichtenagentur AFP die Ablehnung der Soforthilfe. Die brasilianische Regierung warf Macron erneut Kolonialismus vor.

Macron setzt Amazonas-Brände auf G7-Agenda

Zuvor hatten die Industriestaaten beim G7-Gipfel in Biarritz eine Soforthilfe von 20 Millionen US-Dollar (rund 17,9 Millionen Euro) für den Kampf gegen die Feuer im Regenwald zugesagt. Die Mittel sind vor allem für die Bereitstellung von Löschflugzeugen bestimmt. Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron hatte die Brände kurzfristig auf die Agenda des Treffens gesetzt.

Macron bezeichnete das Amazonasgebiet in Biarritz als "Gemeingut" und beschwor die Verantwortung der internationalen Gemeinschaft für die Region. Weil der Amazonasregenwald große Mengen an CO2 binden kann, ist er für das globale Klima von entscheidender Bedeutung.

Bolsonaro über Soforthilfe empört

Brasiliens Präsident Bolsonaro empörte sich auf Twitter, dass sich die G7-Staaten in die inneren Angelegenheiten Brasiliens einmischten. "Wir können nicht hinnehmen, dass Präsident Macron unangebrachte Angriffe auf das Amazonasgebiet fährt und seine Absichten hinter einer "Allianz" der G7-Staaten zur "Rettung" des Amazonasgebiets versteckt, als ob wir eine Kolonie oder Niemandsland wären", schrieb der Staatschef am Montag. "Der Respekt vor der Souveränität eines Landes ist das Mindeste, was man in einer zivilisierten Welt erwarten kann."

Bolsonaros Kabinettschef Onyx Lorenzoni setzte heute die während der vergangenen Tage die vom Präsidenten und brasilianischen Regierungsmitgliedern gestarteten Attacken gegen Macron fort. "Macron schafft es nicht mal, einen vorhersehbaren Brand in einer Kirche zu verhindern, die Teil des Welterbes ist, und er will uns Lektionen für unser Land erteilen?", sagte Lorenzoni in Anspielung auf das verehrende Feuer in der Pariser Kathedrale Notre-Dame im April.

Brasilien danke für die angebotene Hilfe, sagte er dem Nachrichtenportal "G1". "Aber vielleicht wäre es wichtiger, mit den Mitteln Europa wieder aufzuforsten." Zugleich rief Lorenzoni Macron auf, dieser solle sich lieber um die Probleme bei sich "zu Hause" und in den französischen "Kolonien" kümmern. Er bezog sich dabei auf das Überseegebiet Französisch-Guyana, das eine gemeinsame Grenze mit Brasilien hat und in dem ein kleiner Teil der Amazonas-Wälder liegen. "Brasilien ist eine demokratische und freie Nation und hatte niemals koloniale und imperialistische Verhaltensweisen, wie es vielleicht das Ziel des Franzosen Macron ist."

Schwerste Waldbrände in Brasilien seit Jahren

In Brasilien wüten die schwersten Waldbrände seit Jahren. Seit Januar stieg die Zahl der Feuer und Brandrodungen im größten Land Südamerikas im Vergleich zum Vorjahreszeitraum nach den jüngsten Angaben der brasilianischen Weltraumagentur INPE um 78 Prozent auf mehr als 80.000 Brände. Betroffen waren meist Flächen in Privatbesitz, aber auch in Naturschutzgebieten und Ländereien der indigenen Bevölkerung brechen immer wieder Feuer aus.

Umweltschützer und indigene Gruppen werfen Brasiliens rechtem Präsidenten Bolsonaro vor, ein Klima geschaffen zu haben, in dem sich Farmer, Holzfäller und Goldgräber zu immer weiteren Rodungen ermutigt fühlen. So sollen Medienberichten zufolge Bauern im Bundesstaat Pará sich zu einem "Tag des Feuers" verabredet und große Waldflächen in Brand gesteckt haben.

"Es besteht der Verdacht auf eine orchestrierte Aktion. Es gibt den Verdacht, dass das von langer Hand geplant wurde", sagte Generalstaatsanwältin Raquel Dodge. Sie leitete strafrechtliche Ermittlungen gegen die mutmaßlichen Brandstifter ein.

Der örtliche Bauernverband stritt eine koordinierte Brandrodung in der Region unterdessen ab. "Wenn es so etwas gegeben hat, war es ein Einzelfall. Wir wissen nichts von einer orchestrierten Aktion", sagte der Präsident des Verbands in Novo Progresso, Agamenon da Silva Menezes, der Nachrichtenagentur Agência Brasil. "Niemand will Brände, die außer Kontrolle geraten könnten. Das schadet allen." (mgb/dpa/afp)

Waldbrände Südamerika

Amazonas-Gebiet in Flammen

Brasilien registriert in diesem Jahr so viele Waldbrände wie nie zuvor. Zwischen Januar und August 2019 hat es fast 73.000 Brände gegeben. Die Feuer werden hauptsächlich von Bauern entfacht, um neue Weideflächen zu schaffen. Täglich kommen mehr als 1.000 neue Brände hinzu.
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