- Im Saarland heißt die Eintrittskarte zur Freiheit schon bald negativer Schnelltest.
- Damit sollen Bürgern schon nach Ostern viele Einrichtungen wieder offen stehen.
- Das "Saarland-Modell" löst allerdings in anderen Teilen Deutschlands heftige Kritik aus.
Das Saarland prescht vor. Als erstes Bundesland will Deutschlands kleinstes Flächenland bereits nach Ostern den Lockdown beenden – nahezu zwei Wochen vor dem Rest der Republik.
"Ab dem 6. April wird es – geknüpft an die Vorlage eines tagesaktuellen negativen Tests – weitere Öffnungsschritte in den Bereichen Gastronomie, Sport und Kultur geben, sofern die 7-Tage-Inzidenz stabil unter 100 liegt", verkündete der saarländische Ministerpräsident
"Wir wollen damit den Menschen eine Perspektive bieten, um gerade im Frühling wieder etwas mehr Lebensqualität genießen zu können", sagte der CDU-Politiker auf einer Pressekonferenz, auf der er das Vorhaben vorstellte. Ein Blick auf die aktuellen Zahlen des Robert-Koch-Instituts zeigt: Mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von 66,1 hat das Saarland den bundesweit zweitniedrigsten Wert (nach Schleswig-Holstein).
Das ist einer der Gründe, warum Hans das Bundesland zur Modellregion erklärt hat. "Es muss uns nach einem Jahr Corona-Pandemie mehr einfallen als nur zu schließen und zu beschränken", sagte der Regierungschef.
Die Möglichkeiten, zeitlich befristete Modellprojekte einzurichten, hatten Bund und Länder beim Corona-Gipfel am Montag beschlossen. Mit strengen Schutzmaßnahmen und einem Testkonzept sollen einzelne Bereiche des öffentlichen Lebens öffnen dürfen – auch um dies zu untersuchen.
Wie lange das "Saarland-Modell" dauern soll, war zunächst unklar. Klar sind hingegen die drei Säulen, auf denen das Projekt fußen soll: Impfen, testen und öffnen, wie es auf der Webseite des Modells plakativ heißt.
Die drei Säulen des saarländischen Modellprojekts
1. Impfen: Die Impfquote im Saarland ist schon jetzt hoch. Bislang seien rund 150.000 Impfungen gegen das Corona-Virus vorgenommen worden, davon 110.000 Erstimpfungen. Mit einer Quote von 11,4 Prozent bei den Erstimpfungen liege das Land an der Spitze der Bundesländer, sagte Hans.
2. Testen: A und O seien die Tests, mit denen Hans zufolge wieder mehr privates und auch mehr öffentliches Leben möglich werden soll. Das Saarland verfüge über eine gute Infrastruktur für Test, bemerkte Hans. Es gebe mehr als 350 Orte, an denen Bürger mehrfach die Woche kostenfreie Antigen-Schnelltests machen könnten.
3. Öffnen: Saarlands will die Menschen vor der Pandemie zu schützen, aber sich zugleich einem Leben in Normalität annähern, erläuterte Hans. Die geltenden Hygiene- und Schutzmaßnahmen seien weiterhin "akribisch einzuhalten". Auch Kontaktbeschränkungen seien zur Pandemieeindämmung "nach wie vor unerlässlich". "Aber: Das allein kann nicht der Königsweg sein", betonte der saarländische Landeschef auf Twitter.
Hans zufolge sollen in dem Bundesland alle Kontakte digital nachverfolgt werden. Bei exponentiell steigenden Inzidenzen sollen die Öffnungen wieder aufgehoben werden. Es bestehe aber Anlass zur Zuversicht, "dass wir mit fortschreitenden Impfungen und ausgeweiteten Testungen die Pandemie in den Griff bekommen", bemerkte Hans.
Was sich im Saarland nach Ostern ändern soll
Vom 6. April an – dem Dienstag nach Ostern – sollen unter anderem Kinos, Theater, Fitnessstudios und die Außengastronomie wieder öffnen. Voraussetzung für einen Besuch sei ein negativer Schnelltest, der nicht älter als 24 Stunden sein dürfe, sagte Hans.
Bei privaten Treffen und Veranstaltungen im Freien sollen nach dem Osterwochenende im Saarland bis zu zehn Personen erlaubt sein. Auch Kontaktsport im Außenbereich soll dann wieder möglich sein – immer in Verbindung mit einem negativen Test. Wenn alles gut laufe, könne es weitere Öffnungsschritte nach dem 18. April geben – in der Gastronomie, beim Ehrenamt, in den Schulen.
Warum das Vorgehen des Saarlands kritisiert wird
Kritik kam vom SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach. "Der Kurs des Saarlandes ist fahrlässig. Die Modellregion im Saarland ist ein Experiment, das zu einer schnellen Verbreitung gefährlicherer Mutationen in Deutschland führen kann", sagte er der "Rheinischen Post". Das Saarland habe von anderen Bundesländern "mehr Impfstoff gegen Mutanten bekommen und geht jetzt ins Risiko. Das macht keinen Sinn."
Auch Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) sieht die angekündigten Lockerungen der Corona-Maßnahmen im Saarland sehr kritisch. "Dafür habe ich kein Verständnis", erklärte Schwesig am Donnerstag in Schwerin. "Solidarität ist keine Einbahnstraße."
Schwesig verwies auf 80.000 zusätzliche Dosen Impfstoff, die das Saarland erhalte, weil es dort die südafrikanische Mutation gebe. "Das ist auf die Einwohnerzahl gerechnet eine große Menge", so Schwesig. "Wie sollen andere Länder ihren Bürgern erklären, dass sie keine zusätzlichen Impfstoff erhalten und diese Öffnungsschritte nicht gehen können?" (dpa/mf)
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