Ist an der Corona-Pandemie doch ein Laborunfall Schuld? Erkenntnisse des Bundesnachrichtendienstes sollen das nahelegen – Parlamentarier fordern nun Aufklärung.

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Nach den Berichten über den möglichen Ursprung des Coronavirus hat das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestags die Regierung zur Unterrichtung der Öffentlichkeit aufgefordert. Das für die Kontrolle der Nachrichtendienste zuständige Gremium begrüße das Aufklärungsinteresse und den Untersuchungsprozess "ausdrücklich", hieß es am Freitag. "Das Parlamentarische Kontrollgremium erwartet, dass die Bundesregierung spätestens nach dem bevorstehenden Abschluss der Untersuchungen die Öffentlichkeit entsprechend unterrichtet."

Medienberichte: BND-Erkenntnisse sollen unter Verschluss gehalten worden sein

Am Donnerstag waren Medienberichte veröffentlicht worden, wonach der Bundesnachrichtendienst (BND) einen Laborunfall im chinesischen Wuhan als wahrscheinlichste Ursache der Corona-Pandemie ansieht. Zu dieser Bewertung kam der deutsche Auslandsgeheimdienst nach Informationen von "Süddeutscher Zeitung" und "Zeit" bereits im Jahr 2020. In Auftrag gegeben wurde die Untersuchung demnach vom Kanzleramt, das die Befunde dann unter Verschluss gehalten haben soll.

Das Kontrollgremium habe diese Berichte "zur Kenntnis genommen", hieß es weiter. In der Beratungssitzung habe die Regierung den Sachverhalt in einigen Punkten indes "anders beschrieben als in der medialen Berichterstattung dargestellt". Gleichwohl sei das Kontrollgremium der Auffassung, die Bundesregierung hätte es "früher unterrichten müssen", welche konkreten Arbeitsthesen zum Corona-Ursprung der BND prüfe und aufkläre.

Drosten zu BND-Daten: Mangels Quelldaten keine Einschätzung möglich

Christian Drosten, einer der Virologen, die während der Pandemie bekannt wurden, hat sich bislang nicht zu den Erkenntnissen des BND zum Ursprung des Virus geäußert. Die zusammengefasste Darstellung der Ergebnisse habe ihn zwar beeindruckt, erklärte der Direktor des Instituts für Virologie der Charité in Berlin, der Teil einer vom Kanzleramt um Einschätzung gebetenen Expertenrunde war.

Die Quelldaten seien dem Kreis der Wissenschaftler aber nicht zugänglich gemacht worden. "Ich kann daher schon allein mangels Datenzugang kein wissenschaftliches Urteil abgeben." Zudem unterlägen alle Mitglieder der Runde einer Geheimhaltungsverpflichtung.

Aus Sicht der Wissenschaft und der Öffentlichkeit möge es unbefriedigend sein, keine klare Einschätzung zu bekommen. Aber: "Für eine Auswertung nach wissenschaftlichen Standards müssten die Quelldaten in Gänze verfügbar und veröffentlicht werden, damit die Analysen für andere Wissenschaftler nachvollziehbar und reproduzierbar sind." Ohne diese Freigabe seien die mitgeteilten Erkenntnisse auf wissenschaftlicher Ebene nicht verwertbar.

Er selbst habe wie auch andere Forschende und die Weltgesundheitsorganisation (WHO) immer wieder darauf hingewiesen, dass alle vorliegenden Daten und Informationen zum Virusursprung einer wissenschaftlichen Auswertung zugänglich gemacht werden sollten. Bei der bisherigen öffentlichen Informationslage ergebe sich eine deutlich überwiegende Wahrscheinlichkeit eines natürlichen Ursprungs, "und so wurde es auch stets von mir ausgedrückt: Für keine der Herkunftshypothesen gibt es einen Beweis, aber es gibt eine deutliche Gewichtung der Wahrscheinlichkeit".

Virologe hält natürlichen Ursprung weiterhin für wahrscheinlich

Drosten hält einen natürlichen Ursprung von Sars-CoV-2 immer noch für wahrscheinlich, wie er erst im Januar wieder der Zeitung "taz" sagte – "und das nehmen auch fast alle Wissenschaftler an, die mit dem Thema befasst sind". Aufgrund der aktuell zur Verfügung stehenden – wenn auch schwachen – Datenlage sei anzunehmen, dass die Übertragung auf den Menschen über Zwischenwirte zum Beispiel auf Tierfarmen stattgefunden habe, sagte auch Fabian Leendertz, Direktor des Helmholtz Institute for One Health in Greifswald, der Nachrichtenagentur dpa. (afp/dpa/bearbeitet durch ras)