• Die explosionsartige Corona-Welle in China hat in vielen anderen Ländern Angst vor neuen Ausbrüchen ausgelöst.
  • Ärzte fordern eine EU-weite Testpflicht für Reisende aus der Volksrepublik.
  • Auch in Deutschland wird darüber diskutiert.

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Seit Ende der Massentests im Dezember wird das Ausmaß der aktuellen Corona-Welle in China nicht mehr erfasst. Die Nationale Gesundheitskommission veröffentlicht keine tägliche Statistik zu Infektionen und Toten mehr. Außerdem wurden die Kriterien für einen Corona-Todesfall geändert. Seit Aufhebung der Corona-Maßnahmen ab 7. Dezember wurden in dem Land mit 1,4 Milliarden Einwohnern nur 15 tödliche Infektionen gemeldet.

Überfüllte Krankenhäuser und überlastete Krematorien zeichnen jedoch ein anderes Bild. Um sich einen Überblick über das Infektionsgeschehen zu verschaffen, stützten sich die Behörden auf Online-Umfragen, Erhebungen von Krankenhäusern und Kommunalverwaltungen sowie Daten aus Notrufen und Verkäufen von Fiebermedikamenten, sagt Yin Wenwu vom chinesischen Zentrum für Seuchenkontrolle.

Das sorgt in vielen Ländern für Furcht vor neuen Ausbrüchen. Auch in Deutschland wird über Tests für Reisende aus der Volksrepublik diskutiert. Sorge bereiten vor allem die mangelhaften Daten zu den Infektionen sowie die Gefahr neuer Virusvarianten.

Schätzung der Infektionszahlen nur lückenhaft

Mangels verlässlicher Daten schätzen lokale und regionale Behörden inzwischen die täglichen Infektionszahlen. Die Seuchenkontrolle in der Küstenprovinz Zhejiang erklärte am Dienstag, die Zahl der neuen Fälle sei in den vergangenen Tagen sprunghaft angestiegen und rechnet damit, dass "die Epidemie voraussichtlich im Januar einen Höhepunkt erreichen wird". Quzhou und Zhoushan, zwei Städte in der Provinz, gaben die Quote der Infizierten mit mindestens 30 Prozent an.

Die östliche Küstenstadt Qingdao kalkuliert mit rund 500.000 neuen Fällen pro Tag und Dongguan im Süden mit bis zu 300.000. Beamte in der Inselprovinz Hainan schätzten am Freitag, dass sich bereits mehr als 50 Prozent der Bevölkerung mit dem Coronavirus infiziert hätten.

Ein leitender Arzt eines Shanghaier Krankenhauses sagte am Dienstag, dass bis zu 70 Prozent der 25 Millionen Einwohner der Stadt von der aktuellen Infektionswelle erfasst worden sein könnten. Einer der führenden Epidemiologen des Landes, Wu Zunyou, sagte am Donnerstag, der Höhepunkt der Infektionen in den Städten Peking, Chengdu und Tianjin sei bereits überschritten.

Aus einer Sitzung von Gesundheitsbeamten im vergangenen Monat sickerte durch, dass diese davon ausgingen, dass sich bereits in den ersten 20 Dezembertagen 250 Millionen Menschen in ganz China infiziert hätten. Forscher der Universität Hongkong befürchten, dass in diesem Winter fast eine Million Chinesen an Covid sterben könnte. Das britische Analyseunternehmen Airfinity rechnet mit 1,8 Millionen Ansteckungen und 11.000 Todesfällen täglich. Das würde bedeuten, dass bis Ende April 1,7 Millionen Chinesen an den Folgen einer Corona-Infektion sterben.

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Bisher keine neuen Varianten bekannt

Bislang gibt es keine Hinweise, dass durch die massenhaften Infektionen in China neue Virusvarianten entstanden. In Peking herrschten weiterhin die Omikron-Subtypen BA.5.2 und BF.7 vor, sagt Xu Wenbo vom Zentrum für Seuchenkontrolle. Auch in Shanghai sei Omikron nach wie vor die dominierende Variante. Um die Entwicklung zu überwachen, werde eine nationale Datenbank mit Virusproben aus den Krankenhäusern aufgebaut.

Peking übermittelte im Dezember 384 Omikron-Proben an die globale Online-Datenbank GISAID, wie auf deren Website zu lesen ist. Die Gesamtzahl der von China an die Datenbank weitergeleiteten Proben ist mit 1.308 jedoch geringer als die anderer Länder. Die jüngsten Proben aus China "ähneln alle den bekannten, weltweit zirkulierenden Varianten, die zwischen Juli und Dezember beobachtet wurden", teilte GISAID am Freitag mit.

Der Virologe Jin Dong-yan von der Universität Hongkong sieht derzeit keinen Anlass zur Furcht vor neuen Varianten. "An vielen Orten der Welt gab es massenhafte Ausbrüche, aber eine tödlichere Variante ist danach nicht aufgetaucht", sagte Jin in einem unabhängigen Podcast. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein solcher Subtyp in China entwickle, hält er für "sehr gering". (afp/ng)

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