- Jahrzehntelange Planung, Kostenexplosionen, Verschiebungen und dann gab es auch noch eine Namens-Kontroverse.
- Der Entstehungsweg von "James Webb" war lang und steinig.
- Aber jetzt soll das größte und leistungsfähigste Weltraumteleskop endlich starten.
Seit Jahrzehnten arbeiten und fiebern Astronomen und Weltraum-Ingenieure auf der ganzen Welt auf diesen Tag hin: Am Mittwoch (22. Dezember) soll das "James Webb Space Telescope" (JWST) nach zahlreichen Verschiebungen nun wirklich ins All starten - und dabei handele es sich nicht einfach nur um ein weiteres Weltraumteleskop, sondern um den unumstrittenen Star der Flotte, wie Nasa-Managerin Jane Rigby sagt. "Webb hat dermaßen transformative Fähigkeiten, dass ich davon ausgehe, dass es eine neue Zeitrechnung markieren wird - es wird eine Zeit davor und eine Zeit danach geben."
"Hubble"-Nachfolger hat rund zehn Milliarden Dollar gekostet
Das JWST ist eine rund zehn Milliarden Dollar teure Kooperation der Weltraumagenturen der USA, Kanadas und Europas und soll mit dem Start vom Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guayana das größte und leistungsfähigste Teleskop werden, das jemals ins All gebracht wurde. Es soll Nachfolger des "Hubble"-Teleskops werden, das seit mehr als 30 Jahren im Einsatz ist, 1,5 Millionen Kilometer weit ins All fliegen und unter anderem mit Hilfe eines 25 Quadratmeter großen Spiegels neue Bilder aus dem frühen Universum liefern. Das Teleskop soll die ersten nach dem Urknall entstandenen Galaxien beobachten.
Der bisherige Weg des gigantischen Teleskops war allerdings so lang und steinig, dass das Fachmagazin "Nature" schon vom "teuersten astronomischen Risiko der Geschichte" schreibt. Ende der 80er Jahre kam erstmals die Idee eines solchen Teleskops auf, seitdem wird geplant und gebaut. Immer wieder passierten dabei kleinere Missgeschicke, die Planung verzögerte sich, die ursprünglich auf rund 500 Millionen Dollar geschätzten Kosten schnellten in die Höhe. 2007 hatte das JWST ganz ursprünglich einmal starten sollen - aber der Start verschob sich immer wieder nach hinten, zuletzt, weil sich ein Klemmband ungeplant löste.
Zudem gibt es eine Kontroverse um den Namen, der auf den zweiten Direktor in der Geschichte der Nasa zurückgeht. Webb stand in den 60er Jahren der Nasa vor - zu Zeiten, in denen die Behörde die ersten Menschen ins All schickte, aber auch zu Zeiten, in denen ein Mitarbeiter entlassen wurde unter dem Verdacht, dass er schwul sein könnte. Zahlreiche Wissenschaftler haben bereits eine Umbenennung gefordert, aber der derzeitige Nasa-Chef Bill Nelson lehnt das bislang ab. "Wir haben zum derzeitigen Zeitpunkt keine Hinweise gefunden, die eine Namensänderung notwendig machen."
Viele Wissenschaftler hoffen darauf, dass ein erfolgreicher Start all diese Kontroversen nun endlich in den Hintergrund rücken lässt - und den Weg frei macht für nie da gewesene Forschungsmöglichkeiten. Sie hoffen auf einen Blick zurück in die Frühzeit des Weltalls nach dem Urknall vor 13,8 Milliarden Jahren: Auf Bilder von Sternen, die älter sind als unser Sonnensystem und vielleicht nicht mehr existieren - und möglicherweise sogar auf Hinweise auf eine zweite Erde.
Nach dem Start muss das Teleskop noch in den richtigen Orbit
Nach dem Start an Bord einer "Ariane"-Trägerrakete soll der Weg bis zum Zielorbit etwa vier Wochen dauern, zudem braucht das Herunterkühlen und Entfalten des riesigen Spiegels und eines Tennisplatz-großen Sonnenschutzes über rund 130 Einzelmechanismen und somit Monate. Bis zu ersten Untersuchungen werden wohl ungefähr sieben Monate vergehen, erste Bilder werden frühestens für den Sommer erwartet. Während "Hubble" im optischen und ultravioletten Bereich arbeitet, untersucht "James Webb" im infrarotnahen. Damit könne das Teleskop, sagte einmal der Astrophysiker John Mather, sogar "von der Erde aus eine Biene auf dem Mond aufspüren".
Die Lebensdauer von "James Webb" ist erstmal auf zehn Jahre angelegt, dann geht ihm quasi der Treibstoff aus. Dass das Teleskop so weit weg fliegt, birgt dabei auch ein Risiko: Während "Hubble" in 500 Kilometern Höhe mit Shuttle-Flügen mehrfach repariert und gewartet wurde, geht das beim "James Webb Space Telescope" in 1,5 Millionen Kilometer Entfernung nicht mehr.
Nun überwiege aber erstmal die Aufregung zum Start, sagt Astronomin Heidi Hammel, die seit Jahrzehnten an der Entwicklung des Teleskops mitarbeitet. "Es gibt nicht viele Dinge im Leben, wo man an der Schwelle zu etwas so Großem steht. Da sind viele Emotionen mit im Spiel." (dpa/mgb)
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.