Von Spinnen zu Clowns: Die meisten Menschen haben eine oder mehrere Phobien. Aber diese Ängste sind gar nicht so irrational, wie man denkt. Viele der Phobien, die Menschen heutzutage haben, sind durch eine evolutionäre Anpassung an äußere Umstände erklärbar.
Puppen verwirren die Gefahrenidentifikation im Gehirn
Gruselige Puppen tauchen in vielen Horrorfilmen auf. Aber auch wenn sie sich nicht von selbst bewegen oder kurze Ärmchen mit scharfen Messern schwingen, flößen sie vielen Menschen trotzdem Furcht ein. Der Grund hierfür liegt in einer Instinktreaktion des Gehirns.
Unsere Schaltzentrale im Kopf wird ganz leicht verwirrt, wenn sie Dinge wahrnimmt, die wie ein Gesicht aussehen, aber in Wahrheit gar keines sind. Deswegen sehen wir beispielsweise Gesichter in den Ästen eines Gebüschs oder auf der Oberfläche des Mondes. Unser Nervenzentrum macht das ganz automatisch, um schnellstmöglich auf die Gefahr eines Angriffs reagieren zu können.
Diese Schutzreaktion nennt man Pareidolie. Die altmodischen Puppen, die vielen so große Angst einjagen, lösen genau diese Reaktion in unserem Gehirn aus. Deshalb haben viele Menschen beim Anblick einer Puppe ein ungutes Gefühl: Der Körper bereitet sich innerlich bereits auf eine Flucht- oder Kampf-Situation vor.
Clowns sind gruselig, weil sie so unnatürlich sind
Die Angst vor Clowns wird in der Fachsprache als Coulrophobie bezeichnet. Obwohl es nahe liegt, hat diese Phobie ihren Ursprung allerdings nicht in den diversen Horrorfilmen, in denen mörderische Monsterclowns über die Leinwand schleichen.
Der Grund für diese Angst liegt darin, dass Clowns unnatürlich sind: Sie tragen keine Masken, ihre Gesichter sehen aber trotzdem nicht wirklich menschlich aus. Insbesondere die starken Farbkontraste verwirren das Gehirn. Dazu kommen die zu weiten Kleider und der Hang zum lauten Lachen ohne Grund.
Gleichzeitig liegt der Clown-Humor meist außerhalb dessen, was gesellschaftlich als normal gilt und gleichzeitig sind ihre wahren Gefühle nicht zu erkennen. Das Gehirn kann diese Masse an unnatürlichen Signalen nicht richtig entschlüsseln. Das macht den Clown zur perfekten Horror-Gestalt.
Die Angst vor Spinnen und Schlangen ist im Gefahrenpotenzial begründet
Wer nicht in Australien oder in der Nähe des Amazonas lebt, muss eigentlich keine große Angst vor Spinnen und Schlangen haben. Nahezu alle Arten, die in unseren Breiten vorkommen, sind für den Menschen ungefährlich. Trotzdem haben viele Menschen Angst vor dem Kriech- und Krabbelgetier.
Die Angst vor Spinnen nennt man Arachnophobie, die vor Schlangen Herpetophobie. Der Mensch wird nicht mit einer solchen Phobie geboren. Wissenschaftler sind der Meinung, dass man von Geburt an nur Angst vor dem Fallen und vor lauten, plötzlichen Geräuschen hat. Die Angst vor Spinnen und Schlangen wird somit gelernt.
In Experimenten mit Dreijährigen und sieben Monate alten Kindern konnten die Kinder Schlangen viel schneller erkennen, als andere Reptilien. Ihr Aussehen macht sie leicht erkennbar und unterscheidet sich extrem von unserem eigenen. Hinzu kommt auch die Art, wie sich diese Tiere bewegen: Schlangen und Spinnen können sehr schnell sein, ihre Fortbewegung unterscheidet sich stark von unser eigenen. Das macht sie für uns unberechenbar. Im Gehirn heißt das übersetzt: Angst!
Unsere Essensvorlieben werden schon in der Gebärmutter bestimmt
Es ist zwar eigentlich nichts, was man als Phobie erkennen würde, aber jeder mag gewisse Lebensmittel nicht. Diese Abneigung kann tatsächlich bis zum Krankheitsprofil entwickeln.
Evolutionär bedingt essen Menschen süße und fettige Lebensmittel lieber als bittere, weil süß für Zucker und damit Energie steht. Je älter man wird, desto breiter wird die Palette an Dingen, die einem schmecken. Dies liegt daran, dass ein Mensch im Laufe des Lebens Geschmackszellen verliert.
Was eine schwangere Frau isst, wirkt sich auch auf das Kind aus. So werden Lebensmittel, die die Mutter nicht isst, dem Kind fremd vorkommen. Die Wissenschaft belegt, dass die ersten zwei Jahre für das Kind ausschlaggebend sind. Hier zählt die Zeit in der Gebärmutter dazu. Wer in diesen zwei Jahren ein Lebensmittel gar nicht isst, der hasst es in den meisten Fällen sein Leben lang.
Der Fall ist natürlich nicht hoffnungslos. Laut Studien kann man solche Abneigungen überwinden, indem man sich ungefähr zehn- bis fünfzehnmal dazu zwingt, das betreffende Lebensmittel zu essen.
Zu viele Löcher erinnern uns an gefährliche Tiere
In der Fachsprache heißt es Trypophobie und es ist wörtlich übersetzt die Angst vor Löchern. Tatsächlich handelt es sich hier um Dinge oder Pflanzen, wie zum Beispiel Honigwaben, die viele Löcher auf engem Raum zeigen.
Es ist noch nicht bewiesen, dass es diese Angst gibt. Viele Menschen reagieren allerdings sehr empfindlich auf solche Bilder. Die Reaktion kann bis zu schlimmen Angstzuständen und Panik-Attacken reichen.
Zu verspotten ist diese Angst auf jeden Fall nicht. Sie kommt wahrscheinlich von einer instinktiven Reaktion des Gehirns, die auf gewisse Muster reagiert. Mit die gefährlichsten Tiere in der Natur weisen ein Muster auf, das in die gleiche Kategorie fällt: Dazu gehören beispielsweise der blaugeringelte Kraken, die Königskobra oder der gelbe Mittelmeerskorpion, der einer der giftigsten der Welt ist.
Zwar haben die wenigsten Menschen heute noch Kontakt mit solchen Tieren, die Angstreaktion liegt aber in der genetischen Veranlagung - für unsere Vorfahren waren derartige Tiere eine reale Gefahr. Das Erkennen solcher gefährlichen Tiere anhand ihres Musters, ist also ein Überlebensinstinkt.
Gewisse Geräusche treiben unseren Blutdruck in die Höhe
Das Geräusch, wenn die Plastikhaut zweier Ballons zusammengerieben wird, treibt vielen Menschen einen Schauer über den Rücken - zusammen mit dem Kratzen von Fingernägeln auf einer Kreidetafel und dem Quietschen von Styropor.
Dies liegt daran, dass Geräusche, die zwischen 2.000 und 4.000 Hertz liegen, für den Menschen besonders schmerzhaft sind. Der Grund hierfür liegt in der Form des menschlichen Ohrs. Geräusche dieser Frequenzen werden verstärkt. Es sind auch die ersten Geräusche, die man nicht mehr hören kann, wenn die Ohren durch zu viel Lärm belastet werden.
Die Geräusche haben nicht nur psychologische, sondern auch physische Auswirkungen. Der Blutdruck schießt in die Höhe und das Herz fängt an zu hämmern. Aber warum eigentlich?
Wissenschaftler vermuten, dass die Antwort wieder in der Evolution liegt. Denn Geräusche wie ein Schrei nach Hilfe oder ein schreiendes Baby fallen oft auch in diesen Frequenzbereich. Und das bedeutet Gefahr. So haben sich die Menschen vermutlich angepasst, um auf Gefahrensituationen schneller zu reagieren.
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