Aufgrund massiver Schneefälle ist die Lawinengefahr in den Alpen aktuell enorm gefährlich. Und trotz der Warnungen zieht es manche Menschen in die Berge. Doch was passiert eigentlich im Fall, dass eine Rettung nötig wird - wer übernimmt die Kosten? Ein Experte klärt auf.

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Eigentlich sind Ausdruck vollkommener Besinnlichkeit und Ruhe: Endlose weiße Schneelandschaften mit leise knirschendem Schnee und glitzernden Eiskristallen.

Das ganze Jahr über fiebern Alpin-Fans dem Winter entgegen: Spaß, Sport, Action.

Aber der Schein kann trügen. Der krasse Gegensatz nämlich: Bilder von Lawinen, unkontrollierbaren Schneemassen, Verschütteten und Rettungshubschraubern.

Vor rund einer Woche wurde ein 31 Jahre alter Snowboarder in Davos von einer Lawine mitgerissen und nur aus einer Tiefe von zwei Metern aus dem Schnee geborgen, kurz darauf verstarb er.

Am Arlberg wurde vor wenigen Tagen ein 16-Jähriger von einer Lawine getötet.

Lawinengefahr vom Allgäu bis Berchtesgaden

Aktuell warnt der Bayerische Lawinenwarndienst vor großer Lawinengefahr vom Allgäu bis nach Berchtesgaden mit roten Warndreiecken und schreibt in Großbuchstaben: "Selbstauslösung sehr großer Lawinen möglich!"

Was aber, wenn es doch zum Unglück kommt? Nach erstem Schock und hoffentlich schneller medizinischer Genesung folgt nämlich häufig die nächste böse Überraschung: die Rechnung.

Die Kosten einer Pistenrettung können schnell mehrere tausend Euro betragen.

Skilehrer und Versicherungsexperte Denis Klefenz hat das selbst erfahren: Nach einem Gletscher-Unfall mit Kreuzbandriss trudelte eine Rechnung über knapp 3.500 Euro bei ihm ein.

"Ich war mit einem Helikopter geborgen worden. Dabei werden die Kosten pro Flugminute berechnet", so Klefenz. Für ihn vermutlich der teuerste Flug seines Lebens, dabei dauerte er nur rund 17 Minuten.

Übernahme nur unter bestimmten Bedingungen

Klefenz hatte Glück: Er war versichert, die Kosten wurden übernommen. Ist das immer so? Die kurze Antwort: Nein! Wie so oft heißt es: "Es kommt drauf an". Nur unter bestimmten Bedingungen werden die Bergungskosten übernommen.

Wann das so ist, erklärt Experte Klefenz: "Ob die Kosten übernommen werden, hängt von der Transportart, dem Unfall-Land und der eigenen Versicherung ab", sagt Klefenz.

Bergung oder Rettung?

"Zunächst ist es entscheidend, zwischen Bergung und Rettung zu differenzieren", so der Experte. Gerettet werde in aller Regel mit dem Krankenwagen oder Schlitten.

Nur in seltenen Fällen komme aus medizinischen Gründen ein Helikopter zum Einsatz – etwa wenn der Transport über den Landweg zu lange dauern würde oder die Verletzungen so schwer sind, dass ein andersartiger Transport den Zustand des Patienten gefährden würde.

"Von einer Bergung spricht man, wenn jemand aus unwegsamen Gelände abtransportiert wird, hier kommt häufig ein Helikopter zum Einsatz", so Klefenz weiter.

Bei einer Bergung kommt ein Helikopter also nicht ausschließlich aus medizinischen Gründen zum Einsatz, sondern auch aufgrund der örtlichen Gegebenheiten. Das kann zum Beispiel auch der Fall sein, wenn sich jemand beim Wandern oder auf einer Skitour verirrt hat.

Gesetzliche Krankenkasse bei medizinischer Rettung

"Bei medizinischen Rettungen übernimmt die gesetzliche Krankenversicherung in aller Regel die Kosten", weiß Klefenz. "Bei einer Bergung ist das aber nicht der Fall. Hier kommt die gesetzliche Kasse nicht auf", sagt Klefenz.

Dass man auf den Kosten sitzen bleibt, heißt das noch nicht: "Bei Bergungen kommen verschiedene Träger zur Kostenübernahme infrage", sagt der Versicherungsexperte: "Die Übernahme kann von Alpinvereinen wie etwa dem Deutschen Skiverein (DSV), privaten Unfallversicherungen, Auslandsreisekrankenversicherungen oder sogar von Kreditkarteninstituten, wenn Versicherungspakete integriert sind, abgedeckt sein."

Mitgliedschaft in Alpinverein kann sich lohnen

So können sich beispielsweise Mitglieder des Deutschen Alpenvereins (DAV) bei Unfällen während alpinistischer Aktivitäten auf den Versicherungsschutz "Alpiner Sicherheits-Service" verlassen.

Heißt konkret: Such-, Bergungs- und Rettungskosten bis 25.000 Euro, bei Unfalltod bis zu 5.000 Euro, werden erstattet. Das schließt etwa auch Suchmaßnahmen zum Auffinden von Personen in Bergnot und den Transport in das nächstgelegen Krankenhaus mit ein.

Gründlicher Blick in die Policen

Ein genauer Blick in die Versicherungsbedingungen zeigt aber, wann kein Versicherungsschutz besteht.

Ein Passus kann dort beispielsweise lauten: "Kein Versicherungsschutz besteht bei Schäden, welche die versicherte Person vorsätzlich oder durch grob fahrlässiges Verhalten, insbesondere durch Außerachtlassen grundlegender, allgemein anerkannter Regeln des Bergsteigens herbeiführt."

Bei Lawinenwarnstufe 4 einfach loszustapfen, könnte also durchaus als "grob fahrlässig" gelten. "So etwas konkret nachzuweisen, ist aber schwierig", gibt Klefenz zu bedenken.

Oft zusätzliche Leistung gegen Aufschlag

Ein Blick auf die privaten Unfallversicherungen zeigt: Bei einigen Anbietern sind Bergungskosten beitragsfrei mitversichert, meistens gelten Bergungskosten jedoch als zusätzliche Leistung, die gegen einen Aufschlag mitversichert werden kann. Im Tarifcheck findet sich hier das entsprechende Kästchen "Bergungskosten inkl. Rückholkosten".

Bei einigen Versicherungen sind Bergungs- und Rückholkosten beispielsweise bis zu 10.000 Euro ohne Mehrbetrag enthalten, bei anderen variiert die Kostenübernahme zwischen 50.000 Euro und 100.000 Euro.

Es gibt durchaus Versicherer, die auch bei grober Fahrlässigkeit zahlen, erklärt Klefner. Man müsse eben im Tarif nachschauen, ob das "explizit in den Bedingungen ausgenommen ist".

Unfälle im Ausland sind komplizierter

Kniffelig wird es aber bei Fällen im Ausland. In den Bedingungen des Alpinen Sicherheits-Service steht: "Im Falle eines Unfalles im Ausland werden die anfallenden Kosten für einen medizinisch notwendigen Krankentransport übernommen. Kein Versicherungsschutz besteht bei Ausübung von Alpinsport im Rahmen von Pauschalreisen außerhalb Europas."

Für Urlaube im Ausland empfehlen sich laut Klefner Auslandsreisekrankenversicherungen, sie sind schon für geringe Beträge um die zehn Euro pro Jahr zu haben.

"In der EU bestehen zur medizinischen Rettung Abkommen zwischen den Sozialversicherungsträgern", weiß der Experte außerdem.

Es gilt Landesrecht

Darüber haben gesetzlich Krankenversicherte in allen EU-Ländern und der Schweiz Anspruch auf medizinische Versorgung und Sachleistungen.

Aber: Der Umfang richtet sich nach dem jeweiligen Recht im Ausland. Bei einem Unfall in Österreich übernimmt die Krankenkasse auch nur die Kosten, die eine österreichische Krankenkasse für ihre Versicherten tragen würde.

Der Reiseführer "Schneehoehen" schreibt dazu: "In Österreich wird die Bergung und Beförderung ins Tal grundsätzlich nicht übernommen. In der Schweiz ist meist nur ein kleiner Betrag gedeckt (500 CHF pro Kalenderjahr). "

Vorsicht ist immer geboten

"Letztlich wird jeder Fall individuell geprüft und es handelt sich um Einzelfallentscheidungen", erinnert Klefenz. Vorsicht und Aufmerksamkeit lohnten sich nicht nur wegen möglicher Kostenvermeidung, sondern in aller erster Linie im Sinne der eigenen Gesundheit.

Fazit daher: Medizinische Rettungen im Inland sind über die Gesetzliche Krankenversicherung abgedeckt. Bei Bergungen kommen Alpinvereine und private Unfallversicherungen mit Einschluss von Bergungskosten ins Spiel. Im Ausland, vor allem außerhalb der EU, ist eine private Auslandsreisekrankenversicherung ratsam.

Zwei Dinge sollte man vor dem Schneeabenteuer also besonders genau studieren: Die Wetterkarte und die Versicherungs-Police.

Und am Ende - gerade bei den Lawinenwarnstufen 4 und 5 - hilft als Orientierung auch noch der gesunde Menschenverstand.

Über den Experten: Denis Klefenz ist Versicherungskaufmann und Geschäftsstellenleiter der "HanseMerkur" in Hemsbach. Der 35-Jährige Versicherungsexperte ist zudem DSV-Skilehrer sowie Reiseguide beim örtlichen Skiclub.

Verwendete Quellen:

  • Deutscher Wetterdienst
  • Lawinenwarndienst Bayern
  • Der Bund: "31-Jähriger stirbt nach Lawine in Davos"
  • Deutscher Alpenverein (DAV)
  • Basler Versicherungen
  • DEVK-Unfallversicherung
  • Schneehoehen.de
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