Der Klimawandel zwingt viele Lebewesen dazu, ihre natürlichen Lebensräume zu verlassen. Eine großangelegte Analyse hat nun herausgefunden, dass die Meerestiere sechsmal schneller zu den Polen fliehen als die Lebewesen an Land. Das kann mehrere Gründe haben.

Mehr Themen zu Natur & Umwelt finden Sie hier

Eine Gruppe von Forschern wollte für eine Metastudie herausfinden, wie sich der Klimawandel auf unterschiedliche Lebewesen auswirkt. Dafür werteten sie mehr als 250 Einzelstudien über 30.000 Lebensraumveränderungen von mehr als 12.000 Spezies aus. Ihre Ergebnisse haben die Wissenschaftler um Jonathan Lenoir und Romain Bertrand in dem Fachmagazin "Nature Ecology & Evolution" veröffentlicht.

Die Analyse zeigt, dass Meerestiere globalen thermischen Verschiebungen viel schneller folgen als Lebewesen an Land.

Insekten bewegen sich besonders schnell

Tiere an Land verschieben ihre Lebensräume aufgrund des Klimawandels zwar ebenfalls auf die Pole zu, allerdings viel langsamer, als die Wissenschaftler bisher angenommen hatten. Das bezieht sich "vor allem auf Regionen mit wärmerem Klima", wie die Autoren in dem Fachmagazin erklären.

Den Daten zufolge bewegen sich Amphibien mit einer Geschwindigkeit von zwölf Metern in einem Jahr in Richtung der Pole, Reptilien mit etwa 6,5 Metern pro Jahr. Insekten hingegen wandern mit einer Geschwindigkeit von 18,5 Kilometern in einem Jahr deutlich schneller.

Auf den ersten Blick hört sich das viel an. Allerdings wandern die Lebewesen an Land insgesamt mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von nur 1,8 Metern in einem Jahr. Das ist immer noch schneller, als die Forscher bisher angenommen hatten. Im Vergleich zu den Meerestieren, die sich mit einem durchschnittlichen Tempo von sechs Kilometern pro Stunde fortbewegen, aber immer noch langsam. Das berichtet "ScienceAlert".

Meerestiere sind temperaturempfindlicher

Der Unterschied zwischen den Bewegungen an Land und im Wasser kann mehrere Gründe haben. Die vermehrte Wanderung der Meerestiere könnte zum Beispiel das Resultat von höherer Temperaturempfindlichkeit sein. Luft leitet Hitze wesentlich schlechter als Wasser. Folglich sind klimatische Veränderungen im Wasser viel deutlicher spürbar.

Außerdem können viele Lebewesen an Land ihre Körpertemperatur regulieren, wenn es notwendig wird. Sie kommen mit den steigenden Temperaturen besser zurecht. Meerestiere und kaltblütige Arten haben diese Fähigkeit nicht und sind somit anfälliger für den Klimawandel.

Zusätzlich können Tiere im Wasser viel einfacher wandern. An Land behindert häufig etwa der Mensch die freie Bewegung der Tiere. Außerdem vermuten die Forscher, dass der kommerzielle Fischfang die Wanderung der Meerestiere zusätzlich beschleunigt.

Wanderung kann schwerwiegende Folgen haben

Wenn die Forscher mit ihren Annahmen Recht haben und die Meerestiere auf Temperaturveränderungen sensibler reagieren, kann dies schwerwiegende Folgen haben. Die steigenden Temperaturen zwingen die Tiere dazu, in immer kleiner werdende Lebensräume zu fliehen. Diejenigen, die bereits in Richtung der Pole schwimmen, droht die Gefahr, dass ihnen das kühlere Wasser ausgeht.

Das Gleiche passiert an Land. Tiere, die hoch oben in den Bergen leben, können irgendwann nicht mehr in andere Regionen ausweichen. Sie sind wegen der Temperaturen und der steigenden Konkurrenz vom Aussterben bedroht. Diese Entwicklung schreitet im Wasser schneller voran.

Die Studie gibt jedoch nur einen Anhaltspunkt, da die von den Forschern analysierten Daten nur rund 0,6 Prozent des Lebens auf unserem Planet umfassen und auch vor allem die nördliche Hemisphäre abbilden. Die Analyse ist dementsprechend auch nicht global.

Verwendete Quellen:

  • Nature Ecology & Evolution: "Species better track climate warming in the oceans than on land"
  • ScienceAlert: "Thousands of Species Are Fleeing to Earth's Poles en Masse, And a Pattern's Emerging"
JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.