Der Rotfeuerfisch erobert das Mittelmeer: Eine Studie zeigt nun, wie sich der invasive Räuber in dem sensiblen Ökosystem ausbreitet – was nicht nur für die dortige Tierwelt gefährlich werden kann.
Indischer Rotfeuerfisch ist sehr anpassungsfähig
Das Mittelmeer wird zunehmend wärmer. Davon profitieren einige Arten, die in das empfindliche Ökosystem einwandern. Besonders erfolgreich sind laut der Studie von Forschern der niederländischen Wageningen University Rotfeuerfische, konkret der Indische Rotfeuerfisch (Pterois miles). "Nach jahrelangem Studium dieser Raubfische finde ich es erstaunlich, wie leicht sie sich an so viele verschiedene Umgebungen anpassen und in Gebieten erfolgreich sein können, die sich so sehr von denen unterscheiden, in denen sie sich entwickelt haben", wird Erstautor Davide Bottacini in einer Mitteilung zitiert.
Die aus dem indopazifischen Raum stammenden Tiere sind eine Gefahr für die Ökosysteme des Mittelmeers, da sie in großem Umfang einheimische Arten fressen, darunter solche, die nur dort vorkommen. Da diese Fische nicht an die Räuber gewöhnt seien, nähmen sie in der Regel nicht Reißaus, so Bottacini. "Es ist immer wieder beeindruckend zu sehen, wie ein so extravagantes und für uns unübersehbares Raubtier sich seiner Beute unbemerkt nähern kann."
Das Mittelmeer beherberge als größtes geschlossenes Meer der Erde ein einzigartiges Ökosystem mit über 11.000 Tierarten, von denen einige nirgendwo sonst auf der Welt zu finden seien, schreiben die Forscher in der Studie. Genetische Untersuchungen hätten gezeigt, dass die invasiven Rotfeuerfische aus dem Roten Meer stammen und durch den Suezkanal ihren Weg fanden.
Invasiver Fisch verursacht Schaden im Mittelmeer
Die bis zu 45 Zentimeter langen Tropenfische mit ihrer stacheligen Rückenflosse und ihrem markanten Streifenmuster sind aufgrund ihres auffälligen Aussehens in Aquarien sehr beliebt. Als invasive Art verursachen die Fische in der Natur jedoch großen Schaden in allen Gewässern, in die sie eingewandert sind. Nach Angaben der Umweltschutzorganisation WWF fressen sie große Mengen einheimischer Fische und Krebstiere, wobei sich ihr Magen auf das bis zu 30-fache seines ursprünglichen Volumens ausdehnen kann.
Erfahrungen aus anderen Teilen der Welt zeigen, wie viel Schaden Rotfeuerfische anrichten können, so der WWF: "Auf den Bahamas wurde ein 40-prozentiger Anstieg des Rotfeuerfischbestands zwischen 2004 und 2010 mit einem 65-prozentigen Rückgang seiner Beutetierarten in Verbindung gebracht."
Die aktuelle Studie, für die das Forscherteam vorhandene wissenschaftliche Daten überprüfte, kommt zu dem Schluss, dass sich der Rotfeuerfisch vor allem im östlichen Teil des Mittelmeers etabliert habe. Dies sei auch durch eine Befragung hunderter Tauchzentren rund um das Gewässer bestätigt worden.
Die Befragung zeige zusammen mit den Daten anderer Studien aber auch, dass sich die Art weiter gen Westen und Norden ausbreite und nun auch in kälteren Gewässern beobachtet werde, von denen bisher angenommen wurde, dass sie für diese Art ungeeignet sei.
1991 sei das erste Tier im Mittelmeer an der Küste Israels gefangen worden, die nächsten Rotfeuerfische dann aber erst wieder 2012 vor dem Libanon. 2015 wurden dann mehrere Exemplare vor den Küsten der Türkei, Zyperns, Griechenlands und Italiens gemeldet, und 2016 wurden Rotfeuerfische schließlich erstmals als invasive Art bezeichnet.
Rückenflossen des Rotfeuerfisches sind stark giftig
Die genauen Auswirkungen der Invasion auf die Artenvielfalt des Mittelmeers seien bislang noch nicht hinreichend erforscht, wird in der Studie festgestellt: "Dies ist eine große Wissenslücke für Ökologen und politische Entscheidungsträger gleichermaßen." Hier seien Langzeituntersuchungen der Fischbestände nötig.
In der Studie wird auch die zentrale Rolle von Bürgerinitiativen bei der Verfolgung und Meldung von Rotfeuerfisch-Sichtungen betont – diese würden wertvolle Daten für laufende Forschungsarbeiten liefern.
Zu nahe sollte man den Tieren indes nicht kommen: In den langen Stacheln der Rückenflosse befindet sich ein sehr starkes Gift, ähnlich dem der Kobra, heißt es in einem "Lehrbuch für Sporttaucher" vom Institut für Meereskunde der Universität Hamburg. Bei einem Stich könne es zu brennenden bis hin zu unerträglichen Schmerzen im Bereich der Einstichstelle und starken Schwellungen kommen. In ernsten Fällen drohten Atembeschwerden, Kreislaufkollaps und Ohnmacht, selten komme es auch zu Todesfällen. (Alice Lanzke, dpa/sbi)
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