- Wissenschaftler befürchten, dass im Zuge des Klimawandels der Grundwasserspiegel absinkt.
- Das kann zu Wassermangel in bestimmten Gebieten führen.
- Abgesehen davon gibt es allerdings noch eine weitere Folge.
Nicht nur die Luft und die Meere werden wärmer - auch unter der Erde macht sich der Klimawandel mit steigenden Temperaturen bemerkbar. Einer Studie an bayerischen Messstellen zufolge hat sich im Freistaat das Grundwasser deutlich erwärmt.
In 20 Metern Tiefe sei das Wasser im Mittel fast ein Grad wärmer als vor 30 Jahren, berichten Wissenschaftler der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) in der Fachzeitschrift "Frontiers in Earth Science". Der Anstieg der Temperatur unter der Erde lag nur knapp unter dem der Luft.
Der Untergrund ist sehr träge
Die Forscher hatten die Temperaturen an 35 Messstationen in ganz Bayern in unterschiedlichen Tiefen mit Daten aus den 1990er Jahren verglichen. Erwärmt sich die Luft, wird mit der Zeit der Boden wärmer - und damit auch das Grundwasser.
"Der Untergrund ist im Gegensatz zur Atmosphäre allerdings sehr träge", sagte der MLU-Geowissenschaftler Peter Bayer, einer der Autoren. Er zeige eher langfristige Trends - ein guter Indikator für den Klimawandel.
Die Ergebnisse passen zu früheren Erkenntnissen anderer Forscher. Schon in den späten 1980er und frühen 1990er Jahren habe sich gezeigt, dass sich das Grundwasser auf der Schwäbischen und Fränkischen Alb erwärme, wobei das Thema Klimawandel damals erst ansatzweise diskutiert worden sei, sagte Thomas Himmelsbach, Leiter der Abteilung Grundwasser und Boden an der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR).
Dramatische Folgen der Erwärmung von Boden und Grundwasser
"Wir haben das mittlerweile weltweit im Blick", erklärte der Hydrogeologe. "Das Grundwasser ist ein Spiegelbild der mittleren Jahrestemperatur der Luft. Es gibt eine gewisse Zeitverzögerung, aber die Temperatur paust sich durch."
Vor wenigen Jahren habe die Bundesanstalt eine Studie einer abgeschlossenen und mit süßem Grundwasser gefüllten Linse auf der Nordseeinsel Langeoog durchgeführt. Dort habe sich nachweisen lassen, dass die Temperatur binnen 80 Jahren im Mittel um rund ein Grad gestiegen war.
Schon jetzt gebe es teils dramatische Folgen der Erwärmung von Boden und Grundwasser - auf Tiere und Pflanzen, aber vor allem auf den Wasserhaushalt, sagt Himmelsbach. "Die weltweit größte Auswirkung ist das Schmelzen von Gletschern und des Permafrosts."
Auf einer Wassertagung in Baku habe man sich gefragt: Warum steigt das Kaspische Meer? Warum hat die Wolga so viel Wasser? Nun zeige sich: Grund seien wohl erhöhte Zuflüsse aus dem Norden Russlands. An manchen Häfen des Kaspischen Meeres gebe es bereits Probleme wegen des Wasserspiegels.
Absinken des Grundwasserspiegels ist bisher größte Sorge
Hierzulande ist die größte Sorge bisher ein Absinken des Grundwasserspiegels infolge des Klimawandels - weil je nach Landstrich weniger Niederschläge fallen und sich deshalb die Reservoire unter der Erde nicht mehr gut füllen.
"Die neue Studie zeigt einmal mehr, wie umfassend der Klimawandel wirkt. Er verändert unseren gesamten Planeten - nicht nur außen, sondern auch innen", kommentierte Bayerns Umweltministers Thorsten Glauber (Freie Wähler) die Studie. Dass der Klimawandel das Grundwasser erwärmt, ist ein weiteres Alarmsignal." Bayern solle bis 2050 klimaneutral werden. "Wir müssen jetzt handeln."
Im Durchschnitt war das Grundwasser im Freistaat der Studie zufolge in einer Tiefe von 20 Metern fast 0,9 Grad wärmer als noch in den 1990er Jahren. In einer Tiefe von 60 Metern lag die Erwärmung bei etwa 0,3 Grad. In der gleichen Zeit stieg die durchschnittliche Lufttemperatur um 1,05 Grad Celsius. Ab etwa 15 Metern Tiefe seien kurzfristige lokale oder saisonale Schwankungen nicht mehr zu messen, hieß es dazu.
Mögliche Folgen der Wassererwärmung
Die Folgen der Wassererwärmung unter der Erde seien schwer abzuschätzen, sagte Studien-Mitautor Bayer. Eine höhere Wassertemperatur habe etwa Auswirkungen auf das Wachstum von Mikroben. Es setze unterirdische Ökosysteme unter Druck, die an sehr konstante Temperaturen angepasst seien.
Himmelsbach verwies auf Riffe vor Australien und auch die Nordsee, wo es heute Pazifische Austern gebe. "Die hätten sich wahrscheinlich dort früher nicht halten können", sagte der Hydrogeologe. "Ein Grad ist sehr viel. Flora und Fauna werden sich verändern." (ff/dpa)
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