5.200 Jahre alt ist die wohl berühmteste Mumie der Welt. Seit der Entdeckung im September 1991 in den Ötztaler Alpen an der Grenze zwischen Italien und Österreich wurde Ötzi unzählige Male untersucht.

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Seit 1998 befinden sich Ötzi, seine Kleidung und Ausrüstung im extra für ihn erbauten Südtiroler Archäologiemuseum in Bozen. Damit die Mumie nicht austrocknet, liegt sie in einer minus sechs Grad kalten Kammer mit 98 Prozent Luftfeuchtigkeit. Sie stellt die Wissenschaftler immer noch vor viele Rätsel - und andererseits gibt sie auch immer wieder Geheimnisse preis.

Die Mythen um den Steinzeitmenschen sind vielfältig. Wir zeigen, welche Erkenntnisse über ihn als gesichert gelten, worüber Forscher immer noch spekulieren und was Verschwörungstheoretiker glauben.

Wie alt war Ötzi und wie sah er aus?

Der Eismann ist für die Zeit, in der er lebte, sehr alt geworden. Er war knapp 45, als er zwischen 3.359 und 3.105 vor Christus starb. Ötzi wog 50 Kilogramm, war 1,60 Meter groß und an über 60 Stellen tätowiert. Was diese Markierungen bedeuten, konnte aber bislang noch niemand erklären.

Dafür wissen wir, wie er aussah: Er hatte braune Haare und braune Augen. Sogar seine Krankheiten konnten die Wissenschaftler herausfinden: Der Steinzeitmensch litt unter Karies, Arthritis, Gefäßverkalkung und vertrug keine Milchprodukte. Außerdem wurde er mehrfach in seinem Leben verletzt: Forscher entdeckten eine gebrochene Rippe und mehrere Narben. Seine Lunge war schwarz. Grund war der ständige Aufenthalt am rauchenden Feuer.

Rätselhaft ist immer noch, was Ötzi eigentlich tat: War er ein Händler, ein Hirte, ein Jäger oder der Chef eines Clans? Die Pollen in seinem Magen zeigen, dass der Mann in den Tagen vor seinem Tod längere Strecken zwischen verschiedenen Vegetationszonen zurücklegte. Die Pollen zeigen aber auch, dass er im Frühjahr gestorben sein muss.

Was hatte der Steinzeitmann bei sich?

Ötzi trug eine Hose und einen Mantel aus Fell, wahrscheinlich von einem Schaf. Seine Schuhe wurden nur notdürftig von einem Band zusammengehalten. Das spricht gegen die Theorie, er könnte ein Händler oder Jäger gewesen sein, denn dann wäre er viel unterwegs gewesen. Bei sich hatte er ein Beil, einen Bogen und einen Köcher. Von den 14 Pfeilen darin waren aber nur zwei einsatzbereit. Und an dem Bogen hat er offenbar noch geschnitzt.

Was hat Ötzi zuletzt gegessen?

Eine Stunde vor seinem Tod legte der Steinzeitmann noch eine Rast ein und nahm eine größere Mahlzeit zu sich. In seinem Magen fanden sich Steinbockfleisch, Äpfel und Getreidekörner. Seinen Magen haben Forscher erst 2009 entdeckt. Das Organ hatte sich in den Brustkorb verschoben, als Ötzi kurz vor seinem Tod rückwärts auf einen Stein fiel. Das Aufspüren der Speisereste stellte auch eine bis dahin für glaubwürdig gehaltene Theorie auf den Kopf: Demnach sollte Ötzi sich auf einer überhasteten Flucht vor einem Verfolger befunden haben. Das ist aber unwahrscheinlich, wenn er noch in aller Ruhe essen konnte.

Rätselhaft bleiben Funde aus Ötzis Darm. Darin befanden sich sechs Arten von Moos, die keinerlei Nährwert haben und auch nicht gut schmecken. Woher stammen sie und warum aß der Mann sie? Das wissen die Forscher nicht.

Wie starb Ötzi?

Eine Schnittwunde zwischen Daumen und Zeigefinger ist ein Indiz dafür, dass Ötzi einen Messerangriff abwehren wollte. Der soll allerdings mindestens 24 Stunden vor seinem Tod stattgefunden haben. Also wurde er doch verfolgt?

Außerdem steckte eine Pfeilspitze in Ötzis linker Schulter, sie wurde 2001 entdeckt. Getroffen wurde er von hinten. Ob dieser Pfeil ihn tötete, ist nachwievor umstritten. Manche Wissenschaftler glauben, dass der Pfeil eine Arterie aufschlitzte und der Mann verblutete.

Andere halten das für nicht plausibel und meinen, Ötzi habe zusätzlich noch einen Schlag auf den Kopf bekommen. In der Folge stürzte er mit dem Rücken auf einen Stein und starb dann an einem Schädel-Hirn-Trauma. Der Mörder drehte die Leiche um und zog den Pfeilschaft aus der Wunde. Offen ist aber auch, ob ein oder mehrere Gegner den Mann töteten - und welches Motiv sie hatten.

Zwar befand sich an keinem der Gegenstände menschliches Blut. Es wurden aber DNA-Spuren von mindestens vier Menschen gefunden. Nur ist unklar, ob es sich dabei um Menschen aus Ötzis Zeit handelte - oder ob die Spuren bei der ziemlich dilettantischen Bergung 1991 hinterlassen wurden. Der Eiszeitmann wurde mit Gewalt aus dem Gletscher in 3.200 Metern Höhe geholt, unter anderem wurde ihm dabei der Arm gebrochen.

Umstritten ist eine These, nach der Ötzi nicht an dem Ort starb, an dem er gefunden wurde, sondern dort nur Monate nach seinem Tod bestattet wurde. Die Gegenstände bei ihm wären dann Grabbeigaben. Die meisten Wissenschaftler halten diese These für wenig glaubwürdig.

Welche Verschwörungstheorien ranken sich rund um Ötzi?

Viele Fragen rund um den Mann aus dem Eis werden wohl nie geklärt werden können. Kein Wunder, dass es einige kuriose Thesen gibt. So wurde dem Bergsteiger Reinhold Messner unterstellt, eine Mumie aus Ägypten im Eis deponiert zu haben. Er war zufällig kurz nach dem Fund vor Ort.

Verschwörungstheoretiker wundern sich, dass die Leiche so gut erhalten geblieben ist. Sie könne unmöglich von Insekten und Bewegungen des Gletschers verschont geblieben sein. Das können Forscher widerlegen: Ötzi lag in einer Felsrinne und wurde dort rasch von einer Schneedecke eingeschlossen. Gleichzeitig war sie dünn genug, um Wind und Luftzug zum Körper durchzulassen, so dass er getrocknet wurde.

Und dann ist da noch der Fluch des Ötzi. Immer wieder wird Mumien eine magische und destruktive Wirkung zugeschrieben - so soll auch eine am Untergang der Titanic schuld sein. Tatsächlich gab es einige mysteriöse Todesfälle unter den Menschen, die mit Ötzis Entdeckung zu tun hatten.

Tötet Ötzi aus Rache?

Helmut Simon, der Ötzi zusammen mit seiner Frau Erika bei einer Bergtour entdeckt hatte, verunglückte 2004 tödlich in den Bergen. Ein Bergführer, der an der Suche nach ihm beteiligt war, starb an einem Herzinfarkt. Ein Mediziner, der an der Bergung der Mumie beteiligt war, hatte 1992 einen tödlichen Autounfall. Ein Bergführer, der Messner zur Fundstelle begleitet hatte, kam beim Sturz in eine Gletscherspalte um. Ein ORF-Reporter, der die Bergung gefilmt hatte, erlag 2004 einem Tumor. Ein Professor, der Ötzis Mumie untersucht hatte, starb bei einer Routineoperation. Ein Archäologe, der ein Buch über den Eismann schrieb, wurde 2005 in seiner Wohnung in Australien tot aufgefunden. Ein weiterer Gerichtsmediziner starb an Krebs.

Verschwörungstheoretiker glauben, dass sich Ötzi rächt. Weil er selbst ermordet wurde, attackiert er nun die Lebenden, die ihm zu nahe kommen...

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