Mit einer Wünschelrute kann man krankmachende Erdstrahlen, Metalle oder Wasseradern aufspüren, heißt es. Aber stimmt das, oder ist das bloß Humbug?
Metalle, Wasseradern, mysteriöse Strahlen aus der Erde und sogar Krankheiten wie Krebs: Wünschelrutengänger spüren mit ihrem Instrument Verborgenes auf, unter der Erde oder im Körper. Eine Wünschelrute ist ein Gegenstand in Ypsilon-Form. Früher war er aus einer dünnen Astgabel geformt, meist aus Haselnuss oder Weide.
Moderne Ruten haben oft einen anderen Schnitt als die klassischen, sie sind etwa gebogen wie ein L. Und sie können auch aus Draht bestehen. In diversen Online-Shops kann man sie schon für Preise um die 20 Euro erwerben.
Der Rutengänger nimmt die Rute in beide Hände, streckt diese von sich und läuft herum. Er kann mit ihr angeblich verschiedenste Dinge auffinden, die etwas ausstrahlen. Wenn die Wünschelrute etwas "erspürt", beginnt sie zu vibrieren. Es gibt Menschen, die mit dem Weide-Ast in der Hand Wasseradern entdecken können. Andere gabeln Metalle, Bodenschätze oder versteckte Gegenstände auf.
Einige Rutengänger wollen sogar Elektrosmog, Krankheiten oder vermisste Menschen finden. Das Instrument wird heute häufig auch zum Aufspüren von sogenannten Erdstrahlen eingesetzt. Diese Strahlen sollen krank machen und etwa Hautausschläge, Gicht, Rheuma, Diabetes oder sogar Krebs verursachen.
Das Erspüren von Strahlen, die mit sonstigen Messgeräten nicht erfasst werden können, wird Radiästhesie genannt. Der Begriff setzt sich zusammen aus dem lateinischen Wort radius für "Strahl" und dem griechischen aísthesis für "Empfindung". Ein anderes radiästhetisches Instrument ist das Pendel.
Allerdings kann nicht jeder einfach eine Rute in die Hand nehmen und etwas im Boden finden: Der Erfolg hängt nach Meinung der Radiästheten von der Größe der Rute, der Art der Gabelung und der Anziehungskraft der Metalle ab – und davon, ob der Rutengänger sein Handwerk beherrscht.
Wünschelruten mit Beschwörungsformeln
Woher die Idee stammt, dass Wünschelruten Kräfte besitzen, ist unbekannt. Daran glaubten die Menschen aber spätestens seit dem späten Mittelalter. Die erste Aufzeichnung stammt von einem Goslarer Bergmeister, der im Jahre 1430 Metalle aufspüren wollte. Erhalten geblieben sind auch einige Anleitungen aus dem 15. Jahrhundert zur Herstellung und Verwendung von Wünschelruten. Ergänzend gab es Beschwörungsformeln, die der Nutzer beim Gehen sprechen musste.
Doch wissenschaftlich bewiesen werden konnte die übersinnliche Wirkung von Wünschelruten nie. Es gab dazu zahlreiche Experimente, zum Beispiel von der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP). Dabei versuchten 30 Rutengänger in mehreren Runden, Gegenstände aufzuspüren, etwa einen mit Wasser gefüllten Eimer unter vielen leeren. Sie hatten sich freiwillig gemeldet und erklärt, dass die Versuchsanordnung fair sei. Sie alle rechneten damit, etwas zu finden.
Doch Erfolg hatten sie nur selten. Die Trefferquote war laut GWUP geringer als bei einem Zufallsgenerator. Die Gesellschaft verspricht eine Prämie von 10.000 Euro für denjenigen, der nachweisen kann, dass er übersinnliche Fähigkeiten besitzt, etwa mit einer Wünschelrute. Die James Randi Educational Foundation in den USA vergibt dafür sogar ein Preisgeld von einer Million Dollar – bislang hat es sich allerdings noch niemand verdienen können.
Warum schlägt die Rute aus?
Aber trotzdem schlagen die Wünschelruten in der Hand des Trägers plötzlich aus. Wie kann das sein? Auslöser sind nach Ansicht der Forscher kleine, unbewusste Muskelbewegungen. Dieses Phänomen wird "Carpenter-Effekt" genannt: Allein die Vorstellung einer Bewegung führt zu Impulsen in genau den Muskeln, die man nutzen würde, um die Bewegung auszuführen.
Eine Rolle spielt auch das sogenannte Kohnstamm-Phänomen: Ein kleines, krampfartiges Zucken lässt die Rute ausschlagen. Es entsteht, wenn Muskeln nach längerer und intensiver Anspannung wieder entspannt werden – meist mit einer Verzögerung von einigen Sekunden.
Auch sonst haben Wissenschaftler starke Zweifel an dem, was Rutengänger erkennen wollen. Dass sich mit diesem Instrument etwa Krankheiten diagnostizieren lassen, konnte noch keine Studie beweisen. In der Alternativmedizin werden dennoch mitunter Einhandruten eingesetzt, die genau das können sollen.
Sie heißen auch "Energiesensoren" und besitzen einen Handgriff, der oft aus Bergkristall oder Kork besteht. Diese Rute wird am Körper eines Menschen entlanggeführt. Schlägt sie an einer Stelle aus, soll sich dort "negative Energie" befinden, also eine Krankheit oder anderweitige Störung.
Der Mythos der Wasseradern und Erdstrahlen
Und was ist mit dem Aufspüren von Wasseradern und Erdstrahlen? Radiästheten gehen davon aus, dass Erdstrahlung durch Wasseradern, seltsame Gitternetze oder Verwerfungen im Boden ausgelöst und von Ruten aufgespürt werden kann. Auch hier ist das Fazit der Wissenschaft eindeutig: Es existieren keine Belege für die Existenz solcher Erdstrahlen oder Gitternetze. Messgeräte konnten diese bisher nie nachweisen.
Hartnäckig hält sich auch der Mythos, dass zahlreiche Wasseradern schlechte Auswirkungen auf Menschen haben – so soll man zum Beispiel schlechter schlafen, wenn das Bett über einer solchen Ader steht. Doch Geologen meinen: Wasseradern gibt es wenn überhaupt nur sehr selten, weil das Grundwasser sich nicht in einer engen Spalte bewegt, sondern in der Fläche verteilt.
Auch die angebliche Auswirkung auf Menschen ist nicht bewiesen. Schon 1950 veröffentlichten die geologischen Landesämter der Bundesrepublik eine gemeinsame Erklärung. Demnach gebe es keinen wissenschaftlichen Beleg für einen Zusammenhang von Wünschelrutenausschlag und Bodenbeschaffenheit.
Also alles nur Lug und Betrug? Vielleicht existieren ja auch Phänomene, die die Wissenschaft nicht unbedingt erklären kann. So können manche Rutengeher nach eigener Aussage auf den Meter genau die Grundwassertiefe und die Wasserqualität bestimmen. Aber auch einige Unternehmen und Institutionen setzten schon auf die Fähigkeiten von Radiästheten. Zum Beispiel setzte die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit einen Wünschelrutengänger zur Wassersuche in Afrika und Asien ein.
Selbst Skeptiker mussten zugeben, dass er Erfolg hatte. Doch der Triumph wurde sogleich relativiert: Der Mann soll in mehr als 20 Berufsjahren eine umfassende geologische Erfahrung gesammelt haben und diese ist für seine Funde viel entscheidender als die Wünschelrute. Die Wissenschaft bleibt also dabei: Erfolge sind für sie Zufälle, Wünschelrutengehen ist nichts als Hokuspokus.
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.