Stonehenge, das Steinmonument im Südwesten Englands, fasziniert uns. Was brachte seine Erbauer dazu, die gigantischen Steine an diesem Ort zusammenzutragen? Welchen Zweck erfüllte Stonehenge einst? Zur Entstehung der mystischen Stätte haben Wissenschaftler ganz unterschiedliche Theorien.
Stonehenge gilt als das bedeutendste Megalithmonument Großbritanniens. Es besteht aus 32 Steinen, die bis zu 4,80 Meter in die Höhe ragen. Sie bilden einen äußeren Steinkreis und in dessen Inneren fünf Tore.
Jetzt ist ein neues "Henge" aufgetaucht: Es soll etwa fünfmal so groß sein wie Stonehenge und vor ungefähr 4.500 Jahren entstanden sein. Damit wäre es sogar rund 500 Jahre älter als Stonehenge. Forscher des Ludwig-Boltzmann-Instituts in Wien haben es nur drei Kilometer entfernt gefunden. Erneut stellt sich die Frage: Was brachte die Menschen in der Jungsteinzeit dazu, die Steine zu überdimensionalen Gebilden anzuordnen?
Stonehenge ist gar kein "Henge"
"Henges" gibt es ausschließlich in Großbritannien. Sie haben laut Definition einen Graben in ihrer Mitte. Da die Vertiefung im Inneren der Steinkreise ungeeignet ist für die Verteidigung, gehen Forscher davon aus, dass die Steinmonumente rituellen Zwecken dienten. Stonehenge ist streng genommen gar kein "Henge", denn sein Graben verläuft außerhalb des Walls.
Trotzdem wurden die "Henges" nach dem untypischen Stonehenge benannt. Der Name, der erst im Jahre 1932 geprägt wurde, setzt sich aus den englischen Begriffen "Stone" (Stein) und "Gallows" (Galgen) zusammen. Denn man ging davon aus, dass an dieser Stätte früher Hinrichtungen durchgeführt wurden.
Stonehenge befand sich bis zum Jahr 1918 in Privatbesitz. Sir Cecil Chubb, der Eigentümer einer psychiatrischen Anstalt, kaufte es angeblich bei einer Auktion als Geschenk für seine Frau. Die soll jedoch wenig begeistert gewesen sein von dem Präsent, und so übergab Chubb Stonehenge drei Jahre später an den britischen Staat.
Über die Jahrhunderte wurde fast die Hälfte des ursprünglichen Stonehenge abgetragen und als Baumaterial verwendet. Weil außerdem das Gerücht kursierte, der Zauberer Merlin habe Stonehenge aus Irland importiert, versprachen sich viele von dem Monument magische Kräfte. Besucher begannen, Stücke aus den Steinen zu schlagen und mit ihnen Wunden zu heilen oder Ungeziefer zu vertreiben.
Weit verbreitet ist bis heute die Annahme, dass Druiden dort ihre Rituale durchführten. Die Assoziation besteht allerdings nur, weil Stonehenge als rituelle Stätte gilt und die Druiden die einzige bekannte religiöse Gruppe im prähistorischen Großbritannien waren. Bestätigen lassen sich solche Spekulationen aber nicht.
Stonehenge und die Sterne
Aufgrund der Ausrichtung der Steine zum Mittsommer-Sonnenaufgang wird Stonehenge von vielen als Kultstätte für die Sonnenanbetung betrachtet. Der US-amerikanische Astronom Gerald Hawkins verbreitete 1963 seine Theorie, Stonehenge sei ein komplexer Computer für das Vorhersagen von Mond- und Sonnenfinsternissen. Die meisten Archäologen weisen derartige Annahmen zwar zurück. Die Unesco nahm Stonehenge 1986 allerdings in ihre Liste der Weltkulturerbestätten auf und verwies in ihrer Begründung ebenfalls auf seine - noch ungeklärte - astronomische Bedeutung.
Alfred Watkins veröffentlichte 1921 sein Werk "The Old Straight Tracks", in dem er argumentiert, Stonehenge sei auf Ley-Linien, auch Heilige Linien genannt, erbaut. In prähistorischen Zeiten seien diese Linien zur Vermessung des Landes verwendet worden. Esoteriker schlossen daraus, dass dort, wo sich die Linien kreuzen, eine besondere "Energie" entstünde.
Immer wieder stellen Forscher neue Theorien zur Bedeutung von Stonehenge auf. Erst im März 2015 mutmaßte der Brite Julian Spalding, die Steine hätten einst als Stelzen für eine runde Holzplattform gedient. Heilige seien in uralten Zeiten schließlich immer getragen worden. So sei es aus damaliger Sicht schlüssig, spirituelle Zeremonien ohne Bodenkontakt abzuhalten.
Tatsächlich wurden die "Henges" wohl für Rituale und astronomische Beobachtungen genutzt. Ihre Ausrichtung ist vermutlich rein zufällig und weist eher darauf hin, dass man sich beim Aufbau an der räumlichen Beschaffenheit orientierte.
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