Ungewöhnliche Gegenstände in einem ägyptischen Tempel: Kannten die Menschen schon im Altertum elektrisches Licht? Die Darstellung im Tempel Dendra zeigen offenbar Glühbirnen. Aber es gibt eine einfache Erklärung dafür.
In der Antike verfügten die Menschen über ein technisches Wissen, das noch heute verblüfft. Sie erbauten zum Beispiel die gewaltigen Pyramiden im heutigen Ägypten oder auch das Kolosseum in Rom. Wussten die Menschen viel mehr, als uns bewusst ist? Erbauten sie etwa die Gräber für ihre Pharaonen im Licht von elektrischen Lampen? Das würde voraussetzen, dass damals schon elektrischer Strom bekannt war.
In einem Tempel in Dendera sind einzigartige Reliefs erhalten geblieben. Der Hathortempel liegt nicht weit von den Grabanlagen von Luxor entfernt. Im Gegensatz zu anderen Bauwerken der Ägypter ragt er nur zu einem kleinen Teil aus der Erde, der Großteil ist unterirdisch angelegt. Auf Reliefs in mehreren Räumen sind Gegenstände zu sehen, die an Glühlampen erinnern: Sie sind birnenförmig und sitzen auf einer Art Lotosblüte, in denen sich eine Schlange windet. Am dünnen Ende des Kolbens wird die Schlange dünner und erscheint eher wie ein Faden, der aus dem Inneren ragt. Die Darstellungen auf verschiedenen Reliefs sind ähnlich, unterscheiden sich nur in kleinen Details. Mal schaut die Schlange etwa nach vorn, mal nach hinten.
Generatoren mit Plus- und Minuspolen?
Handelt es sich hierbei um gigantische Glühbirnen? Dann könnte die Schlange der Glühfaden sein, die Blüte wäre die Fassung, in die sie geschraubt ist. Doch das ist noch längst nicht alles. Denn unter den Kolben sind in einigen Fällen knieende Gestalten zu sehen. Sie könnten den Minus- und den Pluspol der Lampe darstellen. Es finden sich zudem weitere Hinweise auf den Darstellungen: So gibt es viereckige Gebilde, auf denen Figuren sitzen, die den Kolben stützen. Das könnten Generatoren sein. In diesem Zusammenhang würde die Schlange die elektrische Spannung symbolisieren.
Einer der Autoren, der von dieser Darstellung überzeugt ist, ist Erich von Däniken. Er glaubt, dass Außerirdische den Ägyptern moderne Technologien gebracht haben - etwa den Strom und die dazugehörigen Glühbirnen. Die Anhänger der Prä-Astronautik führen als Beweis die Hieroglypen und Texte neben den Reliefs an: Sie sollen Hinweise auf Aliens enthalten. Däniken und seine Fan-Gemeinde glauben, dass Außerirdische in der Frühzeit der Menschheit auf die Erde kamen und unsere Zivilisation beeinflussten. Sie gehen davon aus, dass der Tempel von Dendera einige Tausend Jahre vor Christus erbaut wurde.
Ihre Theorie erklärt ein weiteres Mysterium: Wie haben die Ägypter ihre Pyramiden gebaut, wenn sie dazu im Dunklen arbeiten mussten? Schließlich findet sich in keiner der Anlagen Spuren von Ruß, die aber bei der Verwendung von Öllampen und Fackeln entstanden sein müssten. Das zumindest behaupten die Anhänger der Stromtheorie.
Der Hathortempel ist viel jünger
Doch Wissenschaftler haben längst widerlegt, dass es sich bei den dargestellten Gegenständen um Glühbirnen handelt. Zum einen stimmt es nicht, dass es keinerlei Rußspuren in den Pyramiden gibt. In der Grabkammer der roten Pyramide von Daschur sind sie beispielsweise deutlich zu erkennen - und auch im Tempel von Dendera gibt es Rußspuren. Viel entscheidender ist aber, dass die Anhänger der Prä-Astronautik sich in der Zeit völlig verschätzt haben: Entstanden ist der Hathortempel laut Ägyptologen um das Jahr 30 vor Christus zur Zeit des Pharaos Ptolemäus XII., er ist damit weitaus jünger als die bekannten Pyramiden.
Archäologen haben außerdem eine einfache Erklärung für die angeblichen Glühlampen: Sie gehen davon aus, dass auf den Reliefs die Himmelsbarke des Sonnengottes Re dargestellt ist. Die Wandbilder stellen also den Sonnenaufgang in stark mythologisierter Form dar. Zu sehen ist Gott Harsomtus in Gestalt einer Schlange am Morgenhimmel, der aus dem Mutterleib der Himmelsgöttin Nut aufsteigt. Dieser Leib ist das, was viele als Darstellung von Glühbirnen interpretieren. In Wahrheit symbolisiert er die Unterwelt. Genau das wird auch auf den Inschriften erklärt. Ein Ägyptologe hat diese Anfang der 1990er-Jahre übersetzt. Sie erzählen von verschiedenen Göttern und Festen, unter anderem von einer Neumond-Feier. Darüber hinaus nehmen sie Bezug auf die aufgehende Sonne und beschreiben diesen Vorgang als kultisch-mythologischen Akt - genau passend zu den bildlichen Darstellungen.
Wären es Lampen, wäre die Darstellung im Verhältnis auch stark verzerrt: Sie sind im Vergleich zu den anderen Dingen auf den Reliefs viel zu riesig. Was auch gegen die Theorie spricht, die Ägypter hätten bereits Strom gekannt: Archäologen haben bei Ausgrabungen nie Anhaltspunkte dafür gefunden.
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