Das Catatumbo-Gewitter ist ein unheimliches und magisches Naturschauspiel: Bis zu 280 Mal pro Stunde blitzt es am Maracaibo-See in Venezuela, in bis zu 160 Nächten pro Jahr – und bis zu zehn Stunden am Stück. Wer ein Gefühl von "Weltuntergang" erfahren will, ist hier also genau richtig.
Es ist eine subtropische und paradiesische Umgebung: Am Maracaibo-See im Nordwesten Venezuelas ist es um die 30 Grad heiß, die Luftfeuchtigkeit ist hoch.
Im Dschungel fliegen Papageien und Tukane an Palmen und Orchideen vorbei, Affen klettern auf den Bäumen herum und im See leben Schildkröten und Krokodile.
Doch wenn es dunkel wird, startet ein gespenstisches Schauspiel: Dort, wo der Catatumbo-Fluss in den See mündet, beginnt es zu blitzen – und zwar bis zu zehn Stunden lang und in extrem kurzen Abständen.
Bis zu 280 Mal pro Stunde erhellt ein Blitz die Nacht. Doch noch etwas ist anders als bei normalen Gewittern: Es ist scheinbar unheimlich still, der Donner ist aus der Ferne nicht zu hören. Zudem haben die Blitze eine ungewöhnliche Farbe: Sie sind gelb-orange.
Weltweit einzigartiger Ort
Das außergewöhnliche Naturschauspiel wird auch Catatumbo-Gewitter genannt. Es beginnt meist kurz nach Beginn der Dämmerung. Nirgendwo auf der Welt blitzt es häufiger als am mit 13.200 Quadratkilometern größten See Venezuelas.
In bis zu 160 Nächten im Jahr erleuchten Blitze die Nacht. Hochgerechnet auf das ganze Jahr sind das 1,176 Millionen Blitze.
Bis zu 250 Blitzgewitter pro Quadratkilometer wurden gezählt – absoluter Weltrekord. Das war sogar dem Guinness-Buch der Rekorde einen Eintrag wert.
Die Erscheinungen haben die Menschen in der Region schon seit Hunderten von Jahren beobachtet. Sie wurden schon 1597 schriftlich erwähnt, in dem Gedicht "La Dragontea" von Lope de Vega.
Auch der deutsche Naturforscher Alexander von Humboldt beschrieb das Phänomen, er sprach von "elektrischen Explosionen". Wegen der hohen Dichte an Blitzen gilt das Schauspiel als die größte natürliche Quelle von Ozon in der Troposphäre.
Viele Beobachter sind besonders fasziniert von dem Schauspiel, weil es lautlos erscheint. Tatsächlich ist es das aber gar nicht. Man kann die Blitze auch aus großer Entfernung beobachten, etwa von der anderen Seite des Sees.
Dann ist der Donner schlicht nicht mehr zu hören, weil das Gewitter zu weit weg ist – so wie bei einem Wetterleuchten.
Auch die merkwürdige Färbung der Blitze hängt mit der Distanz der Zuschauer und den Lichtwellen in der Dämmerung zusammen.
Was passiert da eigentlich?
Manche glauben, dass Methangas in den Sümpfen um den See in großen Mengen austritt und das Wetter beeinflusst. Beweise für diese Theorie gibt es aber nicht.
Wissenschaftler sind überzeugt, dass die Region einfach besondere meteorologische Bedingungen bietet, die solche Gewitter begünstigt: Der See liegt zwischen zwei Anden-Gebirgsketten.
Die Temperaturen liegen meist deutlich über 30 Grad, zusätzlich wehen ständig warme Winde. Feuchtwarme Luftmassen bewegen sich über den See und die daneben liegenden Ebenen.
Dann treffen sie auf die Berge, sie müssen höher steigen. So bilden sich Gewitterwolken, die sich anschließend entladen müssen.
Wenn diese Voraussetzungen nicht mehr gegeben sind, tritt das Schauspiel auch nicht mehr auf: 2010 gab es eine Dürreperiode – und plötzlich über eine längere Zeit auch keine Stroboskop-Blitze mehr in den Nächten.
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