Es ist das wohl berühmteste Schwert der Geschichte: Excalibur. König Artus soll es zu unendlicher Macht und gigantischem Ruhm verholfen haben. Es inspirierte zahlreiche Mythen, Geschichten und Hollywood-Filme. Doch was ist eigentlich wahr an der Geschichte? Hat es das legendäre Excalibur tatsächlich gegeben?

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Man muss sich die Szene einfach mal bildlich vorstellen: Die stärksten Männer Englands versuchen, ein Schwert aus einem Stein zu ziehen. Sie zerren, sie reißen, sie kämpfen, sie schwitzen. Aber bei keinem bewegt sich das Schwert auch nur einen Millimeter. Da kommt ein 15-jähriger Bengel daher und zieht die Waffe aus dem Stein wie aus Butter.

Bei dem Schwert handelt es sich um die wahrscheinlich sagenumwobenste Waffe der Geschichte – das legendäre Excalibur. Nur der kommende König Britanniens sollte fähig sein, es aus dem Stein herauszuziehen. Überraschenderweise gelingt dies einem Teenager, den keiner auf der Rechnung hat, einem gewissen Artus.

Schon bald wird dieser zum Herrscher über das ganze Land und gefürchteten Feldherrn aufsteigen. Excalibur ist das Symbol für seine Stärke und Macht, eine Waffe, der man magische Kräfte nachsagt. Doch hat es den legendären König und sein magisches Schwert überhaupt jemals gegeben?

Führte Artus die Soldaten im Kampf gegen die Sachsen?

Wenn ja, dann hat der König – so legt es die Forschung nahe – um das Jahr 500 gelebt. Es ist eine Zeit der "grundlegenden Umwälzungen" auf der britischen Halbinsel, wie es der Artusforscher Jürgen Wolf von der Universität Marburg beschreibt. Die Römer haben sich gerade aus Britannien zurückgezogen.

Das herrschende Vakuum versuchen Angeln und Sachsen auszunutzen, zwei Bevölkerungsgruppen vom Kontinent, die sich das Land auf brutale Weise aneignen wollen. Da braucht es einen entschlossenen Führer, der die Briten im Kampf gegen die Invasoren anführt.

Eine der wenigen schriftlichen Quellen aus der Zeit stammt vom Geistlichen Gildas. Und tatsächlich berichtet er von erbitterten Kämpfen. Das Problem: Der Name Artus taucht in Gildas' Schriften nicht auf.

Das tut er erst gut drei Jahrhunderte später in der "Historia Brittonum" (830), einem Geschichtswerk, das dem walisischen Mönch Nennius zugeschrieben wird. Dort wird von zwölf Schlachten berichtet, an denen Artus siegreich teilgenommen haben soll.

Excalibur – Superwaffe für einen Superhelden?

So richtig Fahrt nimmt die Artusgeschichte jedoch erst durch die im Jahr 1136 veröffentlichte "Geschichte der Könige Britanniens" des Geistlichen Geoffrey von Monmouth auf. Dieser zeichnet Artus als eine Art Superhelden, der in einer einzigen Schlacht 470 Männern im Alleingang den Kopf abgeschlagen haben soll.

Für solche Heldentaten benötigt man natürlich eine spezielle Waffe. Und auch von der berichtet Geoffrey: Es ist "Caliburno", uns besser bekannt als "Excalibur".

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Heldengeschichten scheinen sich im Mittelalter großer Beliebtheit erfreut zu haben. Und Artus liefert die perfekte Heldengeschichte. Plötzlich sprießen die Bücher nur so aus dem Boden: Robert Biket, Marie de France, Chretién de Troyes – immer mehr Dichter beschäftigen sich mit dem Stoff.

In England, Frankreich und in deutschen Landen entsteht gar eine eigene literarische Gattung, der Artusroman. Der englische Herrscher startet einen neuen Siegeszug – diesmal als literarisches Phänomen.

Die Erfindung der Tafelrunde als Zeitvertreib in Friedenszeiten

Dabei tut sich jedoch ein Problem auf: Die Datenlage um Artus ist auch im Mittelalter schon recht dünn. Neue Geschichten rund um Artus müssen her. Und so fließen immer mehr Figuren und Elemente in die Artussage. Der Zauberer Merlin, Parzival, Tristan und Isolde, Camelot, die Ritter der Tafelrunde, ja sogar der Heilige Gral – es entsteht eine Art eigenes Artus-Universum.

Einige der Zutaten kennt man aus früheren Sagen, andere sind frei erfunden. Jürgen Wolf spricht in dem Zusammenhang von der "Erfindung der Tafelrunde als Zeitvertreib in Friedenszeiten".

Auch Excalibur gehört zu den neuen Elementen, die der Geschichte etwas mehr Würze verleihen sollen. In einigen Versionen erhält Artus das magische Schwert durch die Dame vom See. In anderen handelt es sich bei dem Schwert, das der junge Artus aus dem Felsen zieht, bereits um Excalibur (ursprünglich steckt es in einem Amboss, der jedoch mit der Zeit verloren ging). Der Ursprung der Idee könnte jedoch in der Toskana zu finden sein, in der Kapelle von San Galgano.

Stammt die Legende von Excalibur aus der Toskana?

Der Sage nach soll sich dort ein Adliger namens Galgano Guidotti niedergelassen haben, um ein gottgefälliges Leben zu führen. Als Beweis dafür, dass er mit der materiellen Welt abgeschlossen hatte, rammte er sein Schwert in einen Felsen. Bis zum heutigen Tag konnte es niemand mehr herausziehen.

Das Schwert ist heute tatsächlich noch zu besichtigen. Weil sich allzu viele Besucher daran versuchen, es herauszuziehen, jedoch nur hinter Plexiglas. Auffällig ist die Entstehungszeit der Legende, nämlich kurz bevor dasselbe Motiv in den Artusgeschichten auftaucht.

Das Motiv der Klinge in einem Stein ist jedoch noch älter. Es lässt sich zum Beispiel bei den Sarmaten finden. Dieses iranische Reitervolk diente den Römern in Britannien und verehrte im Boden steckende Schwerter.

Ist die Geschichte um König Artus also nur eine wilde Mischung aus wenigen Fakten, vielen Halbwahrheiten und noch mehr Fantasie?

Forscher sehen König Artus als literarische Schöpfung

Der britische Archäologe Miles Russell sieht in Artus eine Zusammensetzung mehrerer historischer Figuren. In einer Studie für die Bournemouth University hat er sogar den prozentualen Anteil der realen Vorbilder errechnet.

"Artus ist eine literarische Schöpfung, ein romantischer Held, der das Ideal des Königtums verkörpert, keine reale historische Figur" - so wiederum sieht es die Anthropologin Alice Roberts in einer BBC-Dokumentation.

Und das legendäre Excalibur? Es gibt noch eine weitere Möglichkeit, sich dem Phänomen zu nähern. Der Name Excalibur leitet sich vom walisischen "Caledfwlch” her, Cornish "Calesvol” oder Bretonisch "Kaledvoulc’h".

Und bereits in uralten irischen Legenden begegnet man dem Schwert "Caladbolg". Geoffrey of Monmouth übertrug den Namen ins Lateinische. So entstand "Caliburnus" oder "Caliburn”. In französischen Übertragungen wurde daraus "Escalibor" und schließlich "Excalibur".

Neue Theorien: Excalibur nicht von dieser Welt?

Geoffrey bezeichnet es in seinem Text als "Gladio optimo", also "das beste Schwert". Vielleicht verfügte der Anführer der britischen Heerscharen – wer immer das auch war – ganz einfach über das beste Kriegsgerät? Es wäre eine einfache und naheliegende Erklärung für die Macht des Schwertes.

Eine weitere Theorie besagt, dass ein simpler Übersetzungsfehler den Mythos von Excalibur begründete. Demnach könnte das Schwert nicht "aus einem Stein" (ex Saxo), sondern "von einem Sachsen" (ex Saxone) kommen.

Dafür spräche eine alte jütische Sage, nach der ein sächsischer Krieger sein Wunderschwert an einen großen englischen König verliert. Die Forschung geht davon aus, dass dessen Klinge aus Meteoriteneisen bestand.

Damit wäre Excalibur vielleicht doch nicht von dieser Welt.

Verwendete Quellen:

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