- Bram Stokers berühmter Schauerroman "Dracula" von 1897 prägt bis heute unser Bild von Vampiren.
- Historisches Vorbild für Dracula war der rumänische Fürst Vlad III. Drăculea im 15. Jahrhundert, dem viele Grausamkeiten nachgesagt wurden.
- Manches davon dürfte die Folge einer politischen Schmähkampagne sein.
Dass Dracula aus Transsylvanien kam – im Deutschen spricht man üblicherweise von Siebenbürgen – ist heute Grundwissen. Anders als die heute bekannte Buchfigur lebte der echte Dracula zwar auch in Rumänien, jedoch in einer anderen Region: Vlad III. Drăculea war Woiwode (Fürst) der Walachei.
Er lebte in einer politisch schweren Zeit, nämlich während der Türkenkriege des 15. Jahrhunderts: Damals beherrschten die Osmanen große Teile Südosteuropas. Rumänien grenzte unmittelbar an deren Machtbereich an. Die Walachei war zu dieser Zeit wirtschaftlich bedeutend, vor allem wegen des Erzhandels für die Rüstungsproduktion.
Vlad und die Osmanen: Kämpfe um die Walachei
Vlads Vater, Vlad II. Dracul, hatte sich damals dem Sultan unterwerfen müssen, seine beiden Söhne Vlad und Radu kamen als Geiseln an den osmanischen Hof. So sollte dafür gesorgt werden, dass sie als zukünftige Herrscher eine den Osmanen freundlich gesinnte Politik betreiben würden.
Nach dem Tod des Vaters wurde Vlad 1448 zum neuen Woiwoden, verlor den Thron jedoch bald wieder und musste ins Exil. Als er 1456 seine Herrschaft zurückgewonnen hatte, ordnete er die Walachei neu und schuf eine straffe Zentralgewalt. Viele Adelige, die ihm gefährlich erschienen, ließ er ermorden, auch gesellschaftliche Randgruppen fielen seiner Politik zum Opfer.
1460 weigerte sich Vlad, dem Sultan die fälligen Tribute zu zahlen und provozierte damit einen Krieg, der den Türken große Verluste zufügte. Allerdings wurde die Hauptstadt seines Reiches eingenommen und Vlads Bruder Radu als neuer, dem Sultan ergebener Herrscher eingesetzt. Vlad selbst blieb zwölf Jahre am ungarischen Hof im Exil. Seine Stunde schlug, als schließlich beschlossen wurde, den Osmanen die Walachei wieder zu entreißen. 1476 bestieg er als siegreicher Feldherr zum dritten Mal den Thron, konnte aber nicht mehr lange regieren, da er im Jahr darauf auf dem Schlachtfeld den Tod fand. Sein Kopf wurde, in Honig konserviert, dem Sultan übergeben.
Pfählungen beim lebendigen Leib: Sadismus oder notwendige Grausamkeit?
Seinen Beinamen "Ţepeş" (Pfähler) erhielt Vlad im 16. Jahrhundert – er bezieht sich auf die von ihm vorgenommenen Pfählungen seiner Gegner bei lebendigem Leib. Diese grausame Praktik war zu jener Zeit nicht außergewöhnlich, sondern eine weit verbreitete Hinrichtungsmethode, deren Anwendung von vielen Herrschern überliefert ist.
Was die Bewertung seiner Person betrifft, gehen die Sichtweisen weit auseinander: Gerüchte über seine Grausamkeit gab es bereits zu Lebzeiten. Möglicherweise entstanden sie am ungarischen Königshof, da Vlad für den ungarischen König einen unliebsamen Konkurrenten darstellte.
Nach Vlads Tod setzen sich diese Erzählungen fort. Neben Pfählungen soll er sich an einer ganzen Reihe von Folter- und Tötungsarten ergötzt haben: Er soll etwa Menschen gezwungen haben, das Fleisch ihrer ermordeten Angehörigen zu verspeisen, nach Schlachten habe er vom Blut der Toten getrunken. Eine berühmte Darstellung um das Jahr 1500 zeigt Vlad an einem Tisch speisend, während neben ihm Tote zerhackt und gebraten werden. Solche Bilder prägten vor allem die Sichtweise in Deutschland, wo Vlads Taten als willkürlich und maßlos grausam gesehen wurden.
In Rumänien hielt sich jedoch ein anderes Bild des Fürsten: Dort wurde vor allem betont, dass er versuchte, die Ordnung im Land aufrechtzuerhalten und es gegen ausländische Mächte zu verteidigen. Nach der rumänischen Einigung im 19. Jahrhundert galt er daher als große rumänische Herrschergestalt.
Man schrieb ihm auch zu, bereits den Gedanken einer rumänischen Einheit vertreten zu haben. Dieses Bild wurde besonders unter der Diktatur von Nicolae Ceauşescu gefördert und ist auch nach dem Ende der kommunistischen Herrschaft noch verbreitet.
Wie aus einer historischen Gestalt ein Vampir wurde
Ein dauerhaftes Denkmal wurde Vlad jedoch durch Bram Stokers Roman "Dracula" von 1897 gesetzt, der den Namen "Dracula" bis heute in der Populärkultur verankerte. Stoker nutzte den walachischen Fürsten als Vorbild für seinen Vampir, der auf einem alten Schloss in Siebenbürgen lebt und in London sein Unwesen treibt, bis er schließlich einen Pfahl ins Herz geschlagen bekommt und zu Staub zerfällt.
Diese Verbindung des historischen Herrschers mit dem Vampirismus wurde erst durch Stoker geschaffen. Vermutlich inspirierte ihn ein Buch zur rumänischen Geschichte, in dem "Dracul" fälschlicherweise mit "Teufel" übersetzt wurde. Stoker war mit Vlads Leben vertraut, wich im Roman jedoch von der Geschichte ab. Außerdem zeichnete er bewusst ein recht negatives Bild von Osteuropa als rückständiges und gefährliches Gebiet – eine fragwürdige Tradition, die sich bis heute erhalten hat. Dabei war Osteuropa anfangs gar nicht als Handlungsort vorgesehen: Der erste Entwurf des Romans spielte noch in der Steiermark, wo der Protagonist auf das Grabmal einer Vampirin stößt.
Das Grabmal des historischen Dracula befindet sich der Überlieferung nach im Kloster Snagov nahe Bukarest. Als Forscher das Grab in den 1930er Jahren öffneten, stellten sie zur ihrer Überraschung jedoch fest, dass es leer war …
Verwendete Quellen:
- Heiko Haumann: Dracula. Leben und Legende, Verlag C. H. Beck, München 2011.
- Ralf-Peter Märtin: Dracula. Das Leben des Fürsten Vlad Ţepeş, Fischer Taschenbuch, überarbeitete Neuausgabe, Frankfurt am Main 2016.
- Alexander Thoele: Vom Nationalhelden zum Internet-Vampir (Interview mit Heiko Haumann), swissinfo.ch vom 14. Juni 2013
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