Uli Hoeneß kommt hinter Gittern: Der zurückgetretene Präsident des FC Bayern München hat in einer persönlichen Erklärung das Urteil im Steuerhinterziehungsprozess gegen ihn akzeptiert. Damit muss Hoeneß nach Inkrafttreten des Urteils eine Haftstrafe von drei Jahren und sechs Monaten antreten. Wie wird sein Alltag im Gefängnis aussehen?

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Nach einem aufreibenden Jahr und seinem Steuerprozess muss sich Uli Hoeneß bald auf seine bevorstehende Haftstrafe vorbereiten. Der Termin zum Strafeintritt steht noch nicht fest. Diesen wird ihm die zuständige Justizvollzugsanstalt (JVA) nennen. Welche das sein wird, ist noch unklar.

Wahrscheinlich ist es jedoch die JVA Landsberg am Lech. Hierhin kommen vor allem Verurteilte aus Südbayern, die bisher noch keine oder nur eine sehr geringe Haftstrafe verbüßt haben. Darunter sind Mörder, wie der Kraillinger Doppelmörder Thomas S., und Sexualstraftäter, aber auch Wirtschaftskriminelle wie Hoeneß.

"Es ist nicht ausgeschlossen, dass Herr Hoeneß in eine andere Justizvollzugsanstalt kommt", sagt Harald Eichinger, der stellvertretende Anstaltsleiter von Landsberg. Ein Kriterium sei zum Beispiel die medizinische Versorgung, die nicht überall für mögliche Vorerkrankungen ausgerüstet sei.

Die dunkle Geschichte der JVA Landsberg am Lech

Das 1910 eröffnete Gefängnis ist in Deutschland berüchtigt. Anton Graf von Arco auf Valley, der Mörder des bayerischen Ministerpräsidenten Kurt Eisner 1919, wurde in Landsberg am Lech eingesperrt. Adolf Hitler folgte 1923 nach seinem gescheiterten Putsch. In der Haft schrieb er "Mein Kampf", weswegen die Festung im Dritten Reich zum NS-Wallfahrtsort wurde.

Nach dem Zweiten Weltkrieg nutzten die US-Amerikaner das Gefängnis für Kriegsverbrecher. Hunderte hohe Nazi-Funktionäre und Holocaust-Organisatoren wurden in Landsberg hingerichtet. Nach der Umwandlung in eine JVA wurden hier prominente Verurteilte beherbergt wie der Oetker-Entführer Dieter Zlof oder der Unternehmer Karl-Heinz Wildmoser jr., dessen Vater Präsident von Bayerns Lokalrivalen 1860 München war.

Kein "Promibonus" für Uli Hoeneß

Einige Monate muss der Ex-Bayern-Präsident mindestens absitzen, bevor er auf Lockerungen der Haftbedingungen hoffen darf. Auch wenn er sicher einer der berühmtesten Häftlinge in Deutschland werden wird, darf Hoeneß keine Sonderbehandlung erwarten. "Im Gefängnis gibt es keinen Promibonus", bekräftigt der Vorsitzende des Vollzugsbeamtenbundes Anton Bachl im dpa-Interview. Der Fußballfunktionär werde behandelt wie jeder andere Häftling auch.

"Es ist auch möglich, dass Herr Hoeneß Tür an Tür mit Gewaltverbrechern leben muss, oder mit ihnen gemeinsam in einer Zelle sitzt", meint Bachl. Im Gefängnis wird nicht nach Delikten getrennt, einen Anspruch auf eine Einzelzelle hat der 61-Jährige nicht.

Auch auf viele Spiele seines geliebten FC Bayern muss er verzichten, selbst vor dem Fernseher. Pay-TV könne grundsätzlich in bayerischen Justizvollzugsanstalten nicht empfangen werden, teilte das bayerische Justizministerium auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa mit. Damit kann der frühere FCB-Präsident nur noch Fußballpartien im frei empfangbaren Fernsehen verfolgen. Ein eigenes TV-Gerät darf er aber nutzen, wenn es die sicherheitstechnischen Vorlagen erfüllt. Teure Uhren oder Schmuck muss er aber zu Hause lassen.

Ein Leben im Luxus wird der Aufenthalt für den Unternehmer nicht. In den kargen Zellen steht nur ein Bett, ein Schrank, ein Tisch und ein Stuhl. Eine eigene Dusche gibt es für ihn nicht, sondern nur Gemeinschaftsduschen auf dem Flur. Außerdem muss er Gefängniskleidung tragen.

Der Alltag in Haft ist recht eintönig. Gegen 6 Uhr müssen die Gefangenen aufstehen. Nach dem Frühstück beginnt für alle gesunden Insassen unter 65 Jahren die Arbeit, pro Woche 40 Stunden. Meist handelt es sich um handwerkliche Tätigkeiten, die nach Eignung der Häftlinge vergeben werden. Als Wurstfabrikant könnte Hoeneß zum Beispiel in der Hausmetzgerei oder Küche arbeiten. Um 19.30 Uhr werden die Häftlinge wieder in ihre Zellen eingeschlossen.

Angenehm dürfte die Haft für den ehemaligen Bayern-Präsidenten nicht werden: Der Münchner Klatschreporter Michael Graeter ("Baby Schimmerlos") saß 2008 in Landsberg ein und berichtete später, wie er sich dort gefühlt hatte: "Ich war lebend tot."

Möglichkeit für offenen Vollzug

Bei guter Führung kann Hoeneß nach einigen Monaten einen Antrag auf offenen Vollzug stellen. Dafür muss er einen Arbeitsplatz nachweisen können. Der wird sich wohl bei seinem Verein finden lassen. Als Freigänger muss er nur noch die Nächte und Wochenenden im Gefängnis verbringen. Champions-League-Abende im Stadion sind aber weiterhin ausgeschlossen.

Auch eine Verkürzung der Haftstrafe ist auf Bewährung möglich. "Das Gesetz sieht die Möglichkeit vor, entweder nach der Hälfte oder zwei Drittel der Verbüßung der Zeit den Rest der Strafe zu erlassen. In Bayern ist eher der Zwei-Drittel-Erlass üblich", erklärt der Münchner Rechtsanwalt Rainer Spatscheck. Im Fall von Hoeneß wäre dies nach zwei Jahren und vier Monaten.

Strafrechtlich wäre die Steuerhinterziehung damit verbüßt. "Es kann sich nur noch die Höhe der Steuerschuld ändern", sagt Spatscheck. Die endgültige Summe, die Hoeneß an die öffentlichen Kassen zu bezahlen hat, steht noch nicht fest.

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