Wieder einmal läuft Griechenland die Zeit davon, wieder einmal muss sich die Regierung dringend mit den anderen EU-Ländern einigen, um einen Grexit abzuwenden. Aber wie stehen die übrigen EU-Staaten momentan zu Griechenland?
Finnland
Wohl in kaum einem anderen Staat ist der Widerstand gegen eine Beteiligung am Euro-Rettungsschirm so heftig wie in Finnland. Deshalb hat das Land einen besonderen und in der Eurozone einzigartigen Deal mit dem Schuldenstaat: Für die Zustimmung des finnischen Parlamentes legt Griechenland Geld in Finnland an, das in der Summe mit dem Beitrag Finnlands am Rettungsschirm vergleichbar ist. Dieses liegt auf einem finnischen Staatskonto und wird in möglichst risikoarme Geldanlagen investiert. Der Clou: Zahlt Griechenland seine Schulden zurück, bekommt es das angelegte Geld samt Zinsen zurück. Und sollte es dazu nicht kommen, hat Finnland immerhin keinen Verlust. "Wir sind froh, dass wir das Pfand haben", sagt Finanzministerin Antti Rinne kürzlich in einem Interview mit der FAZ. In dem Gespräch bezifferte er das auf das Treuhandkonto eingegangene Geld auf inzwischen 930 Millionen Euro.
Slowakei
Auch die osteuropäischen EU-Länder stehen den Schulden Griechenlands kritisch gegenüber – mehr noch als manch westlicher Mitgliedsstaat. Der slowakische Ministerpräsident Robert Fico beispielsweise betonte kürzlich in einem Zeitungsinterview nochmals die slowakische Haltung, dass Europa in der Auseinandersetzung mit Athen zur Schuldenzahlung hart bleiben müsse. "Den Leuten zu erklären, dass wir Geld an die Griechen zahlen müssen für ihre Gehälter und Renten, ist unmöglich", sagte der Regierungschef. "Warum sollten die Slowaken Teile der Schulden bezahlen?"
Slowenien
Bezogen auf die Wirtschaftsleistung trägt Slowenien die größte Last bei der Griechenland-Hilfe: Das kleine Land haftet mit vier Prozent des Bruttoinlandsprodukts stärker als jedes andere Land der Euro-Zone. Und das, obwohl es selbst erst durch große Reformprogramme gehen musste, bevor es den Euro einführen durfte. Der Lohn für die Mühen: Seit 2007 ist Slowenien ohne Hilfsgelder durch die Bankenkrise gekommen, das Verständnis für den Schuldenstaat daher gering.
Die baltischen Staaten
Große Vorbehalte gegen die griechische Haltung gibt es auch in den baltischen Staaten. Estland beispielsweise hatte, betroffen von der Eurokrise, selbst zu drastischen Maßnahmen gegriffen: Die Regierung kürzte die Gehälter im öffentlichen Dienst und entließ Personal. Und obwohl die Arbeitslosigkeit heute höher als vor der Krise und die Wirtschaftsleistung insgesamt niedriger ist, ist das Land auf dem Weg zur Gesundung. Daher: Kaum Verständnis dafür, dass Griechenland nun erneut mehr Zeit für seine Reformen bekommen soll.
Spanien
Warum sollen die Griechen einen Teil ihrer Schulden erlassen bekommen, während man selbst zum Sparen gezwungen wird, fragen sich auch die Spanier. Nach Deutschland, Frankreich und Italien ist das Land mit 24,7 Milliarden Euro der viertgrößte öffentliche Gläubiger Griechenlands. 2012 hatte das Land selbst insgesamt 40 Milliarden Euro an Hilfen bekommen und die nach dem Zusammenbruch des Immobilienbooms angehäuften Schulden mit einem rigorosen Sparprogramm bekämpft. Mit Erfolg: Für 2015 erwartet das IWF für Spanien ein Wirtschaftswachstum von 2,5 Prozent und dass das Land damit hoffentlich über den Berg ist.
Portugal
Besonders verärgert schauen die Portugiesen nach Griechenland, nicht nur wegen der 1,1 Milliarden Euro, die ihnen die Hellenen noch schulden. Vielmehr geht es auch Portugal um Gerechtigkeit. Schließlich haben sie anders als die Griechen in den vergangenen Jahren alle Auflagen der Troika gewissenhaft erfüllt: Unter anderem durch eine Kürzung der öffentlichen Ausgaben, die Privatisierung der Staatsfirmen und einer Lockerung des Kündigungsschutzes. Mit Erfolg: 2014 ist das ärmste Land Westeuropas erstmals nach drei Rezessionsjahren in Folge wirtschaftlich wieder leicht gewachsen.
Irland
Irland, einst ebenfalls Schuldenstaat und nach Griechenland das zweite Land, das auf Hilfskredite angewiesen war, gehört inzwischen zu den am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften in ganz Europa. Dem Land verleiht das neues Selbstbewusstsein, selbst eine internationale Konferenz, um die Schulden Griechenlands und anderer Länder zu verhandeln, halte man laut der stellvertretenden Regierungschefin Joan Burton nicht für abwegig.
Italien
Italien steht zwar selbst unter erheblichen Druck durch Berlin und Brüssel, ist aber auch an den Krediten für Athen beteiligt. Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi fährt daher eine Doppelstrategie: Einerseits fordert er gemeinsam mit Frankreich eine "flexiblere" Auslegung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes und wehrt sich gegen die strikten Sparvorgaben der EU. Andererseits verabschiedete Italien Ende 2014 eine Reform des Arbeitsmarktes, die den rigiden Kündigungsschutz aufweichen soll.
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