In ihrer zweiten Regiearbeit widmet sich Angelina Jolie dem Leben des US-Spitzensportlers und Kriegsgefangenen Louis Zamperini. "Unbroken" ist eine wahre Geschichte - und Jolie legt viel Wert darauf, die Gräuel des Krieges möglichst detailliert darzustellen. Dabei vergisst sie allerdings, dass es neben der Gewalt auch um menschliche Aspekte geht.
Der junge Louis Zamperini (C. J. Valleroy) kann nicht viel. Aber er kann rennen wie kein Zweiter. Ein ziemlich nützliches Talent: Denn wenn der minderjährige Taugenichts mal wieder dabei erwischt wird, wie er heimlich Alkohol trinkt oder jungen Frauen unter die Röcke linst, dann müssen ihn die anderen erst mal einholen. Würde er weiter so auf der schiefen Bahn balancieren, würde er wohl direkt in eine Erziehungsanstalt wandern. Aber sein Bruder Pete (John D'Leo) hat andere Pläne. Er nimmt Louis unter seine Fittiche und trainiert ihn so lange, bis er erst Spitzensportler seiner Schule ist und schließlich an den olympischen Spielen teilnimmt. Wenn Louis doch wieder anfängt, an sich und seinen Fähigkeiten zu zweifeln, betet sein Bruder Durchhalteparolen herunter. Immer und immer und immer wieder.
Vielen Filmen würde diese Kombination aus Familien- und Sportlerdrama vollkommen reichen. Für "Unbroken", die wahre Geschichte des US-Sportlers Louis Zamperini, ist es nur die Basis dessen, was eigentlich erzählt werden soll. Schließlich hat Zamperini ein Leben geführt, auf das die Bezeichnung "larger than life" zu 100 Prozent zutrifft. Und das angefüllt ist mit unglaublichen Schicksalsschlägen. Denn wenige Jahre nach seinem sportlichen Höhenflug bricht der Zweite Weltkrieg los. Und die Hölle beginnt.
Von den Haien in die Kriegsgefangenschaft
Zamperini, im Erwachsenenalter dargestellt von Jack O'Connell, ist mittlerweile bei den United States Army Air Forces und fliegt Angriffe gegen die Japaner. Bei einer Rettungsaktion stürzt sein Flieger mitten über dem Pazifik ab. 47 Tage treibt er in einem Schlauchboot im haiverseuchten Meer. Gerettet wird er ausgerechnet von einem feindlichen Patrouillenboot, so dass er vom Regen in die Traufe, sprich: in Gefangenschaft gerät.
Mehr als zwei Jahre verbringt Zamperini in japanischen Gefangenenlagern. Der sadistische Aufseher macht ihn zu seinem persönlichen Prügelknaben und schikaniert und erniedrigt ihn, wo er nur kann. Jeder andere hätte früher oder später aufgegeben. Zamperini aber klammert sich an das, was ihm sein Bruder beigebracht hat: Niemals aufgeben. Sich nicht brechen lassen. Auch wenn der Schmerz noch so groß ist.
Die Botschaft, die
Was ihn dabei antreibt, bleibt letztendlich unklar. Denn während Zamperinis äußeres Leiden gnadenlos perfekt inszeniert ist, wird sein Innenleben kaum beleuchtet. Man kann ihn nicht greifen, kann nicht mit ihm fühlen und betrachtet das Geschehen viel zu oft mit emotionsloser Distanz. Schade ist das vor allen Dingen insofern, weil Jolie in technischer und visueller Hinsicht ein streckenweise recht beeindruckendes Werk geschaffen hat. Insbesondere die klaustrophobische Anfangssequenz und die Episode auf offenem Meer brennen sich ins Gedächtnis. Zamperini hingegen speichert man lediglich als Posterboy für übermenschlichen Schmerz ab, der selbst in den qualvollsten Foltermomenten nicht nur auf sein Durchhaltevermögen, sondern auch auf seine perfekt sitzende Frisur vertrauen kann.
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