Einmal geht noch: Liam Neeson spielt zum dritten Mal Bryan Mills, seines Zeichens alternder Ex-Agent, liebender Vater und gnadenlose Killermaschine. "96 Hours – Taken 3" soll der endgültig letzte Teil der Guilty-Pleasure-Actionreihe sein. Ist auch besser so. Denn nicht nur dem Franchise geht die Luft aus.

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Der Ruhestand ist auch nicht mehr das, was er mal war. Zumindest, wenn man Bryan Mills (Liam Neeson) heißt. Kaum, dass sich der Ex-Agent vorzeitig aus dem aktiven Dienst zurückgezogen hatte, ging es bei ihm los mit dem Familienärger. Erst wurde seine damals 17-jährige Tochter (Maggie Grace) in Paris von einem albanischen Menschenhändlerring entführt und musste innerhalb von 96 Stunden von ihm gerettet werden. Dann wurden Mills und seine Ex-Frau Lenore (Famke Janssen) von der Sippschaft der getöteten Menschenhändler entführt und durch halb Istanbul gejagt. Schon zweimal musste Mills töten, was das Zeug hält. Aber das war schon ok so, schließlich hat Mills ein paar ganz besonders ausgeprägte Fähigkeiten, die er sich in einer langen Karriere in der Unterwelt zugelegt hat: Er findet Menschen. Und er tötet Menschen – vorausgesetzt, sie haben es nicht anders verdient. Was meistens der Fall ist.

Aber all das scheint jetzt endgültig der Vergangenheit anzugehören. Mills Tochter Grace geht aufs College und führt eine glückliche Beziehung. Die Beziehung seiner Ex-Frau Lenore ist hingegen nicht mehr allzu glücklich, was dazu führt, dass Mills und Lenore sich wieder näher kommen. Alles könnte so schön sein, hier im sonnigen Los Angeles, fernab der europäischen Metropolen, die nur so überquellen vor brutalen Klischeegangstern, die nichts anderes zu tun haben, als ehrbare Amerikaner zu entführen. Dummerweise gibt es auch in Los Angeles Klischeegangster. Und die finden das Mills'sche Familienidyll alles andere als erhaltenswert.

Dementsprechend schnell ist es vorbei mit der wohlverdienten Vorruhestands-Ruhe. Wieder hetzt Mills durch eine Großstadt, wieder hat er eine Armada bewaffneter Jungs im Nacken: Allerdings sind es diesmal keine Gangster, sondern Polizisten. Denn Mills wurde ein Mord angehängt. Also hat er gleich mehrere Aufgaben zu erledigen: Er muss den Cops entkommen, er muss die wahren Täter finden und er muss sie umbringen. Denn das Mordopfer war Mills Ex-Frau. Und seine Rache wird fürchterlich sein. Wie immer.

Dass auch der dritte Teil der "96 Hours – Taken"-Reihe einer vorgegebenen Dramaturgie folgt, dürfte kaum jemanden verwundern. Denn nach dem Überraschungserfolg des ersten und dem noch größeren Erfolg des zweiten Teils wäre Produzent und Drehbuchautor Luc Besson schön dumm, wenn er diese Formel im angeblich letzten Teil aufgeben würde. Also lässt er seinen Star Liam Neeson auch im stolzen Alter von 62 Jahren noch immer durch die Gegend rennen und innerhalb kürzester Zeit knifflige, um nicht zu sagen: kaum nachvollziehbare Verbrechen lösen. Und das macht er effektiv wie immer. Wo der Körper nicht mehr mitmacht, greift die technische Trickkiste: Kampfszenen werden mit hektischer Wackelkamera und jeder Menge Nahaufnahmen inszeniert, so dass man kaum kapiert, wer jetzt wem die Halsschlagader zerquetscht und sämtliche Knochen zertrümmert. Hauptsache, am Ende sind alle außer Neeson respektive Bryan Mills tot.

Treue Mills-Anhänger sollte das eigentlich zufriedenstellen. Weniger erfreut dürften sie davon sein, dass ausgerechnet das letzte Abenteuer des Ex-Agenten vergleichsweise actionarm daher kommt. Dafür werden umso mehr Familienangelegenheiten beredet, es gibt konspirative Treffen zwischen Mills und seiner Tochter und grüblerische Momente des Chef-Inspektors (Forest Whitaker). Und während er so grübelt, fängt man selbst das Grübeln an und denkt sich: Mann, ist das alles unlogisch.

Der große zufriedenstellende Knall, den man sich für diese testosterongetriebene Guilty-Pleasure-Actionreihe gewünscht hätte, bleibt also aus. Und man wünscht Bryan Mills, dass nun bitte endlich Ruhe einkehrt in seinem Leben. Und dass er nicht mehr durch die Gegend hetzen muss. Denn irgendwann reicht's dann halt auch.

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