20 Jahre Techno sind genug. Rick J. Jordan, Gründungsmitglied von Scooter, hat die Band verlassen. Doch der Ex-Keyboarder der erfolgreichsten deutschen Technoband geht nicht im Groll. Jordan will sich neuen Projekten abseits des Techno widmen.
Rick, Du warst über 20 Jahre lang Mitglied bei Scooter. Weißt Du inzwischen, wie viel der Fisch kostet?
Rick J. Jordan: Wenn wir das wüssten, würden wir die Frage nicht mehr stellen. (lacht)
Aber wie seid Ihr auf die Idee gekommen?
Den Spruch haben wir aus einer Produktion aus der Mitte der 80er entliehen von der Gruppe "Stump". Das war eine Experimental-Rockband. Im Song "A Fierce Pancake" hat sich die Band über amerikanische Touristen aufgeregt, die in London völlig planlos durch die Gegend spazieren und völlig profane Sachen fragen. Wie zum Beispiel: 'How much is the fish?' Oder: 'Does the fish have chips?' Wo man sich denkt, das ist erstens scheißegal und zweitens: natürlich!
Die "20 Years of Hardcore"-Tour war Deine letzte mit Scooter. Vor wenigen Monaten hast Du Deinen Ausstieg bekannt gegeben. Warum hast Du die Band verlassen?
Zum einen möchte ich mich ein bisschen mehr ins Familiäre begeben. Ich habe eine Tochter, die ist sechseinhalb. Sie kommt nächstes Jahr in die Schule und ich will als Papi auch am Start sein. Ich war an einem Punkt, wo ich merkte: Das geht nicht, wenn ich die ganze Zeit durch die Gegend toure. Zum anderen ist es so, dass sich das musikalische Zentrum gewandelt hat. Ich war in den 90ern sehr geflashed von der entstehenden Technobewegung, die mich einfach umgehauen und begeistert hat. Dieses Feeling gibt's nicht mehr. Und ich bin kein großer Freund der gegenwärtigen Elektro-, Dance- und House-Szene.
Warum nicht?
Es kickt nicht mehr so. Es ist zwar schön zu hören. Nett. Die Begeisterung ist aber nicht mehr da. Da sagte ich mir: 'Nein, komm, das hast du so nicht gewollt. Jetzt machst du besser einen Cut und lass die anderen diese Schiene mit einem frischen Mann verfolgen.'
Wie haben Deine Bandkollegen reagiert, als Du ihnen Deine Entscheidung, Scooter zu verlassen, mitgeteilt hast?
H.P. (Anm. d. Redaktion: Baxxter, Sänger von Scooter) und ich kennen uns schon sehr lange. Wir hatten schon einmal eine Phase, in der wir getrennt voneinander gearbeitet haben. Und H.P. wusste genau, dass ich es auch so meine, wenn ich es sage. Er hat auch nicht geschockt reagiert und gesagt: 'Ach bitte, bitte, Rick, bleib doch bei uns.' Er hat mich verstanden. Ich glaube, dass es nach so vielen Jahren auch gut ist, dass wieder frischer Wind reinkommt.
Was wirst Du am meisten vermissen an der Band?
Auf jeden Fall die crazy Aftershow-Partys. Dieser Spirit, der uns die ganzen Jahre so getragen hat.
Warum war das so crazy?
Wir haben so viele witzige Situationen im Privatflieger, auf Aftershow-Partys erlebt. Ich will jetzt nicht in die Details gehen. Ich weiß noch, wie H.P., unser Manager Jens und ich uns einmal lautstark gestritten haben und plötzlich steht H.P.s damaliger Hund Hector in der Mitte und rammelt mit einer Decke. Er wollte einfach auch etwas dazu beitragen.
Jetzt bist Du doch ins Detail gegangen …
Stimmt. (lacht) Es waren einfach so viele komische und witzige Situationen, die wir gemeinsam erlebt haben. Letztlich war es eine wunderschöne Zeit, aber jetzt ist auch der richtige Zeitpunkt um zu sagen: 'So, jetzt mach was anderes.'
Die Tour ist vorbei, Dein Ausstieg perfekt. Wie fühlt sich das jetzt an?
Ganz gut, weil die Entscheidung über mehr als ein Jahr gereift ist. Klar, als ich realisiert habe, dass es jetzt vorbei ist, war ich ein bisschen emotional. Das sieht man auch an den Bildern, die es im Netz gibt.
Das war bei Eurem letzten Konzert vor 12.000 Fans in deiner Wahlheimat Hamburg …
… stimmt. Da habe ich schon das eine oder andere Tränchen rausgedrückt. Das ist aber auch richtig, wenn man so etwas jahrelang gemacht hat. Wir, die Band, haben uns auf der Bühne umarmt und hinterher noch Bier zusammen getrunken. Ich habe von den Jungs ein gerahmtes Bild mit 'Danke Rick, für 20 Years of Hardcore' darauf bekommen. Das ist echt eine wunderschöne Sache.
Wie geht’s jetzt weiter mit Dir?
Ich hab mich in den vergangenen Monaten schon aus der aktiven Produktionsarbeit im Studio zurückgezogen. Ich habe die Tour und mit Michael (Anm. d. Redaktion: Simon, Bandmitglied von Scooter) das Intro vorbereitet. Das war so mein letztes Vermächtnis an die Band. Ich selber habe in den vergangenen Jahren immer wieder Sachen zurückstellen müssen, weil Scooter immer eine Begeisterung für mich war. Aber mittlerweile sage ich mir, man muss auch mal ein bisschen was Neues machen. Das wird mal Alternative Rock sein, Experimental, vielleicht auch eher was Ruhiges, Chillout. Ich bin mal gespannt, wo es mich hintreibt. Ich lasse mir aber noch Zeit.
Hast Du schon ein konkretes Projekt im Kopf?
Ich habe einen Musikpartner, mit dem ich ein neues Projekt gründe. Wir wollen das aber ganz in Ruhe angehen lassen. Er hat tolle Ideen und wir schauen mal, was uns einfällt.
Kannst Du Dir vorstellen, künftig bei einem Scooter-Konzert als Gast aufzutreten?
Sag niemals nie. Aber ich glaube, das muss sich einfach ergeben. Bei Scooter sind viele Sachen aus dem Impuls heraus passiert und nie nach einem Masterplan. Alle wollen jetzt die Veränderung, das Neue. Und das ist auch gut so.
Und was ist mit den crazy Aftershow-Partys, von denen Du geredet hast?
Ich arbeite daran, dass es einen Grund gibt, wieder Aftershow-Partys zu feiern. (lacht) Um in Rente zu gehen, bin ich einfach zu jung. Aber jetzt werde ich erst mal nach Levi, Nordfinnland, fahren und einen Ski-Erlebnisurlaub machen mit meiner Familie. Skifahren, mit Schlittenhunden durch die Gegend eiern und wir wollen auch Nordlichter sehen.
Dann wünsche ich Dir und Deiner Familie viel Spaß dabei. Vielen Dank für das Gespräch.
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