Am 30. September feiert ein Star seinen 80. Geburtstag. Die Dokumentation "Der Mann, der Udo Jürgens ist" widmet sich am Montagabend (20:15 Uhr, ARD) seinem Leben. Ein gelungenes Geburtstagsgeschenk in bewegten Bildern, das allerdings auf kritisches Nachfragen verzichtet und zu wenig in die Tiefe geht.
Seit gut zehn Jahren flimmern fragwürdige Formate wie "Deutschland sucht den Superstar" über den Bildschirm und versuchen, Stars hervorzubringen. Heraus kommen eher Popsternchen, die meist nach wenigen Monaten wieder von der Bildfläche verschwinden. Kein Vergleich zu einem echten Star wie
Die Fernsehdoku "Der Mann, der Udo Jürgens ist" von Hanns-Bruno Kammertöns und Michael Wech stellt sich der schwierigen Aufgabe, 80 Jahre Leben in 89 Minuten zu verpacken. Die Eckpunkte des Schaffens und Privatlebens von Udo Jürgens werden dabei gut abgedeckt. Neben Prominenten, seinen Kindern, Managern und Wegbegleitern kommt in der Doku vor allem Udo Jürgens selbst zu Wort. Gefestigt, ehrlich und reflektiert.
Udo Jürgens: süchtig nach Applaus
Der Österreicher, der bis 1965 noch Udo Bockelmann hieß und seit den 1970er Jahren in der Schweiz lebt, wirkt sympathisch. Voller Selbstbewusstsein, etwas eitel, aber doch bescheiden und demütig. Eindrucksvoll zeigt die Doku, wie sehr ein Star den Applaus braucht - und wie einsam sich Jürgens nach manch großem Konzert fühlt. Authentisch ist beispielsweise eine Szene, die ein privates Galakonzert des Megastars zeigt. Während sonst zehntausende Fans zu seinen Veranstaltungen strömen, lässt sich das Publikum an jenem Abend nur schwer mitreißen. Und als fast alle Versuche, Stimmung zu machen, den Funken auch nicht überspringen lassen, ist Jürgens tief gekränkt. Zwar gelingt es ihm gegen Schluss des Konzerts, doch noch die Herzen des Publikums zu erobern, die Wehmut bleibt.
"Ich kann ohne Applaus leben, aber nicht, wenn ich auf der Bühne stehe", sagt er. Ehrlichkeit, die Jürgens auch zeigt, wenn es um seine Unfähigkeit geht, einer Frau treu zu bleiben. "Die Treue ist nicht immer eine Frage des Charakters eines Menschen, sie ist eine Frage der Gelegenheit", räumt der Musiker zwar Fehler ein, rechtfertigt aber zugleich sein Verhalten. Die Filmemacher verzichten auf kritisches Nachfragen.
Jürgens' Kinder John und Jenny, die aus seiner Ehe mit dem Model Erika Meier, genannt "Panja", hervorgingen, erzählen glaubhaft, die Musik sei für ihren Vater das Wichtigste im Leben. Sie scheinen akzeptiert zu haben, dass sich die Familie dahinter einreihen muss. Udo Jürgens sei ein Mensch, der stark mit sich selber beschäftigt sei, erklärt sein Bruder Manfred Bockelmann. "Ihn kann man nicht besitzen."
Private Fotos vermitteln Nähe
"Der Mann, der Udo Jürgens ist" zeigt zahlreiche Privatfotos. Ein gutes Element, den Film zu beleben: Sie wirken fast stärker als die bewegten Bilder und zeigen ein glückliches Kind, das schon früh damit begann zu musizieren. Sie zeigen aber auch die unglückliche "Panja", die offensichtlich unter der Untreue ihres Mannes leidet.
Die Fernsehdoku punktet einerseits durch viel Authentizität. Man spürt, wie sehr Udo Jürgens die Musik, die Anerkennung, die Frauen und das Leben liebt. Er veranschaulicht glaubhaft wie kein Anderer, dass man sich im Alter noch jung fühlen kann. Dass er nichts von einem Lebensabend wissen will. Seine Abschiedslieder hat er schon im Alter von 45 Jahren geschrieben. Andererseits zeigt der Film gewisse Dinge wohl ganz bewusst nicht: Mit keiner Silbe werden etwa die unehelichen Kinder von Udo Jürgens erwähnt.
Am kritischsten beschreibt den Musikstar noch sein jüngerer Bruder, Manfred Bockelmann. Er habe Udo stets bewundert, sagt Bockelmann, erzählt aber auch von dessen "körperlicher Schwäche" als Kind. Vor allem am Land habe Udo es deshalb schwer gehabt, sich Respekt zu verschaffen. "Udos Stunde schlug immer, wenn die Sonne unterging", sagt Bockelmann. Als musizierendes Kind begeisterte Udo Jürgens seine Zuschauer.
Gerade erst hat Jürgens ein neues Lied geschrieben. Es heißt "Mitten im Leben". Ihm ist bewusst, dass dieser Satz nicht der Realität entspricht, aber: "Es zeigt, was ich empfinde. Ich habe das Gefühl, es hat sich nicht viel verändert."
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