Die "Mob Wife"-Ästhetik ist da. Sie ist laut, schillernd und ganz anders als die Trends der letzten Jahre. Während die einen sich davon begeistern lassen, sorgt dieser Trend bei anderen für Entsetzen.

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Desireé Oostland sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfließen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

2023 konnte kaum zurückhaltender, kaum minimalistischer sein. Die Clean-Girls-Ästhetik überrannte die sozialen Medien. Frauen (sowie einige Männer) waren nahezu besessen von einem natürlich-ordentlichen Look. Jetzt wurde diese Ästhetik jedoch schillernd überrollt: Die "Mob Wife"-Ära ist da. Doch was bedeutet das eigentlich?

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"Mob Wife"-Ästhetik: Alles andere als zurückhaltend

Die extravagante "Mob Wife"-Ästhetik ist definitiv der erste große Trend des Jahres. In den ersten beiden Wochen des noch jungen Jahres wurde der Hashtag #mobwifeaesthetics bereits über 50 Millionen Mal auf TikTok aufgerufen. Heute sind es knapp 104 Millionen Aufrufe (Stand 25. Januar 2024).

In den sozialen Medien freuen sich unzählige Anti-Minimalisten über die neue Entwicklung. In den vergangenen Jahren dominierte stilistisch eher die Zurückhaltung: Clean Girl, Quiet Luxury, Range-Rover-Pilates-Moms.

Lockenwickler und Designertaschen statt Bescheidenheit

All diese viralen Trends kamen mit nahezu ungeschminkten Gesichtern, strengen Frisuren, beigefarbenen Outfits und fehlendem Chaos daher. Die "Mob Wife"-Ästhetik wirft all das mit einem gewaltigen Knall ab. Sie ist die Antwort für diejenigen, die sich zwischen all der Natürlichkeit nach Make-up, optischem Chaos und Extravaganz sehnten.

Eine sogenannte "Mob Wife" trägt Pelz-Mäntel, riesige Sonnenbrillen, schweren Schmuck und XXL-Designertaschen. Was die meisten Frauen daran so begeistert, ist die Ausstrahlung des Looks, die zeigt: Ich bin reich, ich bin da, ich bin mutig.

Diese Attitüde wird durch das passende Haar und Make-up unterstrichen: Die zuvor beliebten "Sleek Zöpfe" weichen einer voluminösen Mähne, die stark an die Frisuren der Models der 1980er-Jahre erinnert. Der Lippenstift knallt dabei in Rot oder Pink auf den Lippen, um die "Mob Wife"-Ästhetik zu perfektionieren. Und mehr ist mehr: Auch die Augen werden durch Smokey Eyes oder einen starken Eyeliner und viel Mascara intensiviert.

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Woher kommt der Begriff?

Übersetzt bedeutet der Begriff "Mob Wife" in etwa "Mafia-Braut" und steht für den extravaganten Stil italienisch-amerikanischer Ehefrauen der Mafiabosse in New York. Beziehungsweise vielmehr beschreibt der Ausdruck die stereotypisierte Inszenierung davon – in Filmen oder Serien der 90er-Jahre. Wer Lady Gaga in ihrer Rolle als Patrizia Reggiani in "House of Gucci" gesehen hat, wird den Look nun vor Augen haben.

Zwar war sie nicht offiziell die Frau an der Seite eines Mafiabosses, viel mehr an der Seite eines milliardenschweren Modeschöpfers, jedoch verkörperte sie den "Mob Wife"-Stil perfekt.

Die Kritik hinter der "Mob Wife"-Ästhetik

Es gibt, wie bei jedem Trend, zweifelnde Stimmen gegenüber dieser Ästhetik: Die Bezeichnung "Mob Wife" ist bedenklich, weil sie veraltete und frauenfeindliche Rollenbilder beschreibt. Eine sogenannte "Mob Wife" war die klassische Ehefrau eines Mafiosos. Sie wusste nie von seinen illegalen Geschäften, wunderte sich nie über ihren schweren Geldbeutel, spielte immer die unwissende, naive Frau an der Seite des Mannes. Gleichzeitig war sie die perfekte Hausfrau und Mutter, die immer ein Lächeln auf ihrem hergerichteten Gesicht und unter ihrer teuren Sonnenbrille trug. Das Geld, das sie nur zu gern ausgab, stammte aus den illegalen Machenschaften des Mannes. Sie war das schöne Zierwerk eines Bad Boys. So wurde die "Mob Wife" zumindest immer inszeniert.

Die Angst, Frauen könnten anhand dieser Trend-Ästhetik wieder in eine solch veraltete, sexistische Rolle gepresst werden, ist bei den Kritikern stets präsent. Dabei wird die "Mob Wife"-Ästhetik heute (glücklicherweise) von Frauen auf eine andere Art interpretiert: Der Stil soll die selbstbewusste, unabhängige Frau darstellen, die mutig ist, und sich für die glänzende Oberflächlichkeiten ebenso begeistern kann, wie für die Tiefgründigkeit des Lebens. So beschreiben es die Fans des Stils auf TikTok.

Ein weiterer Kritikpunkt gegenüber der "Mob Wife"-Ästhetik bezieht sich auf das Tierwohl. Schließlich handelt es sich hierbei um einen Stil, der hauptsächlich von Pelz ummantelt wird. Doch auf TikTok verbreiten sich immer mehr Clips, die genau damit brechen. Einige enthusiastische "Mob Wives" ermutigen dazu, den Stil einfach durch Kunstpelz zu modernisieren – das sei ohnehin kostengünstiger und gehe nicht auf Kosten von Tierleben.

Für Marken und Designer heißt das jetzt wohl: Weg mit all den zurückhaltenden Kleidungsstücken und her mit jeder Menge Faux-Fur, denn TikTok hat neue Trends gesetzt – zumindest eine moderne Variation längst überholter Rollenbilder.

Verwendete Quellen

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