Als "Final Fantasy 7" 1997 exklusiv für Sonys erste PlayStation-Konsole erscheint, ist das Angebot an Rollenspielen für das junge System noch überschaubar. Titel wie "Beyond the Beyond" oder Konamis erstes "Suikoden" (beide 1995) zaubern zwar herzallerliebste Pixel-Werke auf die Mattscheibe, aber letztlich sind sie nur eine behutsam aufgehübschte Version dessen, was Genre-Fans schon von 16-Bit-Plattformen wie dem Super Nintendo kennen.
Umso wuchtiger ist der Einschlag zwei Jahre später, als Squaresoft (damals noch ohne Enix) "Final Fantasy 7" veröffentlicht: Knuffige 3D-Protagonisten spazieren durch animierte Renderfilm-Szenarien, während sie riesige magische Geschöpfe bekämpfen, den Bildschirm in ein nie zuvor gesehenes Effektgewitter tauchen und damit das ganze Genre in die technische Moderne katapultieren. Das Resultat: Sonys PlayStation-Verkäufe explodieren - und Squaresoft sollte die Art, in der japanische Rollenspiele präsentiert und erzählt werden, für Jahrzehnte prägen.
Gewaltig - und doch nur ein Bruchteil
2020 ist "Final Fantasy 7" noch immer der beliebteste Teil der langlebigen Serie. Entsprechend laut war der Ruf der Fan-Gemeinde nach einem zeitgemäßen Remake. Das wollte Square Enix ursprünglich schon für die PS3 liefern. Nun steht bereits die PS4 vor ihrer Ablösung. Trotzdem ist das nun veröffentlichte Remake des PSone-Klassikers nur der Anfang: Trotz zweier Blu-rays und um die 100 Gigabyte an Daten umfasst das neue "FF 7" nur einen Bruchteil des Originals.
Erzählt wird der Teil der Geschichte, in dem Held Cloud Strife zusammen mit Gefährten wie Rebellenführer Barret, Jugendfreundin Tifa und Blumenmädchen Aerith als bewaffnete Fridays-for-Future-Bewegung durch die verdreckten Straßen der Steampunk-Metropole Midgard wandert, um der Ressourcen-Ausbeutung des Planeten durch den skrupellosen Shin-Ra-Konzern ein Ende zu bereiten. Denn der zapft die Lebens-Essenz der Spielwelt an, um sie dann auf Autos, Züge, Fabriken und ähnliches High-Tech-Hexenwerk umzuverteilen.
Früher kindlich, heute erwachsen
1997 belegte der fulminant präsentierte Midgard-Auftakt die erste von insgesamt drei CDs und machte mit fünf bis acht Stunden ungefähr ein Zehntel des gesamten, epischen Abenteuers aus. Das Remake hat Square Enix mit optionalen Missionen und anderen, neuen Inhalten gestreckt, sodass eifrige Gamer dem Streifzug durch Midgard nun 30 bis 40 Stunden abringen können. Wer die nach wie vor weitgehend geradlinige Spielstruktur der nach heutigen Maßstäben überraschend naiven Erzählung konzentriert abarbeitet, kommt mit 20 Stunden hin. Aber: Wie das Ganze ausgehen wird, erfährt man noch lange nicht. Ob und wann Square Enix den Rest der Geschichte nachliefert, ist noch völlig unklar.
Immerhin hat sich Square Enix bei der Neu- und Umgestaltung der Fantasy-Metropole viel Mühe gegeben: Hin und wieder verunzieren ein paar Textur-Probleme oder marionettenhaft chargierende Passanten das Bild, aber abgesehen von diesen verzeihlichen Schönheitsfehlern ist die Rückkehr nach Midgard das schönste Japan-Rollenspiel, das die gerade auslaufende Konsolen-Generation zu bieten hat.
Wenn Cloud & Co. mit wuchtigen Hieben und magischem Feuerwerk Shin-Ra-Schergen, riesige Roboter oder Monster bearbeiten, werden Erinnerungen daran wach, welchen audiovisuelle Sogwirkung damals schon das Original entfaltet hat.
Trotzdem wirkt die Überführung in einen modernen Look nicht immer gelungen: Die ursprünglichen kindlichen und grafisch extrem reduzierten Figuren wurden zusammen mit den entsprechenden Dialogen und Albernheiten auf erwachsen wirkende 3D-Schauspieler mit ausgefeilter Mimik projiziert - eine Mischung, die sich oftmals beißt, obwohl sich "FF 7" offenkundig alle Mühe gibt, sich als bedeutungsschwangeres Epos mit tiefer Charakter-Zeichnung zu produzieren.
Echtzeit oder halbautomatisch: Das Kampfsystem lässt Spielern die Wahl
Wer das Abenteuer aber vor allem als Effekt-geladenes, famos choreografiertes Schauspiel betrachtet, der kann mit "Final Fantasy 7" trotzdem jede Menge Spaß haben: Zwar offenbart die Geschichte von Ex-"SOLDAT" Cloud und seinem Widersacher Sephiroth inzwischen jede Menge erzählerische Schwächen, aber die werden von einem launigen Kampfsystem aufgefangen, das die strategischen Gefechte von einst in ein schmissiges Echtzeit-Gerangel übersetzt, mit einem Minimum an Menü-Arbeit auskommt und stattdessen locker aus dem Handgelenk funktioniert. Probleme macht hier allenfalls die Kamera, die das Geschehen nicht immer optimal einfängt und oft nachjustiert werden muss.
Wer mit Action-Adventure-artigem Button-Gehämmer nichts im Sinn hat, kann seine Helden auf Wunsch auch halbautomatisch drauflos keilen lassen, aber dann beraubt er das sonst eher träge und bürokratische Spiel seines unterhaltsamsten Teils. Denn die Erkundung der zwar überwiegend wunderschönen, aber trotzdem leblosen und wenig interaktiven Spielwelt gestaltet sich vergleichsweise eingeschränkt - Bewegungsfreiheit geht heute anders.
Am Ende ist "Final Fantasy 7" vor allem eins: Ein nicht immer ganz stilsicher, aber dennoch prachtvoll gezeichnetes Klassiker-Gemälde, dem vor allem Freunde des Originals etwas abgewinnen werden. Die PS4-Exklusivität besteht lediglich für ein Jahr, dann dürften Umsetzungen für Xbox und PC folgen, wenngleich das noch nicht offiziell bestätigt wurde.
(tsch) © 1&1 Mail & Media/teleschau
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