Kunst aus Plastiktüten und Mafiosi in der Galerie – die schwarze Gangsterkomödie "The Kill Room" vereint den Cast von "Pulp Fiction" und will vor allem eines: unterhalten.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Felix Reek dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Es gibt eine Szene in "American Beauty", die vermutlich jedem, der den Film aus dem Jahr 1999 gesehen hat, im Gedächtnis geblieben ist. Die Kamera folgt einer Plastiktüte, die der Wind über die Straße weht. Darunter verträumte Klaviermusik. Eine Schlüsselszene, eine der bekanntesten Sequenzen der Filmgeschichte, heute ein Stück Popkultur und eine Metapher für die Schönheit der kleinen Dinge, für Vergangenheit, Zukunft und Aufbruch. "The Kill Room" von Regisseurin Nicol Paone zitiert genau diese Szene zu Beginn ihres Films. Wieder eine Plastiktüte, die mit dem Wind tanzt. Nur mit einer vollkommen anderen Bedeutung.

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Patrice (Uma Thurman) leitet in "The Kill Room" eine Kunst-Galerie, hat ein mittelschweres Drogenproblem und ist pleite. Abhilfe ist nicht in Sicht. Die feministische Künstlerin Grace (Maya Hawke, Tochter von Uma Thurman und Ethan Hawke) ist zwar ambitioniert, verkauft aber nichts. Geld muss her. Der Retter naht in Person von Gordon (Samuel L. Jackson), Besitzer einer jüdischen Bäckerei, die hauptsächlich dazu dient, seine Mafiageschäfte zu tarnen. Sein Gehilfe Reggie (Joe Manganiello) bringt für einen Mobster Menschen um – mit einer Plastiktüte.

Die Idee von Gordon ist einfach: Statt sich direkt von der Mafia für die Auftragsmorde bezahlen zu lassen, soll die in Patrices Galerie ein Bild kaufen. Patrice bekommt eine Provision, das Geld ist sauber, alle Seiten gewinnen. Nur: Woher die Gemälde nehmen? Also muss Tüten-Mörder Reggie selbst Farbe auf Leinwand klatschen. Oder aus den blutverschmierten "Tatwaffen" Kunstwerke erstellen. Er nennt sich "Bagman" und wird aus Versehen zu einer New Yorker Sensation, obwohl das alles doch möglichst geheim bleiben sollte.

Bei der Kritik kam "The Kill Room" nicht gut weg

In den USA und Großbritannien lief "The Kill Room" bereits vergangenes Jahr an, in Deutschland startet die schwarze Gangster-Komödie am 21. März. Die Kritiken waren, nun ja, ausbaufähig. Der britische Guardian vergab zwei von fünf Sternen und nörgelte über die "flache Regie" und das "lustlose Drehbuch", auf dem Kritikerportal "Rotten Tomatoes" erhielt "The Kill Room" nur 59 Prozent.

Dieses harsche Urteil ist der Erwartungshaltung geschuldet. Uma Thurman und Samuel L. Jackson drehten zusammen den wichtigsten Film der 1990er-Jahre: "Pulp Fiction". Der Klassiker von Quentin Tarantino steht heute nostalgisch für eine Zeit, als Kunst und Kommerz nicht nur vereinbar waren, sondern den Kinos auch Geld in die Kassen spielten. Das ist lange her. Corona, der Siegeszug von Streaming-Portalen und ein Überfluss an Comic-Verfilmungen haben Hollywood in eine Krise gestürzt, für die es bisher keine Lösung gibt.

Ganz schön viel Druck für einen Film, der vor allem unterhalten und Fan-Erwartungen erfüllen will. Denn natürlich sind die gemeinsamen Szenen von Uma Thurman und Samuel L. Jackson toll. Da sind zwei Profis auf der Leinwand zu sehen, die ganz genau wissen, was sie tun. Aus Jacksons Mund flutschen in den ersten Szenen routiniert ein halbes Dutzend "Motherfuckers", und Thurman gibt eine Galeristin, die gekonnt den Kunstzirkus vorführt. In einer Szene steht sie vor einem Werk des "Bagman" und interpretiert die Ansammlung von Müll als "Komplexität des urbanen Lebens". Die Sammlerin neben ihr nickt ehrfürchtig.

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Kunstkritik, schwarzer Humor und Gangsterfilm als stimmiges Gesamtpaket

Viel weiter geht die Kunstkritik aber nicht. Es ist schon etwas dran: Die Figuren und ihre Beweggründe in "The Kill Room" sind nicht besonders ausgearbeitet, der Film bleibt immer an der Oberfläche. Uma Thurmans Tochter Maya Hawke als Künstlerin Grace ist trotz engagierten Spiels eine Randfigur, Joe Manganiello ("Magic Mike", "Justice League") gibt die Rolle, die er immer spielt: harter Typ mit sensiblem Innenleben. Und Samuel L. Jackson ist eben Samuel L. Jackson. Das Sujet 'Killer mit künstlerischen Ambitionen' inszenierte die HBO-Serie "Barry" von "Saturday Night Live"-Komiker Bill Hader ungleich dichter und intensiver.

Trotzdem ist "The Kill Room" nie langweilig, mischt Kunstkritik, schwarzen Humor und Gangsterfilm zu einem stimmigen Gesamtpaket. Das unterhält für etwas mehr als anderthalb Stunden und ist danach schnell wieder vergessen. Manchmal muss es aber auch nicht mehr sein.

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