Lindsey Vonn oder Mikaela Shiffrin? Die Ski-Welt grübelt, wer denn nun die beste Rennfahrerin der Geschichte ist. Vonn hat in vielen Bereichen die Nase vorn, steht aber auch schon vor dem Ende ihrer Karriere. Ihrer elf Jahre jüngeren Konkurrentin stehen alle Türen offen.
Spätestens mit der November-Ausgabe des "Outside Magazine" steht die Frage im Raum, wer die Größte aller Zeiten ist. "Mikaela Shiffrin is the greatest skier of all times", stand da auf dem Cover und wer nach einem Fragezeichen sucht, der sucht vergebens.
Das Magazin formulierte eine These, die es zu diskutieren gilt. Schließlich haben auch vor dem Wunderkind aus Vail in Colorado andere Skirennläuferinnen wirklich Unglaubliches geleistet. Allen voran Shiffrins Landsfrau Lindsey Vonn.
Ein Vergleich der beiden US-Superstars
In manchen Kategorien sind sich beide recht ähnlich, in anderen könnten sie unterschiedlicher kaum sein.
Hier kommt eine nicht immer ganz ernst gemeinte Bestandsaufnahme.
Die Erfolge und Rekorde
Vonn hat bisher 78 Weltcuprennen gewonnen, dazu viermal den Gesamtweltcup und 16 Disziplinwertungen.
Sie ist Olympiasiegerin in der Abfahrt, sowie Weltmeisterin in der Abfahrt und im Super G.
Sechsmal in Serie hat sie den Abfahrts-Weltcup gewonnen, das ist Weltrekord. In Lake Louise hat sie unglaubliche 18 Rennen gewonnen, davon sieben Rennen hintereinander.
Shiffrin ist erst seit sechs Jahren im Weltcupzirkus dabei und in der Summe entsprechend noch nicht ganz so erfolgreich wie ihre Konkurrentin.
Trotzdem lassen sich auch ihre Verdienste sehen: Olympiasieg im Slalom - in Sotschi war sie erst 18 Jahre alt und damit die jüngste Olympiasiegerin der Geschichte - sowie dreifache Weltmeisterin in derselben Disziplin.
41 Weltcupsiege stehen mittlerweile in den Statistiken, die jüngsten fünf davon hat sie binnen neun Tagen errungen.
Und: Schon mit 21 Jahren hatte Shiffrin 27 Weltcupsiege auf dem Konto - Vonn im selben Alter "erst" vier.
In Kranjska Gora am vergangenen Wochenende fuhr Shiffrin in einer eigenen Liga und deklassierte die Konkurrenz fast schon schamlos.
Am Ende hatte Shiffrin 1,64 Sekunden Vorsprung vor der zweitplatzierten Schwedin Frida Hansdotter - weil sie es im zweiten Durchgang betont langsam angehen ließ.
Schon nach dem ersten Lauf hatte Shiffrin astronomische 1,47 Sekunden Vorsprung auf Hansdotter und teilweise mehr als drei auf namhafte Konkurrentinnen.
Vonn siegte in Lake Louise im Jahr 2011 einst in einer ähnlichen Fabelzeit in der Abfahrt, damals hatte die Amerikaner fast zwei Sekunden Vorsprung vor der Zweitplatzierten.
Die Preisgelder
Seit beide gemeinsam im Weltcup unterwegs sind, also seit der Saison 2011/12, hat Vonn exakt 1.682.386,78 Schweizer Franken an Preisgeldern eingefahren.
Shiffrin hat hier klar die Nase vorn: Mit 2.209.324,08 Franken hat sie als einzige Frau die Zwei-Millionen-Grenze durchbrochen.
Lediglich Männer-Dominator
Kuriosum am Rande: Lindsey Vonn hat nach ihrem Sieg in Val d’Isere vor 13 Jahren auf das übliche Preisgeld der FIS verzichtet und stattdessen eine Kuh mit dem Namen Olympe mit nach Hause genommen.
Die Krankenakte
Vonn verdiente im Jahr 2013 lediglich 7.000 Franken Preisgeld, weil sie sich beim WM-Super-G von Schladming das Kreuzband riss und den Schienbeinkopf brach.
Im Training für ihr Comeback neun Monate später riss das Kreuzband erneut. Dazu kommen unter anderem ein Oberarmbruch, ein Fingerbruch, ein Knöchelbruch und diverse Gehirnerschütterungen.
In der Beziehung blieb Shiffrin bisher nahezu verschont. Ein Innenbandriss und eine Knochenprellung vor zwei Jahren, sowie ein Cut an der rechten Augenbraue waren bisher die schlimmsten Verletzungen in Shiffrins immer noch jungen Karriere.
Das Image
Vonn ist die ganz große Marke im Skizirkus, noch weit vor Hirscher oder Shiffrin. Ihre Jahreseinnahmen werden auf bis zu drei Millionen Euro geschätzt.
Vonn befeuert ihre extrovertierte Art und verfährt stets getreu dem Motto, dass auch schlechte Nachrichten am Ende gute Nachrichten sind.
Ihre Beziehungen hat sie immer auch öffentlich gemacht, unter anderem war sie einige Monate mit Golf-Legende Tiger Woods liiert.
In der US-Serie "Law & Order" spielte sie in der letzten Folge im Jahr 2010 in einer Nebenrolle eine Büroangestellte.
Für Aufsehen sorgte Vonn, als sie sich nackt und nur mit Stöcken unter den Armen für ein Magazin-Cover ablichten ließ, via Instagram schickt sie immer mal wieder Fotos von sich selbst ins Netz, die sie nur spärlich bekleidet zeigen. Die wiederkehrenden Anfragen des "Playboy" wehrte Vonn dagegen bisher rigoros ab.
Als sie vor einigen Monaten US-Präsident Donald Trump öffentlich brüskierte, soll sie sogar Morddrohungen von fanatischen Trump-Fans erhalten haben.
Ihr Gesuch, auf Grund ihrer langjährigen Dominanz bei den Frauen ein Rennen bei den Männern mitfahren zu dürfen, wurde von der FIS bisher noch nicht final geklärt.
Dass sie einst als erste Frau mit Männer-Skiern unterwegs war, brachte ihrem Ausrüster einen enormen medialen Schub.
Shiffrin ist dagegen wie der komplette Gegenentwurf zur schillernden Vonn, fristet fast schon ein Mauerblümchen-Dasein. Es gibt keine Skandale oder Stoff für Seifenoper.
Während Vonn in den USA trotz ihrer wenig beachteten Sportart ein Star und gern gesehener Gast in Talkshows ist, hat Shiffrin gerade in Europa derzeit den Status der Überfliegerin. In den USA kämpft sie dagegen noch um mehr Aufmerksamkeit.
Die sozialen Medien
Auch hier spielt Vonn in einer eigenen Liga. Mehr als 1,3 Millionen Fans haben ihre Facebook-Seite geliked, mehr als 1,1 Millionen sind es bei Instagram, auf Twitter immerhin auch noch knapp eine Million.
Shiffrin dagegen ist beinahe eine graue Maus. "Nur" 97.400 Follower hat die 22-Jährige bei Twitter, immerhin 360.000 bei Facebook und etwas mehr als 400.000 bei Instagram.
Die Sponsoren
Vonn fährt Ski der Marke Head und mit Stöcken von Leki. Oakley ist der offizielle Brillenausstatter, dazu kommen Reusch, Briko, Rolex - und natürlich ihr Leib- und Magen-Sponsor Red Bull.
Auch Shiffrin lässt sich vom Brausegiganten fördern und bezahlen, dazu kommen wie bei Vonn auch Reusch, Oakley und Leki, sowie Barilla als Hauptsponsor, Visa und Longines. Shiffrin fährt auf Skiern der Marke Atomic.
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