• In manchen Disziplinen im Wintersport werden die Siegerinterviews bereits geführt, während andere Athleten noch auf ihren Start warten.
  • Die Veranstalter sind sich sicher: An den vorderen Plätzen wird sich nichts mehr ändern.
  • Warum das so ist und warum das für die Athleten in Ordnung geht.

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Marco Odermatt wurde in dieser Saison gleich ein paar Mal zum Siegerinterview nach seinem Fabelrennen gebeten. Der Schweizer, dem bereits vor dem Saisonfinale der Gesamtweltcup nicht zu mehr zu nehmen ist, gewann bislang elf Weltcuprennen, in vielen stand schon vorher fest: Niemand wird Odermatt mehr gefährden können.

Das ist nicht nur bei Odermatt oder anderen Alpin-Sportlern so. Auch beim Einzelwettbwerb im Biathlon beispielsweise führen die Fernsehsender die Siegerinterviews schon vor dem offiziellen Ende des Rennens. Einige Athleten stehen noch oben am Start – und sind durch das Interview quasi schon abgeschrieben.

Siegerkür unter Vorbehalt

"Die Siegerinterviews werden immer unter Vorbehalt geführt", erklärt Mario Mittermayer-Weinhandl. Er ist Rennleiter bei der legendären "Streif", dem Hahnenkammrennen von Kitzbühel, kennt als Veranstalter die Forderungen der TV-Anstalten. Als Skilehrer weiß er auch, wie die Athletinnen und Athleten sich fühlen.

Unter Vorbehalt bedeutet, dass der Sieger noch nicht endgültig als solcher tituliert, sondern darauf hingewiesen wird, dass sich das Endergebnis noch ändern kann. Das ist zum Beispiel Anfang März in Kvitfjell in Norwegen passiert, als gleich mehrere Außenseiterinnen die Gewinnerinnen der Wetterverhältnisse waren. Nina Ortlieb, Stephanie Venier und Franziska Gritsch fuhren trotz hoher Startnummern aufs Treppchen. Als sie fuhren, hatte der starke Schneefall nachgelassen, die Bodensicht wurde besser.

Hintere Starter mit schlechten Siegchancen

Das ist allerdings recht unwahrscheinlich: "Nach der Startnummer 30 kann man sicher davon ausgehen, dass sich nichts mehr an der Spitze tun wird", sagt Mittermayer-Weinhandl. Das liegt am Reglement der Wettbewerbe. Und überhaupt ist im alpinen Bereich die frühzeitige Kür des Siegers nur in Super-G und Abfahrt möglich. Beim Slalom und Riesenslalom gibt es zwei Durchgänge, im zweiten starten die Läuferinnen in umgekehrter Reihenfolge zum ersten. Das heißt: Der beste aus dem ersten Durchgang kommt als letzter. Erst, wenn er oder sie im Ziel ist, steht fest, wer gewonnen hat.

Wer bei Abfahrt und Super-G, wo es nur einen Durchgang gibt, wann starten darf, legt neben der Weltcupwertung die Weltcupstartliste fest. Der liegt ein kompliziertes Verfahren zugrunde. Fahrerinnen und Fahrer können sich nicht nur in Weltcups Punkte einfahren, sondern auch bei Europacups oder unterklassigen Rennen. Wer mehr Punkte sammelt, bekommt dann auch eine bessere Startnummer.

Grundsätzlich gilt: Die besten Athletinnen und Athleten starten zwischen den Plätzen 6 und 15. Die starken Fahrerinnen und Fahrer zwischen eins und fünf sowie 16 und 30. Alle Starter mit Startnummer über 30 werden nach den aktuellen Punkten in der Weltrangliste der Fis (Welt-Skiverband) eingeordnet.

Da sie im Weltcup weit hinten liegen im Vergleich zu den Topfahrern, werden ihnen nur extrem geringe Siegchancen zugesprochen. "Manchmal stehen noch ein paar gute Kandidaten oben, um die es schade ist, wenn das Siegerinterview schon geführt wird", gibt der Rennleiter der Streif zu.

Warum die TV-Anstalten den Wettbewerb nicht abwarten

Vor allem in den mehrstündigen "Wintersportverbund-Sendungen", wie ARD und ZDF ihre Übertragungen an den Wochenenden nennen, ist kaum Platz, einen Wettbewerb in voller Länge zu zeigen. Die Sender zeigen meist nur die Highlight-Phasen der jeweiligen Events und schalten dann weiter zum nächsten. So ist es möglich, an einem Tag vielen verschiedenen Wintersportarten Sendezeit zu geben.

Wenn also schon vorher absehbar ist, welcher Athlet das Rennen gewinnt, ziehen die Sender das Interview vor, um dem Publikum direkt zu zeigen, wer gewonnen hat. Die Sichtbarkeit stuft Mittermayer-Weinhandl als bedeutend ein: "Es ist wichtig, dass die Siegerinterviews im Fernsehen stattfinden", sagt er, "vor allem aus Sicht der Athleten und Verbände." Aber auch für die Sponsoren, die prominent auf den Skiern und Mützen der Athleten werben, seien Siegerinterviews relevant.

Zudem sind Live-Interviews von der Strecke für die Sender attraktiver, da sie meist emotionaler sind als Interviews, die weit nach dem Rennen geführt werden.

Respektlos gegenüber den Athleten?

Der Streif-Rennleiter versteht, dass der Gedanke aufkommen könne, verfrühte Siegerinterviews würden den Athleten den Respekt absprechen, die noch auf ihren Lauf warten. "Ich habe aber noch nie einen Athleten gehört, der das unfair findet", sagt er. Die Regelung habe sich eben vor vielen Jahren etabliert.

Und für Überraschungen in den Top Ten sorgen die hinteren Starter auch immer mal wieder.

Über den Gesprächspartner: Mario Mittermayer-Weinhandl ist Rennleiter bei der legendären "Streif", dem Hahnenkammrennen von Kitzbühel.

Verwendete Quellen:

  • Gespräch mit Mario Mittermayer-Weinhandl
  • blick.ch: Ösis flippen nach verrücktem Super-G aus
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