Sebastian Ofner wandelt auf den Spuren von Dominic Thiem. Doch wie konnte Österreichs neue Tennis-Hoffnung in Wimbledon so plötzlich aus dem Nichts auftauchen? Ein Porträt.

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Einmal im Jahr bietet der Tennis-Kalender Zeit und Raum für echte Märchengeschichten. Denn sobald die satten grünen Courts an der Church Road in Wimbledon zum dritten Major des Jahres laden, entwickeln sich die Dinge fast immer anders als erwartet.

So auch 2017: Hauptprotagonist der aktuellen No-Name-Story ist ein junger Mann aus der österreichischen Provinz. Seine Frisur erinnert an Falco, sein Name ist Sebastian Ofner.

Ofner mischt die Favoriten auf

In den ersten beiden Runden sorgte der Steirer für Furore. Nach dem Brasilianer Thomaz Bellucci (Weltranglistenplatz 55) besiegte der 21-Jährige auch den haushohen Favoriten Jack Sock aus den USA (Nummer 18 der Welt).

Am Samstag wartet in der dritten Runde ein noch härterer Brocken. Ofner bekommt es dann mit dem deutschen Shooting-Star Alexander Zverev zu tun, seines Zeichens sogar Nummer 12 des aktuellen ATP-Rankings.

Das Besondere daran? Ofner selbst belegt in dieser Liste momentan Rang 217. Bis zu seinem Sieg über Bellucci war er nur absoluten Tennis-Experten ein Begriff. Und: Der junge Mann hat bis zum Wimbledon-Turnier noch kein einziges Match auf der ATP-Tour bestritten.

Erst Matura, dann professionelles Tennis

Sein bisheriges Leben verlief keinesfalls typisch für einen hochtalentierten Tennisspieler.

Sebastian Ofner wurde am 12. Mai 1996 in Bruck an der Mur geboren. In der Steiermark wuchs er zum 1,91-Meter-Hünen heran - allerdings kommt er aus keiner klassischen Tennis-Familie, die den Sprössling von klein auf zum hoffentlich kommenden Superstar drillt.

Stattdessen schloss Ofner zunächst seine Matura ab, ehe er sich 2014 erstmals in die professionelle Umgebung des Tennis-Leistungszentrums in der Südstadt begab.

Über Teilnahmen an der drittklassigen ITF Future Tour sammelte Ofner seitdem erste Erfahrungen und auch Erfolge. Insgesamt entschied der Steirer dort fünf Turniere für sich.

Schon bald nahm er auch vermehrt an Challenger-Turnieren teil, sozusagen der zweiten Liga im Tennis-Sport. Im Mai 2017 erreichte er dort sein erstes Finale im italienischen Mestre, unterlag aber dem Portugiesen Joao Domingues.

Zuvor noch nie auf Gras gespielt

Nun versuchte er sein Glück in der Qualifikation für Wimbledon. Zuvor hatte er das auf ATP-Niveau erst einmal getan: Im Oktober 2016 scheiterte er klar in der Quali von Wien.

Doch wider Erwarten läuft es für Ofner seitdem er den heiligen Rasen an der Church Road betreten hat wie am Schnürchen.

Er entschied die drei Quali-Duelle - darunter übrigens einen Fünf-Satz-Krimi - für sich und setzte seine Erfolgsstory dann im Hauptfeld des Majors gegen Bellucci und Sock fort.

Erklärungen für seine Leistungsexplosion findet Ofner nicht einmal selbst: "Ich habe vor diesem Turnier noch nie auf Gras gespielt, und jetzt stehe ich in der dritten Runde. Ich kann es noch gar nicht glauben", sagte er am Donnerstagabend.

Kampfansage an Alexander Zverev

Wächst da in Österreich also vielleicht ein zweiter Dominic Thiem heran? Ein interessanter Fakt verbindet die beiden Youngster in jedem Fall. Sebastian Ofner wird nämlich von Wolfgang Thiem, also Dominics Vater, trainiert.

Ob der starke Aufschläger am Samstag gegen Zverev eine Chance aufs Achtelfinale haben wird, bleibt abzuwarten.

Ofner selbst wollte im Interview mit Sky aber nicht auf die Euphoriebremse treten.

Auf die Frage, ob sich der junge Deutsche warm anziehen müsse, konterte Ofner forsch: "Das definitiv. Also ich bin ready."

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