Um Boxerin Imane Khelif ist bei Olympia eine hitzige Geschlechter-Debatte entbrannt. Der Präsident des Box-Verbands IBA findet nun deutliche Worte.
Der Box-Verband IBA und Präsident Umar Kremlew haben das IOC in der Geschlechter-Debatte um die Boxerinnen Imane Khelif aus Algerien und Lin Yu-Ting aus Taiwan scharf attackiert.
In einer 20-minütigen Rede auf Russisch kritisierte der Verbandsboss mehrere Male die Olympia-Organisatoren und namentlich IOC-Präsident Thomas Bach. "Es ist traurig, das zu sehen. Wir zerstören den Sport auf diese Art und Weise", sagte Kremlew, der bei der denkwürdigen Pressekonferenz in Paris per Video aus Russland zugeschaltet wurde.
Khelif und Lin waren bei der WM im Vorjahr nach Tests von der WM ausgeschlossen worden, weil sie laut IBA "die erforderlichen Teilnahmekriterien nicht erfüllten und im Vergleich zu anderen weiblichen Teilnehmern Wettbewerbsvorteile" gehabt hätten.
"Ich möchte alle Boxerinnen und Boxer verteidigen und beschützen", sagte Kremlew, der vor rund 100 Journalisten und mehr als einem Dutzend Kamera Teams laut und impulsiv sprach. Bach warf er einen persönlichen Gegenangriff vor. "Ich bin nur hier, um das Chaos zu beseitigen", behauptete Kremlew.
Nachdem Khelif ihren ersten Olympia-Kampf gegen die Italienerin Angela Carini nach nur 46 Sekunden durch technischen K.o. gewonnen hatte, war eine heftige Kontroverse um das Startrecht ausgebrochen. "Sie wurde als Frau geboren, ist als Frau aufgewachsen, hat einen Pass als Frau und hat als Frau Wettbewerbe bestritten", rechtfertigte IOC-Präsident Bach wiederholt die Teilnahme-Erlaubnis, die aus selben Gründen auch für Lin gelte: "Es gab nie Zweifel, dass sie Frauen sind."
Die IBA, die das Pressegespräch im 300 Quadratmeter großen Salon des Mirroirs kurzfristig einberufen und überhastet aufgebaut hatte, skizzierte am Montag noch einmal das Vorgehen rund um die Tests bei Khelif und Lin. "Das IOC hat all diese Informationen zu den Tests von uns bekommen. Die interessante Situation hier ist: Das IOC hat nichts damit gemacht", sagte Generalsekretär Chris Roberts am einzigen Ruhetag der Boxwettkämpfe bei Olympia. Man sei "nicht in der Position, die Testergebnisse zu veröffentlichen", fügte er an.
IOC sieht IBA-Ergebnisse nicht als legitime Quelle
IOC-Sprecher Mark Adams hatte vor Tagen über die Funktionäre des Verbands gesagt: "Diese Menschen sind nur in ihrem eigenen Kopf glaubwürdig." Über den Brief sagte Adams, dass sich das IOC nicht mit den wissenschaftlichen Standards der Analyse beschäftigt habe, weil es sich um keine legitime Quelle handelte.
Das IOC erkennt die IBA nicht an und organisiert das Boxturnier bei Olympia erneut selbst. Das im Pass angegebene Geschlecht sei für viele Sportarten maßgeblich für die Zulassung zu den Wettbewerben, hieß es von Adams. Im Boxen sei das Regelwerk schon bei Olympia 2016 in Rio und 2021 in Tokio so wie in Paris angewendet worden. 2028 will das IOC Boxen nur mit einem seriösen Partner veranstalten. Aktuell ist die Sportart nicht im Programm für Los Angeles.
Bei der Veranstaltung, die wegen organisatorischer Probleme fast eine Stunde später begann, kam es immer wieder zu Pannen und tumultartigen Szenen. (dpa/bearbeitet von ms)
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.