- Sophia Flörsch tritt 2021 erstmals in der DTM an.
- DTM-Chef Gerhard Berger ist von Flörsch klar überzeugt: "Sie wird Fuß fassen."
- Ex-Meister Timo Scheider warnt allerdings vor zu großen Erwartungen.
Sophia Flörsch strahlte über das ganze Gesicht. Die Botschaft war klar: Da ist Freude pur, die Lust auf eine neue Herausforderung und die Motivation, endlich loszulegen. Es war ihr deutlich anzusehen, dass sie ihre ersten Testfahrten in der DTM genossen hat.
"Es hat unglaublich viel Spaß gemacht. Ich bin super glücklich, dass ich in der DTM fahren kann und möchte das Beste daraus machen", sagte die 20-Jährige vor mehreren Journalisten nach ihren ersten Runden.
Vor zehn Jahren noch saß sie als junges Mädchen als Fan auf der Tribüne im Olympiastadion, und nun sitzt sie im Auto und ist nicht nur Teil der Traditions-Rennserie DTM, sondern eines der Zugpferde.
"Sie ist nicht dabei, weil sie eine Frau ist, sondern weil sie gute Leistungen gebracht und sich positioniert hat, um in der DTM anzutreten", stellte DTM-Chef Gerhard Berger in einer Medienrunde klar. "Ich gehe davon aus, dass sie in der DTM Fuß fassen wird. Es wird sicher nicht einfach, sie wird eine Eingewöhnungsphase benötigen. Ansonsten traue ich ihr aber zu, gute Rennen zu fahren", so der frühere Formel-1-Star.
Sophia Flörsch "eine Bereicherung"
Und davon würde dann auch seine Serie profitieren, denn das Thema Frauen im Motorsport sorgt automatisch für mehr Aufmerksamkeit. Das kann der DTM, die sich inmitten der Coronakrise und dem Wandel im Motorsport hin zu Elektrifizierung und Nachhaltigkeit neu positionieren und erfinden muss, nur helfen.
Von der einzigen weiblichen Siegerin Ellen Lohr (1992) schwärmen sie heute noch, die letzte Frau saß vor zehn Jahren im DTM-Cockpit. "Für die DTM war es immer ein interessantes und gutes Thema, wenn eine Frau eine gute Leistung abgeliefert hat", so Berger: "Es ist definitiv eine Bereicherung, sie bedient eine große Fangemeinde. Das tut uns als Plattform auch gut."
Hinzu kommt: Flörsch gilt aktuell als größte deutsche weibliche Hoffnung, sie hat ihre Karriere noch vor sich. Und damit auch ihr großes Ziel, die Formel 1, immer noch im Blick, auch wenn sie jetzt nicht mehr in Formelautos sitzt, sondern in einem Sportwagen mit fast 600 PS.
Straffes Programm abseits des Formelsports
Sie entschied sich allerdings bewusst gegen eine weitere Saison in der Nachwuchsklasse Formel 3 bei einem Mittelfeldteam, die sie sportlich nicht wirklich weitergebracht hätte. Dafür hat sie sich ein straffes Programm abseits des Formelsports zusammengestellt.
Sie wird mit ihren Teamkolleginnen Tatiana Calderon und Beitske Visser in der Sportwagen-WM WEC ein reines Damen-Team stellen, dabei auch beim legendären 24-Stunden-Rennen in Le Mans an den Start gehen.
Mit starken Leistungen - auch in der DTM, die trotz der Neuausrichtung immer noch einen Namen hat und Sprungbrett sein kann - hofft sie mittelfristig auf eine Rückkehr in die Formel 2, dem direkten Unterbau der Motorsport-Königsklasse. Die DTM als Karriere-Boost: Sie will "geile Rennen" zeigen, "hart arbeiten" und "Spaß haben". Daneben möchte sie natürlich auch beweisen, dass Frauen es mit Männern im Motorsport aufnehmen können, wenn sie die Chance dazu bekommen.
Ein Selbstläufer ist die DTM allerdings nicht, denn die GT-Autos sind für Flörsch Neuland. "Ich bin an mehr Aerodynamik und weniger Gewicht gewöhnt", sagte sie. "ABS ist auch ganz neu für mich, an das Bremsen muss ich mich also auch gewöhnen", erklärte sie und verriet, dass sie bei den Tests einige Male den Bremspunkt verpasst hatte.
Zwei starke Teamkollegen
Doch nach zwei Testtagen ist sie zufrieden. Einen weiteren Test (4. bis 6. Mai auf dem Lausitzring) absolviert die DTM noch, ehe die Saison Mitte Juni in Monza startet. "Es läuft im Moment alles nach Plan", sagte sie.
Was hilft: Sie fährt für das amtierende Meisterteam Abt Sportsline und hat in Mike Rockenfeller ein DTM-Urgestein und Kelvin van der Linde einen ausgewiesenen GT-Profi als Teamkollegen. "Zwei starke Teamkollegen zu haben ist sehr hilfreich, damit ich so schnell wie möglich so schnell wie sie bin", weiß sie.
Das wird eine weitere Herausforderung sein: Schnell sein, um die Erwartungen zu bedienen. "Wenn du es in die Top 10 schaffst, wäre das ein sensationelles Ergebnis", sagte der zweimalige DTM-Champion Timo Scheider im ran-Podcast zu Flörsch. "Realismus ist ganz, ganz wichtig. Wichtig ist, dass sie von den Medien die Chance bekommt, hinterherzufahren, so hart das klingt. Da darf man auch mal auf die Fresse bekommen am Anfang. Sie begibt sich in ein Umfeld, das härter nicht sein kann."
Timo Scheider: "Da bleiben keine Fragezeichen"
Hinzu kommt das Team: Abt ist bodenständig, dabei auch geradeaus. "Das tut manchmal weh, wenn man in einen Rundumschlag von Hans-Jürgen (CEO Abt, Anm.d.Red.) gerät, der emotional ist", so Scheider: "Das ist für einen Rennfahrer nicht immer angenehm. Aber dafür sind sie auf den Punkt, man weiß, wo man dran ist. Da bleiben keine Fragezeichen."
Deshalb sind die Ziele auch mit Flörsch hoch gesteckt, stellt der Chef persönlich klar: "Wir werden alles tun, um Sophia in die Punkte zu bringen. Das ist sicher nicht einfach, aber mit harter Arbeit und ihrem Ehrgeiz glaube ich, dass wir ein gutes Paket geschnürt haben", sagte Abt. Damit Flörsch auch während der Saison über das ganze Gesicht strahlen kann.
Verwendete Quellen:
- ran Racing Podcast auf Spotify
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