IOC-Präsident Thomas Bach sieht in der Anpassung für Grundschüler ein Merkmal für den Niedergang der Leistungsbereitschaft in Deutschland.

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IOC-Präsident Thomas Bach kritisiert, dass Kinder in Deutschland immer seltener in sportlichen Wettkämpfen gegeneinander antreten.

"Dass der Wettkampf in Grundschulen jetzt abgeschafft wurde, ist Elend pur. Es widerspricht allem, wofür der Sport und eine Gesellschaft stehen", sagte der 71-Jährige in einem Interview der "Bild" angesprochen auf die Bundesjugendspiele für die 3. und 4. Schulklassen. Diese wurden jüngst reformiert, damit bei Kindern die Freude am Sport statt des reinen Konkurrenzgedankens im Mittelpunkt steht.

"Wenn man Anstrengung und Leistung schon im Sport abwürgt, dann muss man sich über den Zustand dieses Landes nicht wundern."

IOC-Präsident Thomas Bach

Das stört Bach, der im Juni nach fast zwölf Jahren als Chef des Internationalen Olympischen Komitees aufhört. "Eine Gesellschaft lebt am Ende von Leistung. Wenn man Anstrengung und Leistung schon im Sport abwürgt, dann muss man sich über den Zustand dieses Landes nicht wundern", sagte der gebürtige Unterfranke, der 1976 Mannschafts-Olympiasieger im Florettfechten wurde.

Bach fordert gesellschaftspolitisches Bekenntnis zur Leistung

In Deutschland wird seit Jahren über den Zustand des Spitzensports diskutiert, zuletzt vermehrt durch die magere Medaillenausbeute bei Olympia in Paris im Sommer 2024. Darüber hinaus bemüht sich der Deutsche Olympische Sportbund, irgendwann mal wieder selbst Sommerspiele auszurichten. Etliche Bewerbungen hierzulande scheiterten in den vergangenen Jahren an einer ablehnenden Haltung in der Bevölkerung.

"Wir müssen uns in Deutschland endlich mal wieder für etwas Positives begeistern. Das dann auch wirklich wollen und anstreben. Und nicht immer nur zweifeln, was alles schief gehen könnte", meinte Bach. "Das sage ich als deutscher Staatsbürger, nicht als IOC-Präsident. Dazu gehört auch ein gesellschaftspolitisches Bekenntnis zur Leistung, das uns ein wenig abhanden gekommen ist."

Heftige Kritik wegen Reform des Bundesjugendspiele

Durch die Reform sollte der Sport kinderfreundlicher und motivierender werden. Das bedeute jedoch nicht, dass es sich um ein "rein spielerisches Angebot handelt", wie es vom zuständigen Ausschuss für die Bundesjugendspiele heißt. Weiter werden Ehren-, Sieger- und Teilnehmerurkunden vergeben.

Dennoch gab es seit der Reform immer wieder heftige Kritik. Dagegen wehrt sich der Deutsche Sportlehrerverband (DSLV): "Die Durchführung der Bundesjugendspiele – egal in welcher Form – wird weder den deutschen Spitzensport noch die körperlichen Dispositionen unserer Kinder oder gar deren generelle Einstellungen zur sogenannten Leistungsgesellschaft retten oder gefährden." (dpa/sid/bearbeitet von ms)