Der verkorkste Saisonendspurt der Bayern könnte unangenehmen Auswirkungen auf die Nationalmannschaft haben. Bundestrainer Joachim Löw und sein Team benötigen jetzt intelligente Lösungen, um den wichtigen Bayern-Block wieder auf den Punkt fit zu bekommen.

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Es gibt so etwas wie einen Präzedenzfall für die aktuelle Situation: Das Finale dahoam.

Für den FC Bayern wurde das Champions-League-Endspiel im eigenen Stadion im Jahr 2012 zum Horror: Die Niederlage zu Hause gegen den FC Chelsea war ein emotionaler Niederschlag, der größte anzunehmende Unfall.

Als Bastian Schweinsteiger den letzten Elfmeter der Bayern an den Pfosten setzte, saß Joachim Löw zusammen mit seinem Trainerteam in einem Bungalow in der Provence.

Löw war geradezu geschockt über das, was er da sehen musste, wie er später gestand.

Die deutsche Nationalmannschaft hatte sich in dem heimeligen Örtchen Tourrettes nahe der Cote d’Azur zurückgezogen, die Vorbereitung auf die EM in Polen und der Ukraine war schon in vollem Gange.

Löw fehlten nur noch die Spieler des FC Bayern, die ein letztes Spiel vor der Brust hatte, das wichtigste der gesamten Saison. Und dann das.

Löw sah dunkle Wolken aufziehen

Der Bundestrainer sah bereits dunkle Wolken aufziehen, das Gerüst der Mannschaft für die Mission EM-Titel bildeten - wie so oft - die nun geknickten Spieler des FC Bayern.

"Die Bayern-Spieler brauchen ein paar Tage, dann werden sie ein neues Ziel vor Augen haben. Sie werden ihre Rolle einnehmen, sie können den Schalter umlegen - das haben sie schon oft bewiesen", sagte Löw damals dem "ZDF".

Intern war die Sprachregelung aber eine andere, weniger positive. Das Gros seiner Mannschaft reiste nicht als Champions-League-Sieger ins Trainingslager nach - sondern mit dem Silber-Triple im Gepäck, drei zweiten Plätzen in der Bundesliga, im Pokal und in der Königsklasse.

Letzte Wochen haben Spuren hinterlassen

Ganz so schlimm hat es die Bayern in der abgelaufenen Saison nicht erwischt. Immerhin bleibt die Meisterschaft.

Aber die letzten Wochen haben durchaus Spuren hinterlassen, selbst bei erfahrenen Spielern wie Thomas Müller oder Mats Hummels.

Das Ausscheiden gegen Real Madrid Anfang Mai war eine Zäsur, seitdem ist der Dampf raus. Die drei Spiele danach waren ein rumpeliges 3:1 bei Absteiger Köln, ein blamables 1:4 im letzten Saisonspiel gegen Stuttgart und die Niederlage im Pokalfinale gegen Eintracht Frankfurt. Sie verhagelte die Saison aus Bayern-Sicht endgültig.

Die Leistungen an sich waren gar nicht das Problem, die Bayern hatten in den Spielen gegen Real, den VfB und Frankfurt insgesamt 79:31 Torschüsse, verloren aber dreimal und spielten einmal remis. Es fehlte an Haltung und Überzeugung -und am viel zitierten "Mia san Mia".

Löw muss die Spieler behutsam aufbauen

Für den Bundestrainer sind das keine besonders guten Voraussetzungen. Anders als bei der WM 2014 hat er keine große Gruppe zufriedener Spieler zusammen. Damals hat der FCB die Champions League gewonnen - gegen Borussia Dortmund.

Löw kann diesmal maximal ein paar fröhlich gestimmte Spieler begrüßen wie Sami Khedira und vielleicht auch Toni Kroos, aber er wird einen guten Teil seiner Mannschaft erst behutsam heranführen müssen an die große Aufgabe Titelverteidigung - vor allem die Münchner.

Das ist umso wichtiger, da die Spieler des FC Bayern das Rückgrat der deutschen Mannschaft bilden. Sieben Spieler stark ist der FCB-Block, fünf sind klare Startspieler.

Mit den lethargischen Bayern der letzten Wochen wird Deutschland aber kaum eine Chance haben, seinen Titel zu verteidigen.

Das weiß auch Löw: "Wir brauchen Spieler, die alle ein Topniveau erreichen", sagte er beim Einzug ins Teamquartier in Südtirol.

Es gibt nur ein Ziel

Dass das gelingt, dafür steht die Führungsriege bei der Nationalmannschaft. Sie ist unglaublich erfahren darin, die Spieler auf den Punkt wieder fit und frisch zu machen. 2012 nach dem Finale dahoam stand immerhin der Halbfinal-Einzug.

Doch das soll diesmal nicht reichen. "Das Ziel ist natürlich klar, dass wir als amtierender Weltmeister auch den Titel verteidigen wollen", sagt Team-Manager Oliver Bierhoff.

Der erste Schritt soll jetzt in Südtirol gemacht werden. Dort herrschen laut Bierhoff "optimale Bedingungen" für den WM-Feinschliff: "Da passt alles. Es ist ein guter Mix aus gewisser Lockerheit und Fokus. Kein Zirkus, aber trotzdem die Möglichkeit, mit Menschen in Kontakt zu kommen."

Schon Franz Beckenbauer hatte 1990 seine Mannschaft in Südtirol bereit gemacht für den Weltmeister-Titel.

Löw war mit "der Mannschaft" auch schon dort, einmal 2010 - und 2014 vor dem WM-Titel.

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