Am 6. Juli beginnt die EM (f) in England. Einige Verbände verkünden im Vorfeld die Anpassung der Prämien für die Frauen. Doch es geht um mehr als Geld.

Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht der Autorin dar. Hier finden Sie Informationen dazu, wie wir mit Meinungen in Texten umgehen.

Mehr News zum Thema Fußball

Kürzlich habe ich zum ersten Mal in meinem Leben das Magazin "Playboy" gekauft und die Reaktion des Kioskverkäufers wäre einen eigenen Artikel über Genderbilder wert. Tatsächlich wollte ich im Vorfeld der EM (f) gern das Interview mit Nationalspielerin Laura Freigang lesen, in dem sie sich unter anderem zu Equal Pay im Fußball geäußert hat. Ihre klugen Gedanken waren das Geld ebenso wert wie das Feixen der Männer im Kiosk.

Das Thema Equal Pay, also die gleiche Bezahlung der Männer- und Frauenteams, ist im Vorfeld dieser EM sehr präsent. Das ist gut so und sicher auch den US-Spielerinnen zu verdanken: Der Fußballverband der USA sowie die Gewerkschaften der Frauen- und Männer-Nationalteams haben sich auf einen historischen Tarifvertrag geeinigt, der Spielerinnen und Spielern gleiche Bezahlung und Boni garantiert. Auch einige europäische Länder verkünden nun: Equal Pay.

Ein Schritt in die richtige Richtung

Fest steht, jeder Schritt bei diesem Thema ist einer in die richtige Richtung. Im Detail gilt es aber auch hier zu differenzieren. Die Zahlungen rund um ein Turnier setzen sich in der Regel aus mehreren Posten zusammen. Einer davon sind die Prämien, die der Verband – in diesem Fall die UEFA – ausschüttet. Diese Summen liegen für die Frauen weit unter jenen der Männer: Wurden für die EM (m) 2021 Preisgelder in Höhe von 371 Millionen Euro ausgeschüttet, sind es bei der EM 2022 (f) gerade einmal 16 Millionen. Das bedeutet, das Startgeld für zwei Teams der Männer (jeweils 9,25 Millionen) liegt bereits über der Gesamtsumme für die Frauen.

Wird derzeit von Equal Pay gesprochen, geht es also in der Regel nicht um Endsummen. Diese Differenzierung ist einerseits wichtig, andererseits macht sie die laufenden Bemühungen nicht weniger bedeutsam. In der Schweiz zahlt beispielsweise die Credit Suisse als Hauptsponsorin des Schweizer Fußballverbands künftig Spielenden beider Teams dieselben Prämien, wenn diese sich für ein Turnier qualifizieren oder die Gruppenphase überstehen. Auch weil die Boni zu 100 Prozent bei den Sportlerinnen und Sportlern landen, ist das eine tolle Entwicklung – zumal, da die Initiative von der Sponsorin ausgeht, die den klaren Fokus hat, die Frauen zu stärken.

Hinzu kommt, dass der Verband selbst den Spielenden künftig für Bild- und Namensrechte ebenfalls dieselben Summen zahlt. Zwei von drei Säulen wurden also tatsächlich angeglichen. Gute Nachrichten gibt es auch für die Fußballerinnen des Niederländischen Verbandes KNVB, der männlichen und weiblichen Stars künftig gleiche Summen für die Persönlichkeitsrechte (Namen, Bilder, Videos) ausschüttet. Stürmerin Vivianne Miedema feiert den "historischen Meilenstein" in Sachen Gleichberechtigung mit den Worten: "Onto a brighter future together" und betont ihn zudem als wichtiges gesellschaftliches Signal.

Debatte endet nicht mit Equal Pay

Neben der Schweiz und den Niederlanden haben bereits Spanien, Island, England, Norwegen, Finnland und Schweden unterschiedliche Formate einer "Equal Pay"-Annäherung beschlossen – das sind acht der insgesamt 16 teilnehmenden Nationen der EM. Eine schöne schwedische Besonderheit ist, dass als Teil der Vereinbarung die Partner und Partnerinnen sowie Kinder der Spielerinnen auf Kosten des Verbandes beim Turnier dabei sein dürfen. Deutschland ist zögerlich in Sachen Equal Pay, allerdings sollte bei aller berechtigter Kritik daran nicht unter den Tisch fallen, dass der DFB mit 60.000 Euro eine Rekordprämie für einen möglichen EM-Sieg ausgerufen hat.

Und damit zurück zu Laura Freigang und den vielen anderen Spielerinnen, die sich derzeit zum Thema Bezahlung im Fußball äußern: Es geht natürlich darum, bei Turnieren faire Bezahlung zu erhalten. Es geht aber, wie die Frauen nicht müde werden zu betonen, auch um Einkünfte in der Liga und, ganz wichtig, Strukturen: Trainingsbedingungen und -plätze, Versorgung durch Ärztinnen und Physiotherapeuten, Ausbildung, Unterbringung und Reisebedingungen bei Auswärtsspielen ebenso wie Turnieren, Präsenz in Vereinsmedien, Anstoßzeiten und TV-Verträge. Sprich, die derzeitigen Anhebungen der Prämien sind enorm wichtig. Um Frauen im Fußball endlich das verdiente Wachstum zu ermöglichen, braucht es aber mehr. Und das nicht nur bei Turnieren. Es bleibt ein weiter Weg, aber es bleibt auch dabei: jeder Schritt zählt.

Mehr Fußballthemen finden Sie hier

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.