"Und wie soll das funktionieren?", ist die häufigste Frage, mit der sich Blindenfußballer konfrontiert sehen, wenn es um ihren Sport geht. Wie gut das tatsächlich funktioniert, davon konnten sich die Zuschauer in München überzeugen - und sind ausnahmslos davon begeistert, wie schnell und intensiv sich die blinden Kicker auf dem Spielfeld bewegen.

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Es ist der letzte Spieltag der erst vor fünf Jahren gegründeten Deutschen Blindenfußballbundesliga. Seit vergangenem Jahr tragen acht Mannschaften ihren Spielbetrieb im Rahmen einer Städte-Tour aus. Man hofft, so mehr Menschen für einen Sport zu begeistern, der allen der an diesem Tag Anwesenden Respekt abringt.

Einer der Zuschauer ist Wolfgang Dremmler, Ex-Nationalspieler, ehemaliger FC-Bayern-Scout und seit wenigen Wochen Abteilungsleiter der Jugendarbeit des FC Bayern. Als neu gekürter Botschafter der Sepp-Herberger-Stiftung, die als Ausrichter der Blindenfußball-Spieltage fungiert, will er sich einen Eindruck verschaffen, wie das so funktioniert, Kicken ohne Augenlicht. Er bekommt Gelegenheit, es selbst auszuprobieren. Zwischen den Partien SG Dortmund/St. Pauli – Chemnitzer FC und SG Berlin/Braunschweig – PSV Köln bekommen interessierte Zuschauer Schlafmasken aufgesetzt und können sich am Rasselball versuchen.

Auch Profis stoßen an ihre Grenzen

Da stoßen auch gestandene Ex-Fußballprofis wie Dremmler an ihre Grenzen. "Man muss sich darauf einlassen, den Ball zu hören", beschreibt er danach seine Versuche. So richtig gelingen will ihm das an diesem Tag noch nicht, was Dremmlers Bewunderung für den Blindenfußball wohl nur noch steigert: "Ich bin wirklich beeindruckt von dem, was geleistet wird, und ich bin überrascht, wie gut und sicher und wie selbstverständlich sich die Spieler bewegen."

Akustik ist das A und O

Diese Selbstverständlichkeit kommt nicht von ungefähr. Sie ist auch das Ergebnis verschiedener Voraussetzungen bei den Spielern. Je nachdem, wann jemand sein Augenlicht verloren habe, gehe er mit unterschiedlichen Vorteilen in das Spiel, erklärt Blindenfußballer Jörg Fetzer. Er selbst erblindete mit 18 ¾ Jahren, hat vorher schon im Verein Fußball gespielt. Er hat Vorkenntnisse, die er im Spiel umsetzen kann. "Wenn Spieler schon blind auf die Welt gekommen sind, haben sie dafür akustische Vorteile", sagt Fetzer, der für den Chemnitzer FC kickt. Wie schon Wolfgang Dremmler bemerkt hat, beim Blindenfußball ist es unglaublich wichtig, sich darauf einzulassen, zu hören – zum einen auf die "Voy"-Rufe (voy span. "Ich komme"), mit denen die Spieler auf sich aufmerksam machen und so auch den Gegenspieler warnen, zum anderen auf die Tipps von Trainer, Torwart und Guides und nicht zuletzt natürlich auch auf das Rasseln des Spielgeräts.

Harter Einsatz

Im Kampf um den rasselnden Ball geht es manchmal recht hart zur Sache. Damit die Verletzungsgefahr so gering wie möglich gehalten wird, tragen alle Spieler in der Blindenfußball-Bundesliga einen speziellen Kopfschutz. "Leider ist das auf internationaler Ebene keine Pflicht", erzählt Fetzer. "Einmal haben wir gegen ein Team aus Polen gespielt, die wollten partout keinen Kopfschutz aufsetzen, weil sie fanden, das sähe blöd aus. Und gleich im ersten Spiel knallt einer mit seinem Kopf gegen mein Auge. Ich hatte drei Tage lang einen Bluterguss, aber zumindest haben sie sich danach überreden lassen, mit Kopfschutz zu spielen."

Wer sich weiter über das Thema Blindenfußball in Deutschland informieren will, dem sei die Website der Blindenfußball-Bundesliga ans Herz gelegt.

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