Der DFB verpasst sich eine Erneuerung aus sich selbst heraus. Das ist zu wenig – und der Verweis auf die nächste Übergangslösung hat sich schon lange abgenutzt.

Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Mara Pfeiffer dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Es ist knapp eine Woche her, dass Rudi Völler als Nachfolger von Oliver Bierhoff präsentiert wurde. Wobei wichtig ist zu betonen, dass Völler nicht der Nachfolger ist, sondern einer der Nachfolger. Sein Verantwortungsbereich ist rein sportlicher Natur, für die A-Nationalmannschaft sowie die U21. Der Fokus ergibt sich aus dem Blick in den Kalender: die EM 2024. Dem Turnier der Männer im eigenen Land wird höchste Dringlichkeit beigemessen, dass schon in diesem Sommer die WM der Frauen stattfindet, scheint eher nachrangig zu sein.

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Die anwesenden Medienvertreter*innen hatten bei der Pressekonferenz vor allem Fragen an den DFB-Rückkehrer, der diese freundlich beantwortete, ohne sich allzu sehr festzulegen oder zu positionieren. Doch besondere Aussagekraft hatte ohnehin eine Antwort von Hans-Joachim Watzke; auf die Frage nämlich, wie denn genau der Prozess gelaufen sei, aus dem neuen Expertengremium heraus eben Völler vorzuschlagen.

Watzke: "Rudi, das wäre doch eigentlich was für dich"

„Das war gar kein Prozess“, erklärte Watzke und wirkte dabei amüsiert. „Sondern wir haben zusammengesessen und, ja, dann siehst du die Runde da, und dann habe ich einfach spontan mal gesagt: Rudi, das wäre doch eigentlich was für dich. Das prozessual zu erklären, ist eher schwierig.“ Man sei schon Bauchmensch, fügte Watzke hinzu, und: „Man konnte sehen, dass der Bernd (Neuendorf) das auch gut fand.“ Na, dann ist ja alles paletti im deutschen Fußball.

Zur Erinnerung. Mitte Dezember hat der DFB ein neues Beraterquintett berufen, zu dem Karl-Heinz Rummenigge, Oliver Kahn, Matthias Sammer, Oliver Mintzlaff und, genau, Rudi Völler selbst zählen. Diese sollen, gemeinsam mit DFB-Präsident Bernd Neuendorf und Hans-Joachim Watzke, den DFB gestärkt aus der Krise herausführen. Kritik an der Zusammensetzung gab es reichlich; sie wurde mit dem Hinweis auf die große Erfahrung der Experten abgetan.

Die Berufung Völlers, gerade in ihrer Art und Weise, zeigt jedoch deutlich, wie richtig die Kritik war. Und wie wichtig es zudem ist, den sogenannten Prozess beim DFB weiter aufmerksam und kritisch zu begleiten. Es ist fast lachhaft, überhaupt erneut darauf hinweisen zu müssen, dass Diversität in Gremien zu deren Erfolg beiträgt.

Dabei geht es nicht bloß um die Frage, ob nur Männer in einer Runde sitzen oder auch Menschen anderer Gender, sondern darum, dass nicht immer wieder sämtliche Beteiligte cis männlich, weiß und zudem über 50 Jahre alt sind. Und nein: Die Tatsache, dass Mintzlaff erst 47 ist, reißt es nicht heraus.

Notwendig wäre ein Abbild der Gesellschaft, an dem der deutsche Fußball jedoch wieder und wieder krachend scheitert, weil er nur in seiner eigenen Suppe schwimmt. Sogar so sehr, dass die Beteiligten eines Beraterquintetts bei den Überlegungen, wer für die Rolle im DFB geeignet ist, nicht mal aus den vier Wänden herauskommen, die sie umgeben: Rudi, mach du mal. Wie soll sich etwas entwickeln, wenn die immer Gleichen einander Aufgaben zuschustern?

Völler selbst hätte es in der Hand gehabt, "Nein!" zu sagen

Mal ganz abgesehen davon, wie offensichtlich hier einzelne Vereine Einfluss auf den DFB gewinnen. Es gibt in diesem Umfeld nicht nur einen Rudi Völler, es gibt unzählige, denn er steht inzwischen für einen bestimmten Typus, der in diesen Verbänden an den Töpfen der Macht verharrt. Da nutzt auch seine Freundlichkeit und sein beliebtes Augenzwinkern nichts, ebenso wenig wie die Erfolge der Vergangenheit. Und: Völler selbst hätte es in der Hand gehabt, abzulehnen.

Es bringt auch nichts, darauf zu verweisen, dass in einer weiteren internen DFB-Arbeitsgruppe Célia Šašić und Heike Ullrich sitzen. Zum einen ist es ehrlich eine Zumutung gegenüber Šašić, dass sie ständig als Doppeltoken ins Scheinwerferlicht gehalten wird, statt mit der inhaltlichen Kompetenz in vielen Bereichen glänzen zu dürfen. Zum anderen sind nun mal auch diese zwei bereits Teil des Systems DFB.

Was der Verband ganz dringend braucht, ist aber frischer Wind. Der umweht ihn längst von allen Seiten, denn außerhalb des DFB wird der Fußball tatsächlich seit geraumer Zeit diverser. Aber wer immer nur auf sich selbst und diejenigen schaut, die sich vertraut und gemütlich anfühlen, bleibt davon natürlich unbewegt. Ein Jammer.

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