- Die Champions League wird reformiert: Ab 2024 soll im sogenannten "Schweizer Modell" gespielt werden.
- Während die Topteams auf deutliche Mehreinnahmen hoffen, sind Spieler und Fans die Leidtragenden.
Die Champions League steht vor einer Zäsur: Ab dem Jahr 2024 wird das Teilnehmerfeld wohl von 32 auf 36 Teams aufgestockt, zudem wird das sogenannte "Schweizer Modell" angewandt.
Bedeutet nach jetzigem Stand: Statt mehrerer Gruppen gibt es nur noch eine Gruppe, es spielt aber nicht mehr jeder gegen jeden, sondern jedes Team bestreitet zehn Partien. Ausgelost werden die Duelle offenbar durch vier Setztöpfe.
Die besten acht Teams dieser 36er-Liga sollen sich direkt für das Achtelfinale qualifizieren, während die Plätze 9 bis 24 in einer Playoff-Runde die weiteren acht Teilnehmer der K.-o.-Runde ausspielen.
Dieser Vorschlag kursiert bereits seit geraumer Zeit, ist aber noch nicht offiziell vom europäischen Fußballverband UEFA durchgewunken worden. Laut übereinstimmenden Medienberichten geht es aber nur noch um Details. Bereits beim nächsten Kongress am 20. April will die UEFA das finale Konzept der Königsklassen-Reform fertig haben. Die Entscheidung trifft am Ende das UEFA-Exekutivkomitee.
Bayern-Vorstand Oliver Kahn: "Attraktiver Modus"
Die Abkehr vom bislang bekannten Modus der Champions League ist auch eine Reaktion auf die immer wieder kursierenden Super-League-Pläne der ECA-Teams. Die European Club Association (ECA) existiert seit 2008 und vertritt vor allem die Interessen von Europas Topklubs.
Aus diesem Gremium gab es immer wieder Pläne einer eigenen Superliga, die oftmals aber nur leere Drohungen waren, um bessere Konditionen für die Topteams zu schaffen. Nun bestätigten der "Sportschau" aber mehrere Funktionäre, dass diesmal die Idee der Super League so konkret gewesen sei, wie noch nie.
Mit den neuen Plänen der UEFA scheint dies aber abgewendet. "Der aktuelle Vorschlag der UEFA ist ein sehr ausgewogener Kompromiss. (...) Es ist ein sportlich attraktiver Modus", lobte etwa Bayern-Vorstand Oliver Kahn im "kicker". Auch die Münchner sollen zu jenen Klubs gehört haben, die sich eine "Super League" vorstellen konnten.
Und BVB-Boss Hans-Joachim Watzke sah in den "Ruhrnachrichten" im neuen Champions-League-Modell sogar den "einzigen Weg, um eine Super League der internationalen Topklubs zu verhindern".
Denn mit nun zehn garantierten Spielen in der Champions League steigen die Einnahmen für die Klubs automatisch. Gerade in Corona-Zeiten ein gern gesehener Fakt, schließlich fallen aktuell die Zuschauereinnahmen weg und auch sonst sprudeln die Millionen nicht mehr so, wie noch vor Corona. Wie genau die finanzielle Verteilung aussieht, ist aber noch nicht klar. Fest steht nur eins: Weniger Geld werden die Topklubs sicherlich nicht einnehmen.
Belastung für die Spieler nimmt zu
Für die Spieler der Champions-League-Teams bietet sich so auch die Chance, noch mehr Partien auf höchstem Niveau bestreiten zu können und dadurch einerseits möglicherweise den eigenen Marktwert, aber auf jeden Fall die Bekanntheitswerte zu steigern. Schließlich sind es doch zumeist die Duelle in den internationalen Wettbewerben, die nachhaltig in Erinnerung bleiben.
Andererseits nimmt aber auch die Belastung für die Spieler zu. 225 statt bislang 125 Spiele werden mit dem neuen Modus bis zur Entscheidung absolviert. Mindestens vier Partien mehr pro Team, im Vergleich zum bereits jetzt gut gefüllten Terminkalender. "Die Frage ist, wer dadurch weniger Termine bekommt: die nationalen Ligen, die nationalen Pokal-Wettbewerbe oder die Nationalmannschaften", erklärte Jacco Swart, Geschäftsführer des europäischen Ligaverbandes European Leagues, in der "Sportschau" das Dilemma.
Zwangsläufig werden andere Wettbewerbe und Ligen länderübergreifend zurückstecken müssen. In Deutschland könnte beispielsweise die Winterpause auf den Prüfstand kommen. Andere Länder könnten gezwungen sein, ihre Ligen mit 20 Teams zu verkleinern. Leidtragende in beiden Fällen: kleinere Teams.
Fanverband kritisiert CL-Reform
Für die Fans klingt die Champions-League-Reform zunächst wie ein Paradies – zumindest für jene mit den entsprechenden Pay-TV-Abos. 100 Spiele mehr im besten Wettbewerb Europas bedeuten auch mehr Duelle unter den Topteams in der Gruppenphase. Hat man in dieser Saison das Gefühl, die Champions League geht erst im Viertelfinale so richtig los, könnten mit dem neuen Modus schon in der zehn Spiele umfassenden Vorrunde zahlreiche Kracher warten.
Doch ist das alles wirklich im Sinne der Fußballfans? Geht es nach der europäischen Fanvereinigung "Football Supporters Europe" (FSE) heißt die Antwort: nein. Die Reform der Champions League oder gar die Gründung einer Superliga seien fehlerhaft, teilte die Gruppierung in einem Thesenpapier mit, das unter anderem im "Guardian" veröffentlicht wurde: "Wenn sie realisiert werden, werden die Kernprinzipien des sportlichen Erfolgs weiter untergraben."
Die FSE betonte außerdem: "Eine zementierte Dominanz der Elitevereine würde auf lange Sicht für weniger unterhaltsamen Fußball sorgen." So könnte sich die UEFA schlussendlich mit ihrem Vorhaben ins eigene Fleisch schneiden, weil sich immer mehr Fans vom Hochglanzprodukt Champions League, trotz aller Qualität, abwenden.
Die FSE nennt in ihrem 24-seitigen Schreiben auch Lösungsvorschläge. So empfiehlt sie, "den Spielkalender nicht weiter aufzusplittern, eine gerechtere Verteilung der Einnahmen zwischen den Vereinen" sowie eine "drastische Erhöhung der Solidaritätszahlungen zugunsten der nicht teilnehmenden Vereine". Denn, so die FSE: "Am Ende bietet der Dialog die beste Chance, ein Spiel zu entwickeln, das für alle Beteiligten funktioniert."
Fazit: Die Reform der Champions League wird den Fußball in Europa verändern, aber wohl nur zugunsten der Topklubs, die größtenteils ohnehin schon ihre Heimatligen dominieren. Spieler, Fans und kleinere Teams sind wieder einmal komplett außen vor.
Verwendete Quellen:
- Sportschau.de: Champions League ab 2024: Reform wird konkreter
- Sportschau.de: Champions League ab 2024: Worüber Europas Fußball streitet
- Kicker.de: Champions League ab 2024: Die Details zur großen Reform
- Guardian.com: Fans across Europe speak out against Champions League expansion
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