Werner Lorant ledert zu seinem 70. Geburtstag gegen die moderne Spieler-Generation beim TSV 1860 München. Dennoch gab es unerwartete Glückwünsche aus Giesing für die beinharte Trainer-Legende, die ihren Lebensabend mit einem anderen Ex-Profi auf einem Campingplatz verbringt.

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Beim TSV 1860 München genießt Werner Lorant Kultstatus. Als Trainer war nur Max Merkel mit den Blauen noch erfolgreicher, weil er 1966 die Löwen zur Deutschen Meisterschaft führte.

Ismaik hält Laudatio auf Lorant

Als Lorant am 21. November seinen 70. Geburtstag beging, meldete sich auch ein Mann bei ihm, mit dessen Glückwunsch er nicht rechnen durfte: Hasan Ismaik.

Der Jordanier hält seit Jahren den Traditionsverein aus Giesing mit seinem Geld am Leben. Diese Abhängigkeit gefällt nicht nur Lorant nicht. In der ihm eigenen Offenheit hat er dies öfter kundgetan.

"Es kann nicht sein, dass sich ein Traditionsverein wie Sechzig München von einem Mann so abhängig macht, der sehr viel Geld hat, wo die Ölquelle jeden Tag läuft", sagte er im Sommer 2018 der Münchner "Abendzeitung".

Die druckte ausführlich auch Ismaiks Worte des Glückwunschs - und der Versöhnung: "Ich respektiere Ihre Meinung, weil Sie eine Legende sind. Nicht nur für die Masse der Löwenfans, sondern auch für mich." Schließlich verneigte sich Ismail verbal sogar vor Lorant.

Bierofka trainiert "Waschlappen"

Das zeugt von Stil und Anstand. Beides vermisst Lorant bei der heutigen Spieler-Generation. Sie braucht dem Wahl-Bayern so schnell nicht mehr unter dessen gestrenge Augen zu treten. Er nennt sie "Waschlappen, die nicht mal 'Guten Tag' sagen."

Dafür hält der 70-Jährige seinen ehemaligen Schützling Daniel Bierofka für den ersten fähigen Trainer bei 1860 - seit Lorant.

"Er war ein großer Förderer von mir", dankt Bierofka dem legendären Löwen-Coach bis heute. "Teilweise war es aber sehr hart bei ihm", gesteht Bierofka der Münchner "Abendzeitung". Der Spitzname "Werner Beinhart" kommt nicht von ungefähr. Bierofka und dessen Kollegen aber waren fit, und der TSV 1860 war später nie mehr so gut wie unter Lorant.

Bis in die Qualifikation zur Champions League führte der Schleifer den Stadtrivalen des FC Bayern München in der Saison 1999/2000. Beinahe auf Augenhöhe zu den Roten. Fast 20 Jahre ist das her. Als Oberligist, damals in Deutschland die Drittklassigkeit, hatte Lorant die Löwen 1992 übernommen.

Durchmarsch mit Lorant: "Meine schönste Zeit"

Unter dem Ex-Profi wurden sie so bissig wie seit den Zeiten von Meistertrainer Merkel nicht mehr. Die Blauen marschierten zwischen 1992 und 1994 in einem Rutsch aus der dritten in die erste Liga durch.

"Das war meine schönste Zeit", erzählte Lorant kurz vor seinem 70. Geburtstag in der Münchner "Abendzeitung". "Zehn Jahre bei einem Verein: Welcher Trainer schafft das heutzutage noch?"

Die Zeiten haben sich geändert. Lorant hat sich im Training noch auf Hartplätzen aus Asche die Knie wund gegrätscht, echte Lederbälle geköpft, die bei Regen hart wurden wie Betonkugeln. Lorant stammt aus Welver in Nordrhein-Westfalen, aus der sogenannten Herzkammer des Fußballs.

Seine Mutter, bald 100 Jahre alt, lebt noch immer dort. Lorant vermutet, er müsse auch diese magische Marke erreichen, um 1860 genügend Zeit zu geben, in die Bundesliga zurückzukehren. "Ich werde das nicht mehr erleben."

Lorant besucht seine betagte Mutter

Zu seinem 70. Geburtstag hat Lorant seine Mutter besucht. Dafür musste er weit fahren. Von einem Campingplatz am Waginger See bis tief in den Westen, den echte Bayern vom Norden meist nicht unterscheiden.

Oberhalb des sogenannten "Weißwurstäquators", der Main-Linie, beginnt Preußen-Land. Fertig.

Von dort oben bekamen die Löwen einen Trainer gesandt, den sie bis in alle Ewigkeit verehren werden, dem sie nachweinen. Lorant ist dieser Ruhm nicht anzusehen. Er lebt auf einem Campingplatz.

Auf dem Campingplatz mit Dieter Eckstein

Und das nicht alleine. Noch eine frühere Legende der Bundesliga ist hier nach etlichen Nackenschlägen, die das Leben für ihn bereithielt, gelandet.

Dieter Eckstein. Eckstein stürmte vor 30 Jahren für Deutschland, stand bei der Heim-EM 1988 im Kader von Franz Beckenbauer. Neben Jürgen Klinsmann und Rudi Völler.

Eckstein wurde mit 14 Jahren Vollwaise, wuchs bei Pflegeeltern auf. Seinen Sohn verlor er an den plötzlichen Kindstod, als er sieben Wochen alt war.

Eckstein besiegte den Hodenkrebs und sprang 2011 nach einem Herzstillstand während eines Prominentenspiels dem Tod von der Schippe. Seitdem lebt er mit einem Herzschrittmacher.

Attraktionen für Urlauber

Gemeinsam mit Lorant kümmert sich Eckstein um Kinder, denen die beiden Fußball-Protagonisten kein Begriff mehr sind. Die Zeiten, als Lorant und Eckstein auf Sammelbildchen erschienen, sind lange vorbei.

Zusammen aber haben sie mehr als 600 Bundesligaspiele aufzuweisen. Und Eckstein obendrein Länderspiele. Sieben an der Zahl. Die hält er Lorant bei einer gemeinsamen Zigarette genüsslich vor. Lorant hat es nie ins DFB-Trikot geschafft.

Jetzt sind beide Attraktionen für Camper in Oberbayern. "Das ist doch wie jeden Tag Urlaub hier", äußert sich Lorant rundum glücklich, als ein Reporter der "Süddeutschen Zeitung" vorbeischaut.

Sein Haus wurde 2010 zwangsversteigert. Ecksteins Dach über dem Kopf brannte ab. Sie haben wieder eins. Und ihre Ruhe. In Waging am See.

Verwendete Quellen:

  • Abendzeitung-München.de
  • Süddeutsche.de
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