Das Urteil zur Sperre von Bayer Leverkusens Hakan Calhanoglu zeigt, wie kompliziert die FIFA-Statuen zur Vertragsverhandlung sind. Offenbar waren sie den verhandelnden Parteien selbst nicht zu 100 Prozent bekannt. Die Aufarbeitung des Geschehenen.

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Die Sperre für Hakan Calhanoglu trifft den Spieler und seinen Klub Bayer Leverkusen hart. Aber was ist da genau passiert? Wer muss die Verantwortung übernehmen? Und wie geht es jetzt weiter?

Was ist passiert?

Hakan Calhanoglu ist für vier Monate gesperrt. Der Internationale Sportgerichtshof CAS hat am Donnerstag ein Urteil der FIFA aus dem Jahr 2016 bestätigt.

Die Saison ist für den Leverkusener damit gelaufen, Calhanoglu wird in dieser Spielzeit nicht mehr für die Werkself und die türkische Nationalmannschaft auflaufen dürfen. Dazu wurde Calhanoglu zu einer Geldstrafe von 100.000 Euro verurteilt.

Das war der Hintergrund

2011 durfte der damals 17-Jährige noch keine Geschäfte selbst führen und Verträge unterzeichnen. Calhanoglu spielte damals in der A-Jugend des Karlsruher SC. Sein Vater Hüseyin übernahm die Verhandlungen und machte einen folgenschweren Fehler.

Papa Calhanoglu hatte im Frühjahr 2011 einen Vertrag mit Trabzonspor Istanbul vereinbart, rund ein Jahr später aber den Kontrakt seines Sohnes beim KSC verlängert. Pikant: Trabzon und Calhanoglu hätten mehr als sechs Monate vor Ablauf des KSC-Vertrags eigentlich gar nicht miteinander verhandeln dürfen.

Offiziell war Calhanoglu ab dem Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung in Karlsruhe bei zwei verschiedenen Vereinen angestellt. Ein klarer Verstoß gegen die FIFA-Statuten. Dagegen klagte Trabzonspor einige Jahre später, forderte Entschädigung von den Calhanoglus.

Wie der türkische Klub am Freitag mitteilte, habe man der Familie "mehrmals" als Kompromiss eine außergerichtliche Einigung angeboten. Allerdings hätten Calhanoglu und sein Management dieses Angebot stets ausgeschlagen. Trabzon hatte eine Million Euro Entschädigung gefordert. Erst danach sei Trabzonspor den "normalen" Rechtsweg gegangen.

Die Reaktionen:

Hakan Calhanoglu: "Ich war 17 Jahre alt und war mir der Tragweite nicht bewusst. Ich hatte doch nur Fußball im Kopf. Ich habe meinem Vater vertraut."

Rudi Völler: "Wir bedauern diese für uns in keiner Weise nachvollziehbare Entscheidung. Sie ist ein schwerer Schlag für Hakan und auch für uns. Obwohl wir nichts mit den Vorgängen von 2011 zu tun hatten, werden wir schwer bestraft."

Nevzat Aydin (Vizepräsident Trabzonspor): "Erst bei Trabzonspor unterschreiben, das Geld nehmen und verschwinden. Die Strafe gegen Calhanoglu ist noch milde ausgefallen. Vor allem die Geldstrafe von 100.000 Euro."

Wer ist schuld?

Natürlich will niemand so recht die Verantwortung übernehmen. Am Ende bleibt die Verantwortung an Calhanoglus Vater hängen. Trabzonspor und der KSC haben sich nichts zu Schulden kommen lassen.

Calhanoglu habe 2011 zufällig mitbekommen, "dass sich mein Vater in Darmstadt in einem Restaurant mit Vertretern von Trabzonspor trifft." Sein Vater habe zu ihm gesagt, er müsse den Vertrag unterschreiben, der dann am 1. Juli 2012 in Kraft treten sollte.

Dabei hatte Hakan Calhanoglu sich zu diesem Zeitpunkt noch keine Minute mit dem Klub beschäftigt, für den er gut ein Jahr später auflaufen sollte…

"In unserer Kultur hat der Vater das Sagen. Es gehört sich nicht, ihm keinen Respekt entgegenzubringen", sagte Calhanoglu heute dem "Express". "Mein Vater weiß heute, dass er einen schlimmen Fehler gemacht hat. Das macht ihn auch traurig."

Der Spieler selbst sah die Angelegenheit übrigens bis zuletzt anders: Der Deal mit Trabzon sei durch die Verlängerung mit dem KSC und die nie erfolgte Einigung beider Klubs aus seiner Sicht nie gültig geworden. Ein fataler Trugschluss.

Was bedeutet das jetzt?

Calhanoglu kann Bayer im Kampf um die Champions-League-Teilnahme in dieser Saison nicht mehr helfen.

Auch Calhanoglu ist klar, dass von dieser Geschichte etwas hängen bleiben wird. Und sei es nur die Tatsache, dass sich in seiner Abwesenheit nun andere Spieler aufdrängen und womöglich die Gunst der Stunde nutzen könnten. Zum Beispiel Leon Bailey.

Dass das Urteil nur wenige Stunden nach Ende der Transferperiode ausgesprochen wurde, ärgert die Leverkusener maßlos. Aber immerhin hatte Bayer auf dem Transfermarkt - wissentlich oder nicht - noch zugeschlagen und in Bailey so etwas wie einen Ersatz für Calhanoglu gekauft.

"Die Strafe und auch der Zeitpunkt jetzt nach Transferlisten-Schluss sind nicht nachvollziehbar. Gott sei dank haben wir mit Leon Bailey am Dienstag noch einen Spieler verpflichtet, der eigentlich erst ab Sommer vorgesehen war", sagt Bayer-Manager Jonas Boldt.

Sehr wahrscheinlich wird Bailey gleich seine ganz große Bewährungschancen bekommen. Und Kontrahent Calhanoglu muss tatenlos zusehen.

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