Warum Matthias Sammer kein Zeug zum Philosophen hat, Bernd Leno mit zur WM muss und es bei Gladbach heißt: "Weiter, immer weiter - auch wenn es jetzt schon reicht." In unserer Serie ziehen wir die etwas anderen Lehren aus dem aktuellen Spieltag der Bundesliga.

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1. Philosophen aus Bayern bleiben lieber still

Er hat ja immer gewarnt. Alle. Vor allem die eigene Mannschaft. Davor, schwache Gegner zu unterschätzen. Davor, sich selbst zu überschätzen. Und natürlich auch davor, im Training nicht immer alles zu geben. Seit Matthias Sammer auf den supertollen, superneuen Posten des Sportvorstands beim FC Bayern berufen wurde, verging kaum eine Woche ohne mahnende Worte des während seiner aktiven Karriere als "Motzki" verschrienen Europameisters von 1996. Da konnten die Bayern so oft und so hoch gewinnen, wie sie wollten. Nun aber schoss Sammer übers Ziel hinaus. Seine wohlfeile Analyse der Münchner Dominanz löste eine hübsche Welle, ach was: einen Tsunami der Empörung aus. "Frechheit", "arrogant", "Weisheit gepachtet", das waren ein paar der Reaktionen, die von den Verantwortlichen der Bundesliga-Clubs Richtung Sammer schwappten.

Eintracht Frankfurts Boss Heribert Bruchhagen bemühte in der "Bild am Sonntag" sogar sein Schullatein: "Si tacuisses, philosophus mansisses!" - bedeutet: "Wenn du geschwiegen hättest, wärst du ein Philosoph geblieben." Ein lakonischer Maulkorb aus dem Alten Rom. Das saß. Ob das den notorischen Mahner und Warner zumindest dazu bewegt, seine Worte künftig wieder ausschließlich an den eigenen Verein zu richten, bleibt abzuwarten.

2. Heute ist fairer als früher

Früher gab es diese Sticker. War damals die große Sticker-Zeit. "A bisserl mehr fair", stand da drauf. Vielleicht hat der Bremer Aaron Hunt auch so ein Klebebildchen, daheim am Kühlschrank oder an der Bar im Hobbykeller. Denn wie der Werder-Profi nach seiner Flugeinlage Schiedsrichter Manuel Gräfe den Elfmeterpfiff zurücknehmen ließ, kann direkt ins nächste PR-Video der FIFA-Fair-Play-Initiative aufgenommen werden. "Ich wollte den Elfmeter haben, aber es war nicht die richtige Entscheidung", sagte Hunt hinterher. Die eigene Habgier derart konsequent zu hinterfragen, das stünde auch ganz anderen Prominenten aus dem Fußballbereich gut zu Gesicht. Wer weiß, vielleicht lief ja auch am Tegernsee der Fernseher.

3. Ein Punkt sind zwei zu wenig

Jetzt hat es ihn doch erwischt. Das tapfere Schneiderlein ist nicht mehr. Jedenfalls nicht Trainer des VfB Stuttgart. Drei auf einen Streich hätte der gebeutelte Coach gebraucht gegen die vermutliche Eintagsfliege unter den Liga-Konkurrenten. Aber am Ende wurde es, wieder mal, nichts damit. Zum neunten Mal, um genau zu sein. Dass der Punktgewinn nach acht "Nullrunden" eigentlich eine Steigerung bedeutete, interessierte nach dem Spiel gegen den Tabellenletzten keinen. Jetzt also Huub Stevens, der "Knurrer von Kerkrade", der zwar etwas altersmilde geworden ist, aber immer noch seine Linie vertritt, egal gegenüber wem, den Spielern oder – bevorzugt eigentlich – vermeintlich aufmüpfigen Journalisten. Mal sehen, welche Profis der bissige Neucoach an die Kette legen wird – oder wer gleich ganz in der Hütte bleiben muss. Zehn Spiele Zeit hat er, das Knurren der Fans zu bändigen.

4. Beim Elfmeter ist der Schütze die ärmste Sau - manchmal

Klar, sagt sich so leicht: der Keeper kann beim Elfmeter nur gewinnen. Muss er dann aber erst Mal. Einmal ist schon eine Kunst, fünfmal schon ein ziemlich großes Kunstwerk. Bernd Leno, zuletzt teils ziemlich gebeutelter Schlussmann von Bayer Leverkusen, hielt am Wochenende bereits den fünften Strafstoß in dieser Bundesliga-Saison, wettbewerbsübergreifend sogar schon den siebten. Not bad. Noch einen und er hat den 24 Jahre alten Rekord von Thomas Zander von 1860 München eingestellt. Wäre doch mal was. Und, wer weiß, vielleicht wird Leno sogar noch Jogi Löws Mann für die WM. So

rein als Joker, gegen Ende der Verlängerung, wenn es noch Unentschieden stehen sollte. Man muss ja auf alles vorbereitet sein. Aber nicht dass er es dann am Telefon mit dem Bundestrainer genau so macht wie sein Elfer-Geheimrezept es vorsieht: möglichst lange keine Reaktion zeigen.

5. Einfach aufhören ist auch keine Lösung

Die Pleite gegen Augsburg, für Borussia Mönchengladbach schon das neunte sieglose Spiel in Folge. Sportdirektor Max Eberl halb verzweifelt, halb kämpferisch: "Wir können den Betrieb jetzt nicht einstellen." Schade eigentlich. 36 Punkte hat das Team von Lucien Favre aktuell, und mehr holten die Gladbacher auch 2010/11 nicht, in der Saison also, in der Favre den Club in der Relegation gegen Bochum rettete. Sie könnten sich also wirklich vom laufenden Spielbetrieb zurückziehen, stattdessen zehn Testspiele vereinbaren, um sich auf die zwei Entscheidungspartien im Mai vorzubereiten. Denn, ganz ehrlich: viel mehr als der Klassenerhalt scheint in der momentanen Verfassung ja eh nicht drin zu sein für die Gladbacher. Könnte aber natürlich sein, dass die DFL was dagegen hat, die Saison mit 17 Teams zu Ende zu bringen. Tradition und so.

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