Timing ist alles, aber derzeit leider nicht die Sache des DFB. Doch zwei schmollende Funktionäre mit fragwürdigem Verbandsverständnis zeigen, es geht noch schlimmer.

Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Mara Pfeiffer (FRÜF) dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Als der DFB am Freitag verkündete, dass Andreas Rettig neuer Geschäftsführer des Verbands werden würde, konnte man zum zweiten Mal binnen weniger Tage übers Timing diskutieren. Schließlich startete am Abend die Bundesliga der Frauen, am Montag die erste Maßnahme der Nationalelf nach dem historisch frühen WM-Aus Down Under.

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Beim DFB sitzen Menschen, die genau wissen, was Nachrichtenfaktoren sind. Schön wäre es gewesen, die Aufmerksamkeit nicht direkt wieder von den Fußballfrauen auf allgemeine Themen zu ziehen.

Andreas Rettig ist nicht der "neue Bierhoff"

Immerhin nutzte Rettig die Ereigniskette, um sich das Spiel der Münchnerinnen in Freiburg selbst anzuschauen. Denn in seiner Rolle als Geschäftsführer ist er künftig für die Männer und die Frauen zuständig, außerdem für die Akademie. Er ist damit nicht der kolportierte "neue Bierhoff", sondern besetzt in der veränderten Verbandsstruktur eine von vier Stellen in dessen Nachfolge: Unter dem Geschäftsführer Rettig gibt es drei Direktor*innen-Posten, der für die Nationalelf und U21 der Männer sowie für Jugend und Nachwuchs sind mit Rudi Völler und Hannes Wolf bereits besetzt worden, der für die Frauen ist, nun, noch offen.

Folgt man den Erläuterungen von DFB-Präsident Bernd Neuendorf, ist auch das eine Sache des Timings, diesmal durchdachter Natur: Man habe vor dem Turnier keine Unruhe stiften, sondern dessen Ausgang abwarten wollen. Wobei die WM nun ja auch schon ein paar Minuten her ist, aber der Besetzung dieses Postens soll sich der neue Mann, Rettig also, fortan mit Nachdruck widmen.

Nicht widmen soll er sich hingegen der Frage, wer die Flick-Nachfolge als Trainer für die Nationalmänner antreten wird, da habe Völler "alleinige Kompetenz", erklärte Neuendorf – und berichte direkt an ihn. Angesichts des neuen Organigramms zumindest erstaunlich.

Verschnupfte Statements der Beratenden

In Sachen Timing und Aufmerksamkeit drängelten sich am Sonntag dann noch Oliver Mintzlaff und Karl-Heinz Rummenigge ins Licht, oder fußballerisch gesprochen: Sie stellten sich weit ins Abseits und traten aus der DFB-Taskforce aus, die im Dezember berufen worden war. In einem Statement schrieb Rummenigge, der "Expertenrat" sei nie mit "Entscheidungskompetenzen ausgestattet worden, um effektiv, wirksam und zielstrebig arbeiten zu können". Mintzlaff gab sich ähnlich verschnupft, beiden stinkt deutlich lesbar: die Personalie Rettig.

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Gelegenheit für Diversität verpasst

Spannend ist aber vor allem das Verständnis der Funktionäre dafür, wie der DFB funktioniert, oder eher, der Mangel daran. Einberufen wurden die Männer 2022 als "externer Beraterkreis zur sportlichen Zukunft der A-Nationalmannschaft der Männer", was inhaltlich und operativ klar einschränkend ist (und übrigens im Gegensatz zur internen Arbeitsgruppe steht, von der schon länger nichts zu hören war).

Der Präsident wies denn auch darauf hin, ein Gremium mit Entscheidungskompetenz hätte innerhalb der Struktur des DFB gewählt werden müssen. Den Namen "Expertenrat" hat sich die Gruppe womöglich selbst gegeben, klingt so schön. Fragile Rücktritte also, weil die eigene Bedeutung mal nicht wunschgemäß rückbestätigt wurde.

Unklar bleibt allerdings, wieso das Gremium für Neuendorf nun der Vergangenheit angehört. Es hätte sich jetzt doch die perfekte Möglichkeit geboten, die ehemals einseitige Besetzung zu korrigieren und sich Expertise nicht nur von einer gleichförmigen Männergruppe zu holen. So erweckt man den Eindruck, dass im DFB entweder mit alten Besen gekehrt wird oder gar nicht. Und bevor man sich den Rat von Frauen einholt, macht man offenbar lieber alles dicht.

Verwendete Quellen:

  • dfb.de: Neuendorf: "Eine Menge Impulse vom neuen Beraterkreis"
  • dfb.de: Erstes Treffen des externen Beraterkreises

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